Zürich – Das schwierige Marktumfeld und eine finanzielle Belastung durch einen Rechtsfall haben der Bank Julius Bär im ersten Halbjahr 2022 einen deutlichen Gewinnrückgang beschert. Zudem bildeten sich die verwalteten Vermögen wegen der scharfen Korrekturen an den Finanzmärkten und wegen Geldabflüssen deutlich zurück.
Der Konzerngewinn lag mit 451 Millionen Franken um 25 Prozent unter dem im Vorjahr erzielten Rekordergebnis, wie die Vermögensverwaltungsbank am Montag mitteilte. Auf dem Ergebnis lasteten Kosten von 55 Millionen Franken für die Beilegung eines über zehn Jahre alten Rechtsstreits mit dem Liquidator einer litauischen Gesellschaft, die Julius Bär Anfang des Monats angekündigt hatte.
Risikoscheue asiatische Kunden
Die von der Zürcher Privatbank verwalteten Vermögen nahmen im Halbjahr um 11 Prozent auf noch 428 Millionen Franken ab. Julius Bär-CEO Philipp Rickenbacher verwies vor den Medien auf das «schlechteste Halbjahr seit Jahrzehnten» an den Aktien- wie auch den Anleihenmärkten. Dazu kamen aber auch Abflüsse wegen der Veräusserungen von Vermögensverwaltern.
Weil Kunden hauptsächlich in Asien ihre Risiken verringerten und die Fremdfinanzierung abbauten, musste Julius Bär im ersten Halbjahr insgesamt Nettoabflüsse in Höhe von 1,1 Milliarden Franken hinnehmen. Immerhin habe der Trend im Mai und Juni wieder gekehrt, versicherte der CEO. Und auch in den ersten drei Juliwochen habe man wieder positive Netto-Geldzuflüsse verzeichnet.
Tritt auf Kostenbremse
Die Marktturbulenzen führten auch dazu, dass die Kunden weniger aktiv waren – was sich in deutlich rückläufigen Erträgen des Vermögensverwalters niederschlug. Auch ein Anstieg im Zinsergebnis dank höheren US-Zinsen vermochte den Rückgang nicht wettzumachen.
Derweil stiegen die Kosten über das Vorjahresniveau. So gab die Bank wieder mehr für Reisen und für Kundenveranstaltungen aus, nachdem die Covid-bezogenen Restriktionen an vielen Standorten aufgehoben worden sind. Aber auch die IT-bezogenen Ausgaben lagen deutlich über dem Vorjahreswert.
Im zweiten Halbjahr will der Bär-CEO nun auf die Kostenbremse treten. Insbesondere gelte in der zweiten Jahreshälfte ein bankweiter Einstellungsstopp. Ein Personalabbau sei aber nicht vorgesehen, sagte er. Ausgenommen vom Personalstopp sind zudem die Kundenberater: Hier will die Bank den Bestand weiter ausbauen.
Lange anhaltende Sanktionen
Bezüglich der Russland-Sanktionen stellt sich die Privatbank auf einen langanhaltenden Zustand ein. Man habe das organisatorische Setup zur Umsetzung der Sanktionen nun «institutionalisiert», sagte der Bär-CEO. Zudem hat die Bank mit der Schliessung ihrer Tochtergesellschaft in Moskau begonnen. Die Gelder von Russinnen und Russen, die weder in der EU noch in der Schweiz Wohnsitz haben, machten per Ende Juni weiterhin rund 1,6 Prozent der verwalteten Vermögen aus.
Am Markt wurde das Ergebnis als durchzogen bezeichnet: Zwar fielen die Gewinnzahlen wie auch die verwalteten Vermögen unter den Erwartungen aus. Positiv wurden aber die Verbesserungen im Mai und Juni und der positive Start ins zweite Halbjahr aufgenommen. Nach einem deutlich negativen Start in den Handelstag notierte die Julius Bär-Aktie am Montag bei Handelsschluss um 2,2 Prozent im Plus. (awp/mc/pg)