Zürich – Das jährliche Kredithandbuch Schweiz der Credit Suisse untersucht die Kreditwürdigkeit der grössten Schweizer Anleihenemittenten und der wichtigsten Akteure am Schweizer-Franken-Kapitalmarkt. Nach den Herausforderungen der Corona-Krise sind die Aussichten für Schweizer Unternehmen dank der globalen Einführung der Impfungen und der Lockerung der Einschränkungen wieder positiver. Die Pandemie hat Sektoren und Unternehmen unterschiedlich beeinträchtigt. Dank ihres gewissenhaften Kosten- und Cash-Managements haben sich die Schweizer Unternehmen jedoch insgesamt als widerstandsfähig erwiesen.
Seit der Veröffentlichung des Kredithandbuchs Schweiz im Juli 2020 gab es drei positive und fünf negative Rating-Massnahmen. Die Kreditanalysten der Credit Suisse haben das Kreditrating von Repower um eine Stufe angehoben und den Ausblick für die Ratings von Bell und Sika von «Negativ» auf «Stabil» geändert. Dagegen haben die Analysten die Ratings von ABB, Implenia, Flughafen Zürich, Genève Aéroport und Aryzta um jeweils eine Stufe herabgestuft. Die Kreditqualität der Schweizer Unternehmen im gesamten Anlageuniversum ist jedoch weiterhin sehr solide – dies wird durch die Tatsache unterstrichen, dass nur wenige Titel mit einem Rating unterhalb von Investment Grade bewertet werden.
Der Ausblick lässt hoffen
Nach einem äusserst unruhigen Jahr 2020, in dem das Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP) um 2,6 % gegenüber dem Vorjahr schrumpfte, führte der zweite Lockdown mit erneuten Einschränkungen, insbesondere der Schliessung von nicht lebensnotwendigen Dienstleistungsbereichen Anfang 2021, zu einem Rückgang des BIP im ersten Quartal um 0,5 % gegenüber dem Vorquartal. Dies war jedoch deutlich geringer als der Einbruch während des ersten Lockdowns im letzten Jahr und eher harmlos im Vergleich zu anderen europäischen Volkswirtschaften wie Grossbritannien oder Deutschland. Die schwache Binnennachfrage wurde teilweise durch eine solide Auslandsnachfrage kompensiert, was die Bedeutung des Schweizer Exportmarktes unterstreicht.
Mit Blick auf das laufende Jahr sind die Ökonomen der Credit Suisse optimistisch. Insbesondere die weitreichenden Lockerungsmassnahmen und die gleichzeitige Aufhebung der Lockdowns in den europäischen Ländern machen Mut. In Verbindung mit der Beschleunigung der Impfungen in der Schweiz gehen die Ökonomen davon aus, dass sich die wirtschaftliche Aktivität in den kommenden Monaten wieder normalisieren wird, sofern es nicht zu weiteren Virusausbrüchen kommt. Für 2021 prognostizieren die Ökonomen der Credit Suisse ein BIP-Wachstum von 3,5 % und erwarten, dass die Wirtschaft das Vorkrisenniveau erreichen wird.
Effizientes Cash Management in Krisenzeiten entscheidend
Die Analysten der Credit Suisse haben die Themen Kapitalallokation und Cash Management bereits in der letztjährigen Ausgabe des Handbuchs thematisiert. Ein Jahr später sind sie mit einem umfassenderen Verständnis über die Folgen der Krise der Ansicht, dass diese beiden Steuerungsmassnahmen zur Finanzplanung der Schweizer Unternehmen sehr solide waren. Bereits zu Beginn der Liquiditätsmanagement-Massnahmen konnten die meisten der untersuchten Unternehmen ihre Betriebskosten markant senken. Angesichts des Ausmasses der Umsatzeinbussen während der Pandemie nutzten viele Unternehmen Kurzarbeitsangebote und initiierten oder beschleunigten langfristige Effizienzprogramme in Erwartung einer langsamen Erholung und eines veränderten Marktumfelds.
Weitere Massnahmen zur Sicherung von Liquidität und Bilanz bestanden in der Reduktion oder Verschiebung von Investitionen. Obgleich diese Massnahmen sehr effektiv waren und von einer grossen Anzahl von Unternehmen genutzt wurden, dürften sie nur vorübergehender Natur sein. Letztendlich müssen die Unternehmen wieder investieren, um mit den Trends und dem Wettbewerb Schritt zu halten und ihre Innovationskraft, die langfristige Rentabilität und den Shareholder Value zu sichern. Obwohl eine Streichung oder Reduzierung der Aktionärsvergütung die letzte Option zur Wahrung von Barmitteln bleibt, haben viele Unternehmen angesichts der aussergewöhnlichen Umstände auch im Jahr 2020 davon Gebrauch gemacht. Einige Unternehmen haben Backup-Kreditlinien oder Anleihen zur Sicherung der Liquidität eingerichtet, die meisten blieben jedoch ungenutzt. Dank dieser Massnahmen ist es den untersuchten Unternehmen grösstenteils gelungen, den bereinigten Nettoverschuldungsgrad stabil zu halten, was den grundlegend konservativen Charakter der Schweizer Unternehmen verdeutlicht. Da die Credit Suisse Kreditanalysten von einer Erholung der Wirtschaft und der einzelnen Unternehmen ausgehen, wurde seit dem letzten Handbuch auch nur eine relativ begrenzte Anzahl negativer Rating-Massnahmen vorgenommen.
