München – Das Katastrophenjahr 2017 hat dem weltgrössten Rückversicherer Munich Re einen noch herberen Gewinneinbruch eingebrockt als gedacht. Unter dem Strich verdiente der Dax-Konzern gerade noch 375 Millionen Euro – nach knapp 2,6 Milliarden ein Jahr zuvor. Die Aktionäre will der Vorstand mit einer stabilen Dividende bei der Stange halten. Eine Gewinnprognose für 2018 gab der Vorstand um den neuen Konzernchef Joachim Wenning bei der Vorlage der vorläufigen Jahreszahlen am Dienstag zunächst nicht ab.
Am Finanzmarkt ging es für die Munich-Re-Aktie im allgemeinen Abwärtstrend besonders stark nach unten. Kurz nach Handelsstart verloren die Papiere 4,7 Prozent an Wert auf 181,55 Euro. Munich Re war damit der am stärksten gebeutelte Wert im Dax.
«Auf unsere Dividende ist Verlass», sagte Finanzchef Jörg Schneider in München. Dank der starken Finanzlage könne die Munich Re die hohen Katastrophenschäden gut verkraften. Positiv stimmt das Management, dass die Preise in der Rückversicherung als Reaktion auf die hohen Schäden wieder anziehen.
Teuersten Jahr der Geschichte für Versicherer
Vor allem die Wirbelstürme «Harvey», «Irma» und «Maria» hatten 2017 für die weltweite Versicherungsbranche zum teuersten Jahr der Geschichte gemacht. Hurrikane und andere Naturkatastrophen kosteten die Branche nach Berechnungen der Munich Re weltweit rund 135 Milliarden Dollar. Die Munich Re musste allein für die Folgen der drei Stürme mit 2,7 Milliarden Euro geradestehen.
Von seinem ursprünglichen Gewinnziel von 2,0 bis 2,4 Milliarden Euro für 2017 hatte sich der Vorstand daher im Herbst verabschiedet und nur noch einen «kleinen Gewinn» in Aussicht gestellt. Analysten hatten jedoch mit einem etwas höheren Überschuss gerechnet, als er den Münchnern nun gelang. Bei der Dividende hatte sie im Schnitt mit einer Anhebung gerechnet. Für 2018 gehen die Analysten von einem Überschuss von knapp 2,5 Milliarden Euro aus – sofern nicht wieder besonders schwere Katastrophen dazwischenkommen.
Dass es 2017 noch etwas schlechter lief als erwartet, lag auch an hohen Schäden im vierten Quartal. So reichten die Prämien in der Schaden- und Unfall-Rückversicherung auch im letzten Jahresviertel nicht aus, um die Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb zu decken. Grund dafür seien die Waldbrände in Kalifornien gewesen, sagte Finanzchef Schneider dem Sender Bloomberg TV.
Schaden-Kosten-Quote schnellt auf 114,1 Punkte
Im Gesamtjahr lag die kombinierte Schaden-Kosten-Quote in der Schaden- und Unfall-Rückversicherung mit 114,1 Prozent deutlich über der kritischen 100-Prozent-Marke – und damit im roten Bereich. Dabei löste die Munich Re Schadenrückstellungen aus Vorjahren im Umfang von 870 Millionen Euro auf. Sonst wäre die Quote noch stärker gestiegen. Im Vorjahr hatte sie mit 95,7 Prozent im grünen Bereich gelegen.
Optimistischer stimmt den Vorstand die Preiswende in der Schaden- und Unfall-Rückversicherung. Nach mehreren Jahren mit fallenden Preisen zog das Prämienniveau zum Jahreswechsel – getrieben von den Katastrophenschäden – um 0,8 Prozent an. Die Munich Re baute ihr Geschäft in diesem Zuge mittels grosser Verträge in den USA und Australien um 19 Prozent auf 9,9 Milliarden Euro aus. Dass der Preisanstieg nicht stärker ausfiel, erklärte der Vorstand mit dem harten Wettbewerb. So sei das Angebot an Rückversicherungskapital trotz der immensen Verluste aus dem Vorjahr weiterhin hoch.
Für die weiteren Vertragserneuerungen, die im Geschäft mit Erstversicherern wie Allianz oder Axa im Laufe des Jahres anstehen, erwartet Finanzchef Schneider verstärkt steigende Preise. So ist die Erneuerungsrunde zum 1. Januar zwar die grösste und wichtigste des Jahres. Bei der Munich Re stand dabei rund die Hälfte des Vertragsvolumens zur Neuverhandlung an. Allerdings gibt es zu den einzelnen Terminen unterschiedliche regionale Schwerpunkte.
Zum 1. April werden Verträge vor allem in Japan erneuert, zum 1. Juli in den USA sowie in Australien und Lateinamerika. Im Katastrophengeschäft ziehen die Preise in der Regel vor allem in den von Schäden betroffenen Regionen an. Und die drei Hurrikane hatten 2017 in den USA und der Karibik schwere Schäden angerichtet. Zudem wüteten zwei Erdbeben in Mexiko.
Trotz des vorangegangenen Preisverfalls konnte die Munich Re ihre gesamten Prämieneinnahmen 2017 um ein halbes Prozent auf 49,1 Milliarden Euro steigern. Besser lief es auch bei der Erstversicherungstochter Ergo, die mitten in einem mehrjährigen Umbau steckt. Sie verdiente unter dem Strich 273 Millionen Euro und übertraf damit die angepeilte Spanne von 200 bis 250 Millionen Euro. Im Vorjahr hatte sie wegen Sanierungskosten und Abfindungen im Zuge eines Stellenabbaus nur 41 Millionen Euro verdient. Ab 2021 soll Ergo nach bisherigen Angaben pro Jahr rund 600 Millionen Euro Gewinn abwerfen. (awp/mc/ps)