MainFirst: Inflation bleibt, Vermögenserhalt jetzt im Fokus
Kurz vor Weihnachten steigen die Preise und Verbraucher ärgern sich über Engpässe bei Spielzeug, Elektronik und Modeartikeln. Diese Situation wird länger anhalten als uns lieb ist. Die Inflationsrate wird in den kommenden Monaten hoch bleiben oder sogar weiter zunehmen. Anleger sollten jetzt auf Aktien von Unternehmen setzen, welche die steigenden Kosten weitergeben können.
von Thomas Meier – Portfoliomanager der Fonds MainFirst Global Dividend Stars und MainFirst Euro Value Stars
Wir stehen am Anfang eines Prozesses, der sich über die nächsten Jahre hinziehen wird. Die höhere Inflation ist ein strukturelles Problem. Gibt es als Folge der Klimakonferenz in Glasgow Auflagen wegen des Klimawandels, steigen dadurch strukturell die Kosten für Unternehmen. Es ist nicht vorstellbar, dass wir kurz- bis mittelfristig wieder in ein deflationäres Umfeld zurückfallen werden. Selbst die US-Notenbank hat dies in ihren aktuellen Äusserungen zugegeben.
Die grössten Preistreiber im Moment sind die teureren Vorprodukte. Die Knappheit von Halbleitern hat bereits zahlreiche Branchen abgebremst. Die Unternehmen haben aber aus der ersten Phase der Pandemie gelernt. Heute setzen Unternehmen auf mehrere Lieferanten und nicht mehr nur auf eine Quelle. Das ist sicherer, aber auch teurer, weil Grössenvorteile weniger genutzt werden können. Vielenorts findet wieder ein sogenanntes Reshoring statt. Das heisst: Unternehmen suchen ihre Zulieferer in der Nähe, zum Beispiel in Osteuropa. Allerdings sind auch dort die Arbeitskräfte knapp. Anbieter von Vorprodukten in diesen Ländern haben dann einen Vorteil, wenn ihre Produktion automatisiert ist.
In der heutigen Situation gewinnt für die Anleger die Allokation der Vermögenswerte an Gewicht. Dabei geht es vor allem darum, Renditen auch bei steigender Inflation und dem anhaltendem Niedrigzinsumfeld zu erzielen. Konkret geht es um die Frage: Wie kann ich mittel- und langfristig meine Kaufkraft real erhalten?
Titel mir starker Marktposition im Vorteil
Generell kann man sagen: Die Auswahl der Titel wird auf jeden Fall wichtiger. Im Fokus der Anleger sollten in den nächsten Monaten und Jahren Unternehmen liegen, die aufgrund einer starken Marktposition in der Lage sind, die steigenden Kosten an die Konsumenten weiterzugeben. Oft handelt es sich dabei um eher klein- und mittelgrosskapitalisierte Unternehmen, die in Nischen spezialisiert sind. Investitionen in deren Aktien sind im heutigen Marktumfeld sinnvoll. Generell kann man sagen: Die Auswahl der Titel wird auf jeden Fall wichtiger.
Dazu gehört beispielsweise der Autovermieter Sixt. Er profitiert aufgrund der Lieferkettenprobleme vom Mangel an Fahrzeugen auf dem Markt. Die gleichzeitig steigende Nachfrage beschert dem Familienunternehmen eine starken Preissetzungsmacht. Die Gegenspieler von Sixt, Europcar und Hertz, haben sich in der Coronakrise finanziell restrukturiert. Jetzt leiden sie unter den verknappten Vorprodukten der Autoproduktion und haben Mühe, ihre Flotten wieder hochzufahren. Die Folge: Sixt gewinnt Marktanteile besonders in den Ländern, in denen das Unternehmen expandiert hat.
Andere Beispiele sind die italienischen Carel Industries, die als Zulieferer für Klima- und Heizungstechnik tätig sind, und Fluidra, ein spanisches Unternehmen, das Zubehör für Schwimmbadtechnik herstellt. Beide sind in Nischen tätig und geniessen hohe Marktanteile.
Carel Industries ist hochinnovativ, hat Vorprodukte in Asien fertigen lassen, wird aber die Belieferung nun regional diversifizieren. Das ist ein Grund, sich über die Marge Sorgen zu machen. Aber Carel Industries ist in der Lage, die Preise aufgrund seiner hohen Marktanteile zu erhöhen.
Fluidra erwirtschaftet einen Umsatz von über drei Milliarden Franken. In einer oligopolistischen Marktstruktur mit vier Anbietern konnte das Unternehmen in diesem Jahr bereits zwei deutliche Preiserhöhungen durchsetzen.
Vermögenserhaltung: Ohne Risiko geht es nicht
Die Zeiten der Maximierung der Rendite ohne Berücksichtigung der Risiken, wie es in den 90er-Jahren war, sind vorbei. Ebenso die beiden Jahrzehnte zwischen 2000 und 2020, in denen die Minimierung der Volatilität im Fokus stand. Wer eine klare Zinslastigkeit in seinem Portfolio vorfindet, sollte sich bewusst sein, dass selbst eine tiefe Inflationsrate die Renditen zunichtemacht. Eine Umschichtung der Vermögenswerte sollte in diesem Fall ins Auge gefasst werden. Um das Vermögen real erhalten zu können, müssen Anleger stärker auch Kapitalanlagen mit höherem Rendite-/Risikoprofil berücksichtigen. (MainFirst/mc/pg)