Bern – Die «Facebook-Währung» Libra benötigt in der Schweiz eine Bewilligung als sogenanntes «Zahlungssystem». Wegen der internationalen Reichweite des Projekts sieht die Finanzmarktaufsicht Finma zudem ein international koordiniertes Vorgehen als unverzichtbar an. Libra will nun eine entsprechende Bewilligung beantragen.
Die Libra Association mit Sitz in Genf habe die Aufsichtsbehörde um eine Einschätzung ihres Projekts nach Schweizer Aufsichtsrecht ersucht, teilte die Finma am Mittwoch mit. Auch die Libra Association selbst bestätigte die Anfrage am Mittwoch.
Die Mitteilung der Finma zu den Anforderungen an das Libra-Projekt erfolgte im Zusammenhang mit der Veröffentlichung neuer Richtlinien zu sogenannten «Stable Coins» im Allgemeinen. «Stable Coins» sind «digitale Münzen», die mit Währungen oder etwa auch mit Rohstoffen oder Immobilien unterlegt sind. Die Libra-Währung etwa soll vollumfänglich von einem Reservefonds mit verschiedenen Währungen wie Dollar, Euro und Yen gedeckt werden.
Internationale Standards
Das Libra-Projekt könnte gemäss einer ersten Einschätzung nur mit einer Finma-Bewilligung als Zahlungssystem auf Basis der bestehenden Gesetze umgesetzt werden, schreibt die Finma. Dabei müssten die gängigen internationalen Standards unter anderem in Bezug auf Geldwäschereibekämpfung sichergestellt werden.
Bezüglich Libra habe es von Seiten der Finma bereits einen Austausch mit den Behörden anderer Länder gegeben, bestätigte ein Sprecher der Schweizer Behörde auf Anfrage. Unüblich ist ein international koordiniertes Vorgehen für die Finanzmarktaufsicht nicht: Auch bezüglich international tätiger Banken oder Versicherungskonzerne muss sie sich mit ausländischen Aufsichtsbehörden koordinieren.
Bankähnliche Risiken
Eine Währung wie Libra müsse aber auch noch Anforderungen für «zusätzliche Dienstleistungen» erfüllen, heisst es weiter. «Bankähnliche Risiken müssen auch bankähnlichen Regulierungsanforderungen unterliegen», hält die Finma fest. Dabei geht es etwa um Kreditrisiken oder Marktrisiken, aber auch um Anforderungen an die Liquiditäts- und die Risikoverteilung und an das Management der Reserven.
Als eine Grundvoraussetzung für eine Bewilligung als Zahlungssystem nennt die Finma auch, dass die mit der Verwaltung des Reservefonds verbundenen Erträge und Risiken vollständig von der Libra Association getragen werden und nicht etwa von den Besitzern der Libra-Coins.
Warten auf Bewilligung
Vorläufig sind bezüglich Libra allerdings noch keinerlei konkrete Beschlüsse gefallen: Ein allfälliges Bewilligungsverfahren der Finma würde «erst dann starten, wenn ein konkretes Bewilligungsgesuch eintreffen sollte», schreibt die Behörde in der Mitteilung.
Dabei werde sie weder über den Stand des laufenden Verfahrens informieren, noch sich zum Zeitpunkt eines möglichen Verfahrensabschlusses äussern, kündigt sie bereits an. Weitere Fragen etwa bezüglich Steuerrecht, Wettbewerbsrecht oder Datenschutz gingen zudem über den Aufgabenbereich der Finma hinaus.
Projekt im Gegenwind
Der Technologiekonzern Facebook hatte im Juni die Lancierung der Digitalwährung Libra angekündigt. Diese soll von der Libra Association in Genf herausgegeben werden, die 28 Mitglieder umfasst. Darunter sind etwa Zahlungsanbieter wie Visa, Mastercard und PayPal oder Internet-Unternehmen wie EBay oder Uber.
Allerdings hatte das Libra-Projekt in den vergangenen Monaten international heftigen Gegenwind sowohl von der Seite von Gesetzgebern wie auch von Notenbanken erfahren. Im Juli forderte etwa die Gruppe der sieben führenden Industriestaaten (G7), dass Digitalwährungen den höchsten Aufsichtsstandards genügen müssen und die Stabilität des Finanzsystems nicht gefährden dürfen.
Am Dienstag hatte die im US-Finanzministerium zuständige Unterstaatssekretärin Sigal Mandelker zudem an einer Medienkonferenz in Bern betont, dass Libra wie jede andere Digitalwährung, die in allen oder wesentlichen Teilen der Vereinigten Staaten operiere, den US-Regulierungsstandards entsprechen müsse. (awp/mc/pg)
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