Kantone haben 2010 zu pessimistisch eingeschätzt
Christian Wanner, FDK Präsident und Finanzdirektor Solothurn.
Bern – Die Kantone haben das Jahr 2010 zu pessimistisch eingeschätzt. Alle 15 Staatsrechnungen, die bis am Donnerstag vorlagen, schliessen besser ab als erwartet. Insgesamt haben sich die Kantone, die bisher ihre Rechnungen vorgelegt haben, um 1,94 Mrd CHF verschätzt.
Wie für den Bund sei es auch für die Kantone «extrem schwierig» gewesen, die Budgets für 2010 zu machen, sagte Andreas Huber, Sekretär der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren (FDK), gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. «Man wusste einfach nicht, wie sich die Wirtschaft entwickelt.» Dies zeigt sich nun in den Rechnungen: Gemäss einer Umfrage der FDK war der Aufwand bei den meisten Kantonen zwar grösser als erwartet. Weil jedoch auch die Erträge deutlich über den Voranschlägen lagen, dürften laut Huber praktisch alle Kantone das Jahr 2010 besser abschliessen als erwartet.
Zürich: Steuereinnahmen 1 Mrd über Budget
Dabei sind die grössten Kantone zugleich auch die grössten Ausreisser. Zürich etwa hatte sich letztes Jahr mit 525 Millionen Franken in den roten Zahlen gesehen. Weil die Steuereinnahmen 1 Mrd CHF über dem Budget lagen, ist ein statt eines Defizits ein sattes Plus von fast 600 Mio CHF herausgekommen. Nicht zuletzt dank massiven Einsparungen schloss der Kanton Bern mit einem Überschuss von 165 Mio CHF ab, 160 Mio CHF mehr als erwartet. Auch Basel-Stadt hatte ein Defizit veranschlagt, das Jahr stattdessen aber mit 350 Mio CHF im Plus abgeschlossen.
Neuenburg und Schaffhausen schreiben rote Zahlen
Insgesamt hatten zehn der Kantone, die bisher ihre Staatsrechnung vorgelegt haben, mit einem Defizit gerechnet. Nur Neuenburg und Schaffhausen schrieben aber tatsächlich rote Zahlen, wobei auch sie besser abschliessen als erwartet. Beide Appenzell, Zürich, St. Gallen, Glarus, Solothurn, Jura und Basel-Stadt schliessen dagegen mit deutlichen Überschüssen. Vor allem höhere Steuererträge haben die Kassen unerwartet gefüllt. Unter dem Eindruck der Finanz- und Wirtschaftskrise hatten die Kantone laut Huber vorsichtig budgetiert. Dank dem «Zweckpessimismus» stünden die öffentlichen Haushalte nun aber besser da als vorher, sagte der FDK-Sekretär.
Schwarz gemalt und schwarz geschrieben
Die Kantone hatten auch schon 2009 schwarz gemalt und am Jahresende positiv überrascht. Damit soll nun Schluss sein: Für 2012 und die folgenden Jahre seien die Aussichten düster, sagte Huber. Die Finanzpläne seien zwar noch mit Vorsicht zu geniessen. Es zeige sich aber, dass sich die Situation sowohl beim Aufwand wie auch beim Ertrag verschlechtere. Zürich hat darum für die nächsten beiden Jahre bereits ein Sparpaket geschnürt. Der Kanton Bern rechnet ab 2012 ebenfalls mit hohen Defiziten. Und der Solothurner Finanzdirektor und FDK-Präsident Christian Wanner verhiess bei der Präsentation der Staatsrechnung am Donnerstag «nichts Gutes mehr» ab nächstem Jahr.
Unsicherheitsfaktoren
Ein Unsicherheitsfaktor sind die finanziellen Folgen der neuen Spitalfinanzierung. Die Rede ist von Mehrkosten von über einer Milliarde Franken für die Kantone. Ungewiss ist auch, wieviel Geld die Kantone nächstes Jahr von der Nationalbank bekommen, nachdem diese 2010 einen Milliardenverlust einfuhr. Ob sich auch die Wirtschaftskrise noch in den Büchern der Kantone niederschlägt, wagt Huber nicht vorauszusagen. Er weist aber darauf hin, dass auch deren Folgen – etwa die Frankenstärke oder höhere Energiepreise – zur Belastung werden könnten. «Es muss nicht immer an den direkten Steuern liegen», sagte er. (awp/mc/ss)