Josef Ackermann tritt bei der Zurich Insurance Group ab. (Foto: Zurich)
Zürich – Bei der Zurich Insurance Group hat der Freitod des Finanzchefs Pierre Wauthier überraschend zum sofortige Rücktritt von Verwaltungsratspräsident Josef Ackermann geführt. Er reagiert damit offenbar auf eine Forderung der Familie Wauthiers. Das Amt übernimmt Ackermanns Stellvertreter Tom de Swaan. Die Aktien der Zurich Gruppe sind in der Folge stark unter Druck gekommen.
Josef Ackermann habe dem Verwaltungsrat mit sofortiger Wirkung den Rücktritt von all seinen Funktionen als Verwaltungsratsmitglied mitgeteilt, gab die Zurich am Donnerstagmorgen in einem Communiqué bekannt. Ackermann lässt sich in der Mitteilung wie folgt zitieren: «Der unerwartete Tod Pierre Wauthiers hat mich zutiefst erschüttert. Ich habe Grund zur Annahme, dass die Familie meint, ich solle meinen Teil der Verantwortung hierfür tragen, ungeachtet dessen, wie unbegründet dies objektiv betrachtet auch sein mag.» Worauf die Annahme gründet, wurde nicht mitgeteilt.
Ackermann, der nach seinem Ausscheiden bei der Deutschen Bank Anfang Juni 2012 an die Spitze des Kontrollgremiums der Zurich Gruppe gerückt ist, sieht eine erfolgreiche Führung des Verwaltungsrats infrage gestellt. «Um jegliche Rufschädigung zu Lasten von Zurich zu vermeiden, habe ich beschlossen, von allen meinen Funktionen im Verwaltungsrat mit sofortiger Wirkung zurückzutreten», so Ackermann.
Tom de Swaan übernimmt Präsidium
Der Zurich-Verwaltungsrat respektiere den Entscheid von Ackermann und habe ihn mit grösstem Bedauern zur Kenntnis genommen, heisst es in der Mitteilung weiter. Vorerst übernimmt sein Stellvertreter, Tom de Swaan, die Funktion des Präsidenten. «Ich bin fest entschlossen, in Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsrat und der Konzernleitung Zurich weiter auf dem Weg zum Erfolg zu führen», so de Swaan.
Senn: «Keine Konflikte festgestellt»
Auch Zurich-CEO Martin Senn bedauert in einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen SRF den Rücktritt von Josef Ackermann. «Zusammen mit dem Verwaltungsrat akzeptiere ich den Entscheid», sagte Senn am Donnerstag in der Mittagsausgabe der Tagesschau weiter. Er rechne es Josef Ackermann zudem hoch an, dass er die Interessen der Zurich vor seine persönlichen gestellt habe. Gleichzeitig hielt Senn fest, dass es keine Anzeichen von Konflikten zwischen Ackermann und Pierre Wauthier gegeben habe. «Wir haben keine Konflikte festgestellt, die zu einem solchen Tod führen könnten», versicherte Senn.
Zurich-Finanzchef Pierre Wauthier war am Montag tot in seiner Wohnung aufgefunden worden. Die Zuger Polizei ging gestützt auf Informationen der Rechtsmedizin davon aus, dass er sich sehr wahrscheinlich das Leben genommen hatte. Der Franzose, der auch einen britischen Pass besass, wurde 53 Jahre alt. Nach verschiedenen Stationen bei der Zurich wurde er im Oktober 2011 zum Finanzchef des Versicherers ernannt.
Aktie verliert deutlich an Wert
Die Zurich-Aktie hat mit deutlichen Kursverlusten auf den unerwarteten und abrupten Abgang von Josef Ackermann reagiert. Bis um 13.45 Uhr verlieren die Papiere 2,3% auf 229,30 CHF nachdem sie im frühen Geschäft sogar bis auf 225,60 CHF abgerutscht sind. Der Gesamtmarkt (SMI) verliert 0,21%.
Viele offene Fragen
Es scheine, dass die Trauerfamilie den Rücktritt gefordert habe, war verschiedentlich am Markt zu hören. Allerdings seien Hintergründe und Umstände weiter im Dunkeln. Die dadurch entstehenden Unsicherheiten dürften die Zurich-Titel zumindest kurzfristig belasten, hiess es. Der unerwartete Tod Wauthiers und der jetzt erfolgte Abgang des Verwaltungsratspräsidenten liessen viele Fragen offen, schreibt denn auch die ZKB in einem ersten Kurzkommentar. Vor diesem Hintergrund dürfte kurzfristig eine Stabilisierung der Führungsstruktur schwierig werden.
Auch Daniel Bischof von Helvea geht davon aus, das der Rücktritt bei der Zurich für eine gewisse Zeit zu Unsicherheiten führe und eine negative Marktreaktion zur Folge habe. Dennoch sieht er die langfristige Anlageempfehlung nicht gefährdet. Vor rund zehn Tagen hatte Bischof das Rating auf ‹Buy› von ‹Hold› angehoben. Er begründete diesen Schritt mit den guten Wachstumsaussichten in Global Corporate, North America Commercial und im Geschäft in Lateinamerika. (awp/mc/pg)