Zürich – In der vergangenen Woche schienen die europäischen Märkte – wenn auch nur für kurze Zeit – eine Pause einzulegen. Die Wirtschaft hat für den Moment der Politik das Kommando übertragen.
Vor einer Woche hat die Europäische Kommission den ersten Haushalt Italiens mit der Anweisung an die Regierung zurückgeschickt, ihn mit den EU-Richtlinien in Einklang zu bringen. Dies war das erste Mal, dass der Haushalt eines Landes abgelehnt wurde. Und obwohl italienische Staats- und Unternehmensanleihen auf breiter Basis von Privatpersonen in Italien und von Banken in ganz Europa gehalten werden, haben sich die italienischen Renditeaufschläge – zumindest vorerst – etwa zwischen 285 und 320 Basispunkten über der deutschen 10-Jahres-Benchmark stabilisiert.
Renditeaufschlag italienische Staatsanleihen vs. deutsche Benchmark-Anleihen (10-Jährige)
Quelle: Bloomberg; 30. Oktober 2018.
Auch der epochale politische Wandel in Deutschland wurde mit vergleichsweiser Entspanntheit von den Märkten begrüsst: Bundeskanzlerin Angela Merkel gab ihrer immer geringer werdenden Unterstützung nach, indem sie ankündigte, dass sie sich im Dezember nicht mehr zur Wiederwahl als Parteivorsitzende der CDU stellen werde. Diese hatte sie 18 Jahre lang geleitet.
Zur Einordnung der beiden genannten Fälle ist es jedoch wichtig sich vor Augen zu halten, dass noch weitere Hintergrundinformationen eine Rolle spielen können. In Deutschland läuft die Amtszeit von Bundeskanzlerin Merkel noch drei Jahre, wenn sie nicht vorher durch ein Misstrauensvotum zum Rücktritt gezwungen wird. In Italien wissen Beobachter aus Erfahrung, dass die Regierungen des Landes bekanntlich nur von kurzer Dauer sind. Dabei könnte das Einzige, was diese Koalition im Moment zusammenhält, der offene Haushalt sein, um dessen Überarbeitung sie derzeit gebeten wurde.
Im Aufschwung: Bedingter Optimismus in Brasilien
Der durchaus knappe Sieg mit 55% zu 45% der Stimmen des rechtsextremen Kandidaten Jair Bolsonaro bei der Wahl am Sonntag wurde von vielen erwartet. Dennoch dürfte das Ergebnis für diejenigen bisher eine Enttäuschung gewesen sein, die auf eine Art Misstrauensvotum durch die Märkte gesetzt haben. Der Ibovespa-Aktienindex stieg in den beiden Handelstagen seit Sonntag um knapp 1,5% und machte damit insgesamt sogar mehr an Boden gut, als er bei seinem anfänglichen Tief (-2,25% am Montag, 29. Oktober) verloren hatte. Obwohl der brasilianische Real gegenüber dem US-Dollar um etwa 1,2% fiel, verharrte die 5-jährige US-Dollar-Anleihe des Landes mit einer Rendite von 4,43% etwa dort, wo sie die Woche begann. Das Pendant in lokaler Währung entwickelte sich etwas besser. Die Renditen sanken von 9,533% auf 9,166%. Da die Finanzmärkte offensichtlich zustimmend nicken, wird der neu gewählte Präsident in den ersten Tagen seiner Regierung wahrscheinlich eine gewisse Flexibilität haben, bevor die Herausforderungen auf der Tagesordnung ihren Tribut fordern.
Im Abseits: Der Mexikanische Peso
Der mexikanische Peso war in den ersten drei Quartalen 2018 nicht nur die Emerging Markets-Währung mit der besten Wertentwicklung, sondern eine von nur drei Schwellenländer-Währungen, die gegenüber dem US-Dollar um über 5% anstiegen. Mit dem Ende des dritten Quartals war der Peso jedoch die zweitschlechteste Schwellenländer-Währung und fiel um -6,8%. Lediglich der Rückgang des kolumbianischen Pesos fiel mit -7,4% noch deutlicher aus.
Die meisten zeigten mit dem Finger auf die Ankündigung des designierten Präsidenten Andrés Manuel López Obrador. Er plant, die Entwicklung eines neuen Flughafens für Mexiko-Stadt auf der Grundlage einer „Volksbefragung“ einzustellen, die den 13 Mrd. US-Dollar teuren Entwurf von Norman Foster als „unerwünscht“ bezeichnete. Er will damit drei Jahre nach Beginn des Baus „dem Mandat der Bürger gehorchen». Die Ersatzprojekte umfassen die Erweiterung des bereits maximal ausgelasteten aktuellen Flughafens, sowie eines zweiten bestehenden Flughafens in der Stadt Toluca und die Erweiterung eines nahegelegenen Militärflughafens um zwei Start- und Landebahnen.
Die Hauptsorge liegt in der Androhung des künftigen Präsidenten, bereits seit langem bestehende Verträge aufzukündigen, was für Investoren und Halter von Staats- sowie auch von Unternehmensanleihen ein ernstzunehmendes politisches Risiko darstellen könnte. (Legg Mason/mc/ps)
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