(Foto: WimL – Fotolia.com)
Brüssel – Die EU hat letzte Unstimmigkeiten bei der neuen EU-Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) ausgeräumt. Zu den noch offenen Punkten gehörte die Drittstaaten-Regelung, die auch die Schweizer Banken betrifft. Die erzielte Einigung kommt nun der Schweiz entgegen. Mit der Revision der aktuell geltenden EU-Finanzmarktrichtlinie werden die Lehren aus der Finanzkrise gezogen. Dabei soll auch der Schutz von Kleinanlegern verbessert werden – etwa durch mehr Transparenz bei der Finanzberatung.
Geplant war auch die Einführung eines EU-weit gültigen Drittstaatenregimes – mit Folgen für die Schweiz. Denn ursprünglich standen bei der EU zwei Varianten zur Diskussion: Variante eins sah einen «Filialzwang» vor. Das hätte bedeutet, dass Schweizer Banken in jedem EU-Land, in dem sie Privatkunden betreuen, eine Zweigniederlassung hätten installieren müssen.
Bei Variante zwei fehlte zwar der «Filialzwang», doch war ein sogenannter Äquivalenztest geplant. Dabei sollte geprüft werden, ob die Regeln im Herkunftsland des Finanzdienstleisters jenen in der EU gleichwertig sind. Wäre dies der Fall, hätte die Bank einen für die ganze EU gültigen «Pass» erhalten.
Vereinbarungen mit einzelnen Staaten möglich
Beide Varianten stiessen bei Schweizer Finanzdienstleistern auf wenig Gegenliebe. Sie fürchteten, beim grenzüberschreitenden Privatkundengeschäft diskriminiert zu werden. Gar der Abfluss von verwalteten Kundengeldern sowie die Verlagerung von Arbeitsplätzen von der Schweiz in die EU wurde befürchtet.
In der Nacht auf Mittwoch beschlossen nun die Unterhändler der EU-Mitgliedstaaten und des EU-Parlaments, auf die Einführung einer EU-weit geltenden Regelung zu verzichten. Damit bleibt der Marktzugang für Finanzdienstleister aus Drittstaaten in der Kompetenz der einzelnen EU-Mitgliedstaaten.
So kann die Schweiz weiterhin mit jedem EU-Land separate Vereinbarungen treffen – wie etwa im letzten Sommer mit Deutschland. Schweizer Finanzinstitute erhalten beim nördlichen Nachbarn einen «verbesserten» Marktzugang, ohne jedoch zwingend eine Filiale vor Ort eröffnen zu müssen.
Swissbanking zufrieden
Beim Geschäft mit professionellen Kunden hingegen soll bei Banken aus Drittstaaten eine Äquivalenzprüfung zusammen mit einem «EU-Pass» eingeführt werden. Da der Fokus der meisten Schweizer Banken jedoch auf dem Privatkundengeschäft liegt, bereitet diese Neuerung kaum Kopfzerbrechen, zumal jene Banken, die professionelle Kunden betreuen, bereits Zweigniederlassungen im EU-Ausland haben.
Nach bekannt werden des Kompromisses äusserte SwissBanking seine Zufriedenheit via Twitter: «Alles in Allem ein zufriedenstellendes Resultat.» Dieses gebe den einzelnen Mitgliedsländern Flexibilität, «den Marktzugang für Drittstaaten bei Privatkunden bilateral zu lösen», liess die Banken-Vereinigung gegenüber der Nachrichtenagentur sda verlauten.
Kompromiss braucht letzte Zustimmung
Auch das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) wertete den Entscheid der EU-Unterhändler auf Anfrage der sda als «vorsichtig positiv». «Damit dürfte der Kunden- und Anlegerschutz in der EU verbessert werden, ohne dass eine Marktabschottung für das grenzüberschreitende Vermögensverwaltungsgeschäft aus der Schweiz heraus entsteht», sagte SIF-Sprecher Mario Tuor.
Mit dem erzielten Kompromiss ist MiFID II jedoch noch nicht definitiv unter Dach und Fach. Technischen Details müssen noch geklärt werden. Am Schluss braucht es ausserdem noch die Zustimmung des EU-Parlaments und der Mitgliedsstaaten im EU-Rat. (awp/mc/pg)