Edinburgh – Wie beim Kino-Epos Star Wars versuchen an der Finanzmärkten die altbekannten Jedi-Meister die Wirtschaft der Galaxie am Laufen zu halten. Porträt der vier Jedi-Meister Yellen, Carney, Draghi und Kuroda.
Es war einmal vor langer Zeit in einem weit, weit entfernten Finanzsystem als die globale Finanzkrise über die Märkte zog. Damals bedrohte die dunkle Seite, eine neue Depression, die Galaxie und die Zentralbanken als Jedi-Meister griffen zu historisch einmaligen Massnahmen. Mit drastischen Zinssenkungen und der Einführung der quantitativen Lockerung schlugen sie einen völlig neuen, aussergewöhnlichen geldpolitischen Kurs ein. Abertausend Anleger sahen teilweise hoffnungsvoll, teilweise aber auch mit grosser Sorge zu, wie die bisherigen Regeln des Finanzsystems im Handumdrehen umgeschrieben wurden.
Die Jedi-Meister halten seither unverändert am historisch niedrigen Zinsniveau fest und nutzen die Macht, allgemein unter dem Namen quantitative Lockerung bekannt, ausgiebig, um ihre Volkswirtschaften zu stützen. Die quantitative Lockerung ist ein mächtiges Instrument. Ob es uns ungewollt auf die dunkle Seite gedrängt hat, hängt jedoch vom jeweiligen Standpunkt ab.
Nun zaubern die Währungshüter ihr altmodisches Instrument der Zinspolitik hervor und ziehen die Zinsschraube langsam wieder an.
Geldpolitik erneut im Fokus
Die altbekannten Jedi-Meister bemühen sich seit der Krise, die Wirtschaft der Galaxie am Laufen zu halten und haben sich lange gegen die dunkle Seite gewehrt. Wir präsentieren nachfolgend die vier Jedi-Meister der Finanzmärkte Yellen, Carney, Draghi und Kuroda.
Als Erste hat Fed-Chefin Janet Yellen die Zinspolitik in den USA wieder ins Spiel gebracht und die Zinsen angesichts des konjunkturellen Aufschwungs erhöht. Anfang 2018 wird sie ihren Posten jedoch für den neuen Chef der US-Notenbank Federal Reserve, Jedi Jay Powell, räumen. Den ersten Eindrücken zufolge wird er die Politik seiner Vorgängerin Yellen fortsetzen. Es wird sich jedoch erst im Laufe der Zeit zeigen, ob er auf dem von ihr eingeschlagenen Kurs bleiben oder einen neuen, unsicheren Kurs einschlagen wird.
Mark Carney von der Bank of England hat den Basiszins während der Krise und nach dem Brexit-Votum aktiv gesenkt. Vor Kurzem hat er die Zinsen in Grossbritannien wieder auf das Niveau vor dem Austrittsvotum angehoben. Wird sich dieser Trend fortsetzen? Die Prognosen der britischen Zentralbank deuten darauf hin, aber es bleibt abzuwarten, wie der Brexit verläuft. Carney wird voraussichtlich sein Amt 2019 und somit vor dem endgültigen Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union niederlegen. Wird er davor auf die dunkle Seite wechseln und einen geldpolitischen Fehler begehen? Einige sind der Ansicht, dass er das bereits getan hat…
Der Chef der Europäischen Zentralbank Mario Draghi ist erst mit einiger Verspätung auf der Bühne erschienen. Die EZB reagierte nur langsam auf die Krise und liess sich mit nennenswerten Zinssenkungen viel Zeit. Seit Draghi jedoch zum Jedi-Meister ernannt wurde, interveniert er ohne grosses Zögern an den Märkten. Er nutzt in grossem Stil die Macht, indem er massiv Anleihen kauft. Vor Kurzem hat er den Umfang der quantitativen Lockerung reduziert, gleichzeitig aber die Laufzeit verlängert. Auch Draghis Amtszeit endet 2019, wobei die Aufgabe auch für den nächsten Jedi nicht weniger heikel werden wird.
Und last but not least Haruhiko Kuroda. Als Gouverneur der Bank von Japan (BoJ) tritt er vehement für ein Festhalten am historisch niedrigen Zinsniveau ein. Von allen Jedi-Meistern hat er die extremsten Massnahmen ergriffen und sogar die Macht genutzt, um Aktien zu kaufen. Die bereits während der Krise sehr niedrigen Zinsen sind inzwischen in den Negativbereich gesunken. Möglicherweise wird Kurodas Amtszeit bereits 2018 enden, könnte aber verlängert werden. Wie lange sich die BoJ der Macht bedienen wird, ist indes unklar.
Da unsere vier Jedi-Meister ihre Posten voraussichtlich in den nächsten Jahren räumen werden, ist ungewiss, wie sich die weltweite Geldpolitik entwickeln wird.
Der letzte Jedi
Wer wird der letzte Jedi bei der Normalisierung der Geldpolitik sein? Wird einer der Jedi-Meister einen Fehler begehen oder auf die dunkle Seite wechseln und die Weltwirtschaft vernichten?
Es besteht zwar die Möglichkeit, dass Powell den Kurs ändert, Yellen hat unseres Erachtens jedoch mit dem Streben nach einer Normalisierung der Zinspolitik die richtige Entscheidung getroffen. Weniger klar ist die Entscheidung von Mark Carney für eine Zinserhöhung. Das könnte sich als politischer Fehler erweisen. Der Brexit schwebt wie ein Damokles-Schwert über dem Land. Die Bank of England läuft daher Gefahr, Grossbritannien in eine Wirtschaftskrise zu stürzen.
Der letzte Jedi bei der Normalisierung der Geldpolitik wird entweder Kuroda oder Draghi sein. Europa braucht angesichts der Komplexität seiner vielen verschiedenen Volkswirtschaften nach wie vor Unterstützung, um nicht erneut wie in den letzten zehn Jahren immer wieder an den Rand des Abgrunds zu geraten. Japan ist zwar einzigartig, leidet jedoch unter der angespannten Wirtschaftslage und dem langwierigen Kampf gegen die Deflation. Seit geraumer Zeit verfolgt Japan eine unkonventionelle Geldpolitik, sodass deren Normalisierung und der Verzicht auf die Macht als Stütze schwerfallen dürften.
Einige betrachten die quantitative Lockerung als Instrument der dunklen Seite. Bleibt abzuwarten, wie die Märkte reagieren, wenn die Macht als Stütze entfällt. Erst dann werden wir wirklich wissen, ob unsere Jedi-Meister wahre Sith-Lords sind. (Kames Capital/mc/ps)