JPMorgan-Chef Jamie Dimon.
New York – Der US-Grossbank JPMorgan Chase droht Medienberichten zufolge die höchste Vergleichszahlung der Wall-Street-Geschichte. Der Branchenprimus soll wegen fragwürdiger Hypothekengeschäfte aus der Zeit vor der Finanzkrise 13 Milliarden Dollar berappen. Darauf hätten sich die Bank und das US-Justizministerium in Verhandlungen vorläufig geeinigt, berichteten mehrere US-Medien am Wochenende unter Berufung auf eingeweihte Personen. Die Beteiligten äusserten sich nicht offiziell.
Die Summe entspricht dem JPMorgan-Gewinn des kompletten ersten Halbjahres. Das zeigt, wie ernst die Sache ist. Die Bank steht seit geraumer Zeit im Visier der Behörden. Sie werfen dem Haus vor, Investoren beim Verkauf von Hypothekenpapieren hinters Licht geführt zu haben. JPMorgan habe verschleiert, wie schlecht die enthaltenen Hauskredite gewesen seien. Nachdem der US-Immobilienmarkt ab 2007 kollabiert war, hatten viele Schuldner ihre Raten nicht mehr zahlen können. Das wiederum hatte zu enormen Verlusten bei Investoren geführt und die Finanzkrise befeuert.
Berichte: Vergleich noch nicht perfekt
Die Verhandlungen um einen Vergleich wurden auf höchster Ebene geführt: Justizminister Eric Holder, Bankchef Jamie Dimon und zwei ihrer Topleute hätten die Eckpunkte des Deals in einem Telefonat Freitagnacht festgezurrt, schrieben die «New York Times», das «Wall Street Journal» und die «Financial Times». Schon Ende September war Dimon nach Washington gereist, um sich mit Holder zu treffen. Damals habe ein Vorschlag über 11 Milliarden Dollar auf dem Tisch gelegen.
Doch auch der jetzige Vergleich ist den Berichten zufolge noch nicht perfekt. Er hänge unter anderem daran, inwiefern die Bank bereit sei, ein Fehlverhalten einzugestehen. Zudem würde der Vergleich wohl nur die zivilrechtliche Seite des Falls betreffen. Staatsanwälte einzelner US-Bundesstaaten hatten jedoch auch mit strafrechtlichen Konsequenzen gedroht.
«NYT»: Vier Milliarden Dollar für Hausbesitzer
Schon jetzt beschädigt die Geschichte das Image der Bank. JPMorgan Chase war einst das Vorzeigeinstitut an der Wall Street, weil das Institut nahezu ohne Schaden durch die Finanzkrise gekommen war. Spätestens seit dem Debakel um einen 6,2 Milliarden Dollar hohen Spekulationsverlust im vergangenen Jahr hat das Bild jedoch Risse bekommen. JPMorgan zahlte wegen mangelnder interner Kontrollen und des rücksichtslosen Vorgehens der beteiligten Händler am Markt in dieser Sache mehr als 1 Milliarde Dollar an Strafen.
Nach Informationen der «New York Times» würden in dem Vergleich um die Hypothekenpapiere 9 Milliarden Dollar auf Strafzahlungen entfallen und 4 Milliarden Dollar kämen notleidenden Hausbesitzern zugute. Das «Wall Street Journal» hatte am Freitag berichtet, dass sich JPMorgan Chase mit der für die staatliche Immobilienfinanzierung zuständigen Aufsichtsbehörde FHFA im Grundsatz auf eine Zahlung von 4 Milliarden Dollar geeinigt habe. Diese Summe wäre Teil des gesamten Vergleichspakets.
Gigantische Summe würde Bank nicht aus der Bahn werfen
Die gigantische Summe von insgesamt 13 Milliarden Dollar würde die Bank jedoch nicht aus der Bahn werfen. JPMorgan hat bereits insgesamt 23 Milliarden Dollar für mögliche Strafen und Wiedergutmachungen zurückgelegt. Wegen einer Rückstellung von alleine 9,2 Milliarden Dollar war das Geldhaus auch im vergangenen Quartal in die Verlustzone gerutscht.
JPMorgan Chase ist ein Gigant in der Finanzwelt. Die Bank betreibt sowohl klassisches Spar- und Kreditgeschäft als auch riskantes Kapitalmarktgeschäft. Sie ist damit ähnlich aufgestellt wie die Deutsche Bank . Die New Yorker haben rund 255 000 Mitarbeiter. Die Grösse und auch ein guter Teil der heutigen Probleme rühren daher, dass JPMorgan Chase in den Wirren der Finanzkrise die bedeutenden Rivalen Bear Stearns und Washington Mutual geschluckt hatte. Nun muss sich JPMorgan auch für deren frühere Geschäfte verantworten. (awp/mc/ps)