Keller-Sutter: «Too big to fail» für global tätige Banken bedingt geeignet
Zürich – Die Schweizer «Too big to Fail»-Regelung ist laut Finanzministerin Karin Keller-Sutter nicht ohne weiteres für die Abwicklung einer global tätigen systemrelevanten Bank geeignet. «In der Praxis wären die volkswirtschaftlichen Schäden […] beträchtlich», sagte sie.
Auch wenn eine Abwicklung gemäss «Too big to fail» rein rechtlich möglich gewesen wäre, sei bei der Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS «klar nicht der Moment für Experimente» gewesen. Beim Übernahmeentscheid sei zudem kein Druck auf die Schweiz ausgeübt worden. «Es drängte uns niemand in eine bestimmte Richtung», sagte Keller-Sutter in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung».
Der Forderung, der UBS aufzuerlegen den Schweizer Teil der CS als eigenständige Bank abzuspalten, erteilte sie eine Absage: «Die ausgehandelte Übernahme mit neuen Bedingungen zu gefährden und in diesem Stadium zu stören, wäre hochriskant – mit allen erwähnten Folgen für die Schweizer Volkswirtschaft und die internationalen Finanzmärkte», so Keller-Sutter. «Das ist unschön, auch der Bundesrat musste da durch, aber das ist die Realität.»
Kritik an zögerlichen Behörden zurückgewiesen
Die Finanzministerin wies Kritik zurück, wonach die Regulierungsbehörden bei der CS zu lange nur zugeschaut hätten. «Sie müssen sehen: Die CS hat die regulatorischen Kapital- und Liquiditätsanforderungen immer erfüllt.» Sie habe sich aber nicht nur blind auf Zahlen verlassen, sondern den Gesamtbundesrat Anfang Februar über die Notfallszenarien orientiert, so Keller-Sutter. «Am Mittwoch letzte Woche fanden die ersten Gespräche zwischen den Behörden und den Banken statt.»
Damals sei klar gewesen, dass ein Zusammenschluss der CS und der UBS die beste Lösung wäre. Andere Szenarien seien aber noch nicht abgeschrieben gewesen. «Auch der Grundsatzentscheid für die Verstaatlichung der CS war in Form einer Notverordnung vorbereitet», so die Finanzministerin.
KKS: Keine Staatsgarantie, sondern «staatliche Unterstützung»
Keller-Sutter will auch nicht von einer Staatsgarantie für Banken sprechen, die nach der vom Bund eingefädelten und mit Sicherheiten abgesicherten Bankenübernahme vorherrsche. Der Bund gebe nur Garantien ab gegenüber der Nationalbank und der UBS. «Man kann das mit einer Versicherung vergleichen. Es handelt sich also um eine indirekte staatliche Unterstützung.»
Die Finanzministerin sei überzeugt, dass die Übernahme der CS durch die UBS samt den Sicherheiten des Bundes die beste Variante sei. «Alle anderen Optionen waren aus unserer Sicht riskanter für den Staat, den Steuerzahler, den Schweizer Finanzplatz und die internationalen Märkte.» Die UBS habe dabei nicht die Bedingungen diktiert. «Sie hatte sicher keine schwache Position», gestand Keller-Sutter allerdings ein.
«Es fällt auch mir schwer, dies zu akzeptieren»
Dass viele Menschen Wut im Bauch hätten angesichts einer Marktwirtschaft, in der den grossen geholfen wird, verstehe die Finanzministerin. «Es fällt auch mir schwer, dies zu akzeptieren», sagte sie. Gerade wenn Managementfehler zu einer solchen Situation geführt hätten. Aber kulturelle Fehler liessen sich nicht wegregulieren. «Ich befürchte das Dilemma wird nicht einfach zu lösen sein.»
Persönlich habe sich sich immer an den «überrissenen» Vergütungen der Banken-Kader gestört. «Moralisch kann man durchaus erwarten, dass sich gewisse heutige und frühere CS-Kader Gedanken machen, ob ihre Vergütungen angesichts des Resultats, das wir nun haben, gerechtfertigt waren.» (awp/mc/pg)