New York – Die beiden führenden US-Banken JPMorgan Chase und Wells Fargo haben trotz einiger Rückschläge ein einträgliches Jahr hinter sich. JPMorgan verdiente unter dem Strich 24,4 Milliarden Dollar, obwohl maue Kapitalmärkte das Wall-Street-Haus belasteten. Wells Fargo aus San Francisco kam auf einen Gewinn von 22,2 Milliarden Dollar trotz einer weiteren milliardenschweren Rechnung für den Scheinkonten-Skandal des Geldhauses. In beiden Fällen lag der Gewinn damit ähnlich hoch wie im Vorjahr.
Die am Freitag vorgelegten Ergebnisse beider Banken wurden dabei massiv durch die Steuerreform von US-Präsident Donald Trump verzerrt, die sich höchst unterschiedlich auswirkte. Bei JPMorgan schlug die Reform mit einer einmaligen Belastung von 2,4 Milliarden Dollar ins Kontor – es handelte sich vor allem um eine Sonderabgabe auf im Ausland geparkte Gewinne. Dadurch rutschte das Quartalsergebnis im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 37 Prozent auf 4,2 Milliarden Dollar ab. Ohne diese Belastung, so rechnete JPMorgan vor, wäre der Gewinn praktisch stabil geblieben.
Dimon lobt US-Steuerreform
Bankchef Jamie Dimon lobte die Steuerreform aber ausdrücklich – sie mache die US-Wirtschaft wettbewerbsfähiger und komme damit allen Amerikanern letztlich zugute. Kern des Regelwerks ist eine deutliche Absenkung der Unternehmenssteuern. JPMorgan Chase erklärte, dass die effektive Steuerquote im laufenden Jahr auf 19 Prozent fallen werde – nach zuletzt 32 Prozent. Das bedeutet, dass künftig deutlich mehr Gewinn hängen bleiben wird.
Wells Fargo profitiert
Wells Fargo gehört dagegen schon heute zu den Profiteuren von Trumps Steuerreform. Das Geldhaus konnte im vierten Quartal die massiven Belastungen von rund 3,3 Milliarden Dollar wegen Rechtsangelegenheiten durch eine noch höhere Gutschrift infolge der US-Steuerreform mehr als ausgleichen. Grund ist, dass der niedrigere Steuersatz bereits jetzt als positiver Effekt in der Bilanz verbucht wird. Zudem profitierte Wells Fargo vom Verkauf einer Tochterfirma aus dem Versicherungsbereich. Im vierten Quartal verdiente das Geldhaus aus San Francisco somit unterm Strich fast 6,2 Milliarden Dollar und damit annähernd ein Fünftel mehr als im Vorjahreszeitraum. Dabei kämpft die Grossbank seit einiger Zeit mit einem Skandal um fingierte Konten, in den zahlreiche Mitarbeiter verstrickt sind. Es gab Entlassungen sowie Millionenstrafen von US-Behörden und Vergleiche mit Sammelklägern.
Citigroup und BoA von Steuerreform stark betroffen
In der kommenden Woche legen weitere grosse Wall-Street-Häuser ihre Geschäftszahlen vor. Auch hier wirbelt die Steuerreform die Bilanzen durcheinander. Richtig hart trifft es dabei ausgerechnet jene Institute, die in der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise massive Verluste anhäuften wie die Citigroup oder die Bank of America . Denn diese haben sogenannte Verlustvorträge in ihren Büchern stehen, mit denen sie künftige Steuern senken können. Angesichts der niedrigeren Steuerquote sind diese Verlustvorträge nun aber weniger wert – und Abschreibungen werden fällig.
Zu möglichen anfänglichen Belastungen durch die Steuerreform kommt für die Grossbanken dies- und jenseits des Atlantiks die anhaltende Flaute an den Kapitalmärkten hinzu – also im Handel mit Aktien, Anleihen, Rohstoffen oder Währungen. Das vierte Quartal sei diesbezüglich «eines der schwächsten der vergangenen 25 Jahre» gewesen, hatte der zuständige Deutsche-Bank-Vizechef Marcus Schenck erst am Freitag in einem Interview mit dem «Handelsblatt» gesagt.
Das zeigte sich auch bei JPMorgan: Die Einnahmen aus dem Anleihehandel brachen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 34 Prozent ein, der Aktienhandel blieb immerhin stabil. Der Gewinn der gesamten Kapitalmarkt- und Investmentbanking-Sparte schrumpfte vor diesem Hintergrund im Schlussquartal von 3,4 Milliarden auf 2,3 Milliarden Dollar.
Gleichzeitig stieg aber der Gewinn im Privatkundengeschäft im Quartal von knapp 2,4 Milliarden Dollar auf mehr als 2,6 Milliarden Dollar. Damit drehte sich das Kräfteverhältnis innerhalb von JPMorgan Chase um. Traditionell hat die Bank das meiste Geld an der Wall Street gemacht und nicht im Spar- und Kreditgeschäft. Wells Fargo dagegen setzt schon seit langem vor allem auf das klassische Bankgeschäft und hat nur ein vergleichsweise kleines Investmentbanking. (awp/mc/pg)