Das Ende der Verhandlungen über ein bilaterales Abkommen mit der EU und der Vorstoss der G7-Finanzminister, die Unternehmenssteuer auf mindestens 15 % anzuheben, dürften sich zwar auf einen Teil der untersuchten Unternehmen auswirken – doch die Analysten der Credit Suisse gehen davon aus, dass dies nicht unmittelbar bevorsteht.
Nachhaltige Anleihen gelten als aufstrebende Anlageklasse
Ökologische Herausforderungen, soziale Themen und politische Fragen haben in den letzten Jahren bei Investitionen stark an Bedeutung gewonnen. Um der wachsenden Nachfrage der Anleger nach nachhaltigen Anleihen gerecht zu werden, haben Unternehmen begonnen, Rahmenbedingungen für die Emission von Anleihen zu schaffen, deren Erlöse für bestimmte ökologische oder soziale Projekte bestimmt sind oder deren Finanzierungs- und Strukturmerkmale an die Nachhaltigkeitsleistung des Emittenten gebunden sind. Die Credit Suisse ist noch einen Schritt weitergegangen und hat einen Rahmen eingeführt, der einzelne Anleihen in verschiedene Nachhaltigkeitskategorien einstuft.
Bei der Betrachtung des Universums Schweizer Unternehmen stellten die Analysten einen relativ hohen Anteil an guten Environment, Social, Governance (ESG)-Scores für Schweizer Emittenten fest. Aus ihrer Sicht ist dies nicht überraschend. Denn viele Elemente, die nun als ESG gekennzeichnet werden, wurden bereits zuvor in der Rating-Methodik der Analysten berücksichtigt. Rund ein Drittel der erfassten Emittenten lässt sich jedoch noch nicht in den Nachhaltigkeitsrahmen einstufen. Dies ist auf die eingeschränktere Transparenz bei kleineren oder privaten Emittenten ohne Agentur-Ratings zurückzuführen, auch was Daten zur Ermittlung eines ESG-Scores betrifft. Die Analysten der Credit Suisse konzentrieren sich bewusst auf solche Emittenten, um die Transparenz für Anleger weiter zu erhöhen.
Abgedecktes Universum wächst
Seit der letztjährigen Ausgabe des Kredithandbuchs haben die Analysten zwei weitere Emittenten von Unternehmensanleihen in das abgedeckte Universum aufgenommen. Ferring ist ein privates, forschungsorientiertes Spezialunternehmen für Biopharmazeutika. Aufgrund der führenden Position in der Reproduktionsmedizin und der Muttergesundheit mit Spezialisierung in der Gastroenterologie, Endokrinologie, Urologie und Orthopädie sowie seiner konservativen Finanzpolitik stufen die Analysten der Credit Suisse das Unternehmen mit dem Rating Mid BBB ein. Beim zweiten Unternehmen handelt es sich um die Emissions und Finanz AG (EFIAG), die kleinen und mittelgrossen lokalen und regionalen Schweizer Banken indirekten Zugang zum inländischen Anleihenmarkt ermöglicht. Aufgrund des durchschnittlich guten Geschäftsprofils und des überdurchschnittlichen Finanzprofils nahmen die Analysten den Emittenten mit einem Rating von High BBB in das Universum auf. (Credit Suisse/mc/ps)
Über das Kredithandbuch Schweiz 2021
Das Kredithandbuch Schweiz 2021 umfasst 71 Emittenten (60 Unternehmen, 11 Partnerwerke), von denen die meisten von den internationalen Ratingagenturen nicht abgedeckt werden. Der Bereich Swiss Institutional Credit Research der Credit Suisse beurteilt das Kreditprofil und den Ausblick für jeden Emittenten und vergibt daraufhin ein entsprechendes Kreditrating. Das Kredithandbuch Schweiz richtet sich an alle Anleger und Finanzmarktteilnehmer, die detaillierte Informationen über aktuelle Entwicklungen und die Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer am Schweizer Kapitalmarkt wünschen. Die Beurteilung der Kreditqualität mit dem Rating-Ausblick für die Schweizer Kantone und ausgewählte Schweizer Städte erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt.
Informationen zum Kredithandbuch Schweiz finden Sie im Internet auf Englisch unter: www.credit-suisse.com/swisscredithandbook