Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich weiter mit aller Macht gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie. Die Währungshüter machten am Donnerstag deutlich, dass sie einer Verschärfung von Finanzierungsbedingungen nicht tatenlos zusehen werden. Zwar bleiben sowohl das milliardenschwere Notkaufprogramm für Anleihen als auch die Zinsen unverändert, wie der EZB-Rat in Frankfurt entschied. Das Tempo der Anleihenkäufe soll im zweiten Quartal allerdings deutlich erhöht werden.
«Günstige Finanzierungsbedingungen bleiben entscheidend während der Periode der Pandemie», betonte EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Zuletzt waren die langfristigen Anleiherenditen gestiegen, da einige Anleger angesichts milliardenschwerer Konjunkturprogramme von Regierungen und der Geldflut der Notenbanken in der Pandemie mit einer steigenden Inflation rechnen.
Erst im Dezember hatten die Währungshüter ihr besonders flexibles Corona-Notkaufprogramm für Staatsanleihen und Wertpapiere von Unternehmen (Pandemic Emergency Purchase Programme/PEPP) um 500 Milliarden Euro auf 1,85 Billionen Euro aufgestockt. Das Programm läuft bis mindestens Ende März 2022.
Die Käufe helfen Staaten wie Unternehmen: Diese müssen für ihre Wertpapiere nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als grosser Käufer am Markt auftritt. Insbesondere für Staaten ist das wichtig, weil sie in der Corona-Krise milliardenschwere Rettungsprogramme aufgelegt haben, die es zu finanzieren gilt.
Inflationsrate nach wie vor weit vom Zielwert entfernt
Die Jahresinflationsrate im Euroraum lag im Februar wie schon im Januar bei 0,9 Prozent. Im Dezember waren die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat noch um 0,3 Prozent gesunken. Nach Einschätzung der EZB ist der Sprung zu Jahresbeginn unter anderem auf gestiegene Energiepreise und Sonderfaktoren wie das Auslaufen der Mehrwertsteuersenkung in Deutschland zurückzuführen und kein Anzeichen für einen dauerhaften Inflationsanstieg. Allerdings könnte die Rate in diesem Jahr zeitweise 2 Prozent erreichen.
In ihrer aktuellen Prognose rechnen die Währungshüter im Gesamtjahr mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 1,5 Prozent und um 1,2 Prozent 2022. Die EZB strebt ein ausgewogenes Preisniveau bei einer mittelfristigen Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent im gemeinsamen Währungsraum an. Dieser Zielwert wird seit Jahren verfehlt.
Die Aussichten für das Wirtschaftswachstum im Euroraum haben sich aus Sicht der Notenbank für dieses Jahr geringfügig verbessert. Die EZB geht aktuell von einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 4,0 Prozent aus. Im Dezember hatte sie ein Wachstum von 3,9 Prozent vorhergesagt. Im Corona-Krisenjahr 2020 war die Wirtschaftsleistung um 6,6 Prozent geschrumpft und damit so stark wie nie.
Leitzins bleibt bei null
Bei den Zinsen blieb der Kurs unverändert: Den Leitzins im Euroraum hielten die Währungshüter auf dem Rekordtief von null Prozent. Geschäftsbanken müssen weiterhin 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken. Freibeträge für bestimmte Summen sollen die Institute bei den Kosten dafür entlasten.
Bei Kritikern der EZB-Geldpolitik stösst auch das Corona-Notkaufprogramm auf Widerstand. Eine Gruppe von Unternehmern und Professoren um den Berliner Finanzwissenschaftler Markus Kerber klagt dagegen in Karlsruhe. Die Verfassungsbeschwerde ging am Montag ein, wie ein Sprecher des Bundesverfassungsgerichts sagte (Az. 2 BvR 420/21). Kerber sagte der «Welt», mit dem Nothilfe-Programm breche die Notenbank endgültig aus ihrem Kompetenzrahmen aus.
Wegen des Notkaufprogramms ist bereits eine Organklage der AfD-Bundestagsfraktion in Karlsruhe anhängig. Mit anderen Klägern hatte Kerber im vergangenen Jahr auch das Urteil des Verfassungsgerichts zum Staatsanleihenkaufprogramm PSPP der EZB erstritten. Damals ging es um 2015 begonnene Käufe zur Ankurbelung von Inflation und Konjunktur in Billionenhöhe, die weiterlaufen. (awp/mc/ps)