Steigende Rohstoffpreise sind ein Segen für Schwellenländer. Unterbewertete Unternehmensanleihen verzeichnen heute Renditen im zweistelligen Bereich. Investoren in dieser Anlageklasse können vom sich abzeichnenden Aufschwung profitieren.
von Andranik Safaryan und Cornel Bruhin, Portfoliomanager des Emerging Markets Teams bei MainFirst
Als grosse Produzenten werden die Volkswirtschaften der Schwellenländer von steigenden Rohstoffpreisen profitieren. Der schwächere US-Dollar und das sich abzeichnende Ende des Zinserhöhungszyklus der US-Zentralbank sind Anzeichen für diese Entwicklung.
Dies betrifft nicht nur Chile, mit einem Marktanteil von 35 Prozent der grösste Kupferproduzenten der Welt, und Indonesien, das mehr als ein Drittel der globalen Nickelproduktion kontrolliert, sondern auch die Ölproduzenten.
Steigende Rohstoffpreise bedeuten auch höhere Gewinne für Unternehmen und Löhne für Arbeitnehmer, aber auch steigende Steuereinnahmen. Dies wirkt sich im Laufe der Zeit auf die gesamte Wirtschaft in Form von wachsendem Konsum und Investitionen aus. Die Unternehmensanleihen der Schwellenländer dürften sich daher in den kommenden Monaten nach den historisch hohen Verlusten des vergangenen Jahres erholen.
Ölverbrauch wird noch Jahrzehnte steigen
Die Nachfrage nach Rohstoffen wird durch die Energiewende, Elektroautos und die Re-industrialisierung der entwickelten Länder (Rückverlagerung der Produktion) angekurbelt. All das verbraucht viel mehr Rohstoffe als je zuvor. Gleichzeitig verharren die Investitionen in die zukünftige Produktion auf einem niedrigeren Niveau als noch vor zehn Jahren. Dies führt längerfristig unweigerlich zu noch höheren Preisen.
Ein weiterer Treiber des Verbrauchs von fossilen Energieträgern ist die Demografie. Viele der sieben Milliarden Menschen, die heute in Schwellenländern leben, besitzen keinen Kühlschrank oder haben keinen Zugang zu Strom. Das Aufholpotenzial beim Verbrauch ist gross.
Als Folge des zunehmenden Wohlstandes wird der Ölverbrauch in diesen Ländern über Jahrzehnte weiter steigen. Dabei gilt es sich vor Augen zu führen, dass ein US-Amerikaner jedes Jahr 18 Barrels Öl zu je 159 Litern verbraucht. Ein Inder kommt mit einem einzigen Barrel aus, in Afrika ist der Verbrauch noch geringer.
Bohrplattformen und Telekom-Infrastruktur
Es gibt viele Unternehmen aus Schwellenländern, die einen Blick wert sind. Eines davon ist Shelfdrilling aus Dubai. Es handelt sich dabei um ein Spin-Off von Trans Ocean, das einst an der SIX gelistet war. Shelfdrilling vermietet ein rares Gut: Bohrinseln für die Ölförderung im Meer. Die Mietpreise dieser Anlagen sind in den vergangen Jahren von 40’000 auf über 80’000 US-Dollar pro Tag gestiegen. Sie dürften weiter steigen, denn die grössten vermuteten Ölreserven liegen auf dem Grund der Meere.
Auch der nigerianische Öl- und Gasproduzent Seplat profitiert von der gestiegenen Nachfrage. Das Unternehmen ist hoch verschuldet. Die Übernahme der nigerianischen Geschäfte von Exxon Mobile wird den Umsatz der Firma verdreifachen. In Südamerika befindet sich die argentinische Ölgesellschaft Ypf im Aufwind. Dank der neu eröffneten Gaspipeline nach Chile wird Argentinien zu einem Exportland fossiler Brennstoffe.
Der Verschuldungsgrad der Unternehmen in den Schwellenländern ist niedriger als in den Industrieländern – auf einem historisch niedrigen Niveau.
Ein interessantes Unternehmen ausserhalb des Rohstoffsektors ist IHS-Towers, das 2022 in Nigeria gegründet wurde. Es vermietet Telekommunikationsinfrastruktur in Afrika, im Nahen Osten und in Südamerika. Dabei spielt ihm die Demografie in die Hände: Mehr Menschen, grössere Datenpakete und Nachfrage. Gemessen an der Anzahl der Telekommunikations-Masten, ist IHS-Towers das viertgrösste Unternehmen seiner Art weltweit. Als Investor lohnt sich auch ein Blick auf das peruanische Unternehmen Auna. Auch dort stehen die Zeichen auf Wachstum: Der private Spitalbetreiber expandiert nach Mexiko und Kolumbien.
Unternehmensanleihen: Zeichen stehen auf Wende
Zahlreiche Schwellenländer werden früher als die amerikanische Notenbank mit Zