LFDE: China – auf dem Weg zum globalen Innovationsführer?

Kévin Net

Kévin Net, Fondsmanager, Leiter des Bereichs Asien, La Financière de l’Échiquier (LFDE). (Foto: zvg)

Wenige Tage vor Beginn des Jahres der Holz-Schlange überraschte China die Welt mit DeepSeek, einem Modell für künstliche Intelligenz (KI), das von dem gleichnamigen chinesischen Start-up zu einem Bruchteil der Kosten der KI-Modelle von OpenAI und anderer amerikanischer Konkurrenten entwickelt wurde. Umso bemerkenswerter: Dieser Erfolg gelang vor dem Hintergrund der zunehmenden Rivalität zwischen den USA und China. Für chinesische Unternehmen wird es immer schwieriger, Zugang zu den Technologien des Westens zu erhalten.

von Kévin Net, Fondsmanager, Leiter des Bereichs Asien, La Financière de l’Échiquier (LFDE)

Auch wenn sich heute viele Augen auf die potenziellen Auswirkungen von DeepSeek auf die KI-Wertschöpfungskette sowie auf die Ausgaben der US-Hyperscaler richten und es durchaus noch einige Grauzonen gibt, zeigt diese Leistung ganz klar die Innovationsstärke Chinas. Genau diese Innovationsstärke ist entscheidend, um im wirtschaftlichen und technologischen Wettlauf mit den USA mithalten zu können.

Enorme Investitionen in KI-Forschung und -Entwicklung
Dafür investiert China enorme Summen. Jedes Jahr verlassen fast 1,5 Millionen Ingenieure die chinesischen Universitäten – ein Drittel aller Ingenieure, die weltweit ihren Abschluss machen. Die Zahl der Forscher ist von 1,3 Millionen im Jahr 2011 auf mittlerweile 2,4 Millionen deutlich gestiegen. So konnte das Land seinen Vorsprung gegenüber den USA ausbauen, die im selben Zeitraum lediglich einen Zuwachs von 1,1 auf 1,6 Millionen[1] verzeichneten. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) folgten demselben Trend und stiegen von 246 Mrd. US-Dollar im Jahr 2011 auf 811 Mrd. US-Dollar im Jahr 2022. Parallel dazu stiegen die F&E-Ausgaben der USA von 427 Mrd. auf 923 Mrd. US-Dollar[2]. Damit nicht genug, im Jahr 2022 entfielen 46,8 % der weltweiten Patentanmeldungen auf China[3].

Das Aushängeschild der Innovationsstärke Chinas: das Elektrofahrzeug. China hat es geschafft, sich im Zuge der Energiewende an die Spitze des Marktes für Elektrofahrzeuge zu setzen. Im Jahr 2023 produzierte das Land bereits 58 % der weltweit verkauften Elektrofahrzeuge[4]. Mit einem globalen Marktanteil von 23 % lag BYD im Jahr 2024 (Januar bis September) weit vor Tesla (11 %). Drei der fünf weltweit führenden Hersteller von Elektrofahrzeugen haben ihren Sitz in China[5]. Zusätzlich zu staatlichen Subventionen zur Förderung des Verkaufs von Elektrofahrzeugen hat China eine konzertierte Strategie entwickelt, um die gesamte Wertschöpfungskette zu kontrollieren – von kritischen Mineralien über Software bis hin zu Batterien. Das Land beherrscht fast 80 % des Batteriemarktes[6], wobei CATL (37 %) und BYD (17 %) die beiden grössten Hersteller der Welt sind[7].

Nächstes Ziel: Dominanz des Halbleitermarktes
Genauso erfolgreich möchte sich China auch auf dem Halbleitermarkt etablieren. Da zahlreiche US-Sanktionen den Zugang zu Halbleitern sowie zu Anlagen für die Halbleiterproduktion erschweren, strebt das Land nach Selbstversorgung. So hat Peking für diesen Sektor einen Investitionsfonds mit einem Volumen von 344 Mrd. Yuan (47,5 Mrd. US-Dollar) aufgelegt. Diese Bemühungen haben es Huawei ermöglicht, mit einem leistungsstarken Smartphone wieder auf der Bildfläche zu erscheinen. Selbst im Segment der Halbleiterproduktionsanlagen, das von US-amerikanischen, europäischen, japanischen und koreanischen Unternehmen dominiert wird, schreitet China voran. Shanghai Micro Electronics Equipment (SMEE) hat als erstes chinesisches Unternehmen ein Patent im Bereich der EUV-Lithografie[8] angemeldet. Bislang ist ASML der weltweit einzige Hersteller von Maschinen für die EUV-Lithografie.

Die Werkbank der Welt wandelt sich zum globalen Innovationsführer – eine Revolution, die sich zweifellos auf Investitionen in chinesische Aktien auswirken wird. (LFDE/mc)

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