Mikio Kumada.
Von Mikio Kumada, Global Strategist LGT Capital Management
Die beschlossene «quantitative Lockerung» wird die Finanzmärkte der Eurozone beleben und die Krisenländer entlasten. Strukturstarke Regionen könnten sogar auf Sicht einen Boom erleben. Die zunehmend negativen Zinsen rund um den Globus erhöhen die Attraktivität des Edelmetalls.
Am vergangenen Donnerstag, genau eine Woche nach der überraschenden Abkopplung des Schweizer Franken von Euro, beschloss die Europäische Zentralbank, monatlich 60 Mrd. Euro an neuem Geld in das Finanzsystem des Euroraums zu pumpen. Diese Politik soll zudem im Grunde so lange betrieben werden, bis das noch weit entfernte Inflationsziel der EZB erreicht wird. Die kurzfristigen Auswirkungen der Entscheidung, welche die erhöhten Anlegererwartungen übertreffen konnte, sind relativ leicht zusammenfassbar.
Europas Industrieländer profitieren zunächst am meisten
Zunächst zu Aktien: Wenn es darum geht, die Inflation bzw. das nominale Bruttoinlandsprodukt zu steigern, dann stellt die «quantitative Lockerung» («QE») ein wirksames Instrument dar. Es unterstützt die Kreditschöpfung, schwächt die Währung und treibt so mobile und immobile Vermögenswerte höher. In strukturstarken Regionen, in denen private und öffentliche Haushalte und Unternehmen über umfangreiche Wertanlagen und produktive Ressourcen im In- und Ausland verfügen, kann eine solche Entwicklung mit der Zeit sogar in einen regelrechten Boom führen.
Rückenwind für die Starken und Entlastung der Schwächeren
Sofern die EZB dabei bleibt und ihre Botschaft nicht frühzeitig «verwässert» könnten fortan der Binnenkonsum in den Kernländern stärker stimuliert werden und Investitionen vermehrt innerhalb des Währungsraums stattfinden. Das wiederum würde mit der Zeit helfen, die Wettbewerbs- und Handelsungleichgewichte innerhalb Europas teilweise vom Norden nach Süden zu verschieben. Für die «Peripherie» bietet «QE» aber auch kurzfristig Entspannung: Es unterstützt den notwendigen Entschuldungsprozess und schafft etwas mehr Spielraum für eine Aufweichung der Sparmassnahmen sowie auch für Investitionen. Der schwache Euro könnte den Süden zudem auch für überseeische Investoren attraktiver machen. Denkbar ist auch, dass «QE» der politischen und wirtschaftlichen Zersplitterung Europas entgegenwirken kann (wobei der mögliche, wenn auch unwahrscheinliche Euro-Austritt Griechenlands infolge des Wahlergebnisses vom letzten Sonntag die Ausnahme darstellen könnte). «QE» allein kann natürlich die zugrundeliegenden Strukturprobleme nicht lösen und vielleicht kommt es auch zu spät (zumindest für Griechenland). Es erhöht allerdings die fiskalische Flexibilität und kann die notwendigen Reformen sozial weniger schmerzhaft machen.
Europäische Aktien werden attraktiver
Es wird erwartet, dass Euro-Aktien fortan ähnlich gut wie ihre Pendants in den USA und Japan laufen werden und auch ihre relative Stärke gegenüber den Schwellenländern weiter halten können. «QE» verbessert nämlich auch die Aussicht auf die erwartete starke Erholung der europäischen Unternehmensgewinne – ähnlich, wie es in den anderen Industrieländern in den letzten Jahren der Fall war. Es ist in diesem Zusammenhang erwähnenswert, dass «QE» im Euroraum mit sechs- bzw. zweijähriger Verspätung gegenüber USA und Grossbritannien bzw. Japan lanciert wird. Es besteht also auch im Bereich der Firmengewinne grosses Aufholpotential.
Zunehmend negative Zinsen stützen Goldpreis
Zum Abschluss noch zum Gold: Seit Mitte Januar haben sowohl die EZB als auch SNB klar signalisiert, dass negative Zinsen fortan zur Realität gehören dürften. Das gleiche gilt natürlich für Japan. Selbst die US-Notenbank dürfte die erwarteten Zinserhöhungen weiter in die Zukunft verschieben. Gold wird dadurch auch aus ganz sachlichen Gründen wieder zu einer attraktiven liquiden Alternative zu Bargeld. Das gelbe Metall hat zwar auch eine negative Rendite (aufgrund der Lager- bzw. Rollierungskosten), doch diese gilt für viele Anleger als berechenbar – nicht zuletzt, weil sie nicht von der Makropolitik der Notenbanken «manipuliert» wird.
Aktienquote für den Euroraum wird auf ein moderates Übergewicht erhöht
Die am 15. Januar überraschend von der SNB aufgekündigte Kopplung des Franken von Euro hat die Euroraum-Börsen sofort wachgeküsst und die EZB-Entscheidung der Vorwoche hat dieser neuerwachten relativen Stärke Europas zusätzlichen Rückenwind verlieren. Die SNB und EZB haben klar dazu beigetragen, die relative Schwäche des Euroraums gegenüber dem Weltindex zu stoppen. Die relative Stärke gegenüber den Schwellenländern, die schon länger anhält, wurde indessen erneut bestätigt. Es ist erwähnenswert, dass die EZB-Anleihekäufe im März beginnen werden. Die Ausnahme ist Griechenland, wo sich die neue Regierung mit den Gläubigern auf das weitere Vorgehen einigen muss. Dort könnten noch Monate vergehen, bis «QE» aktiviert wird. (LGT/mc/hfu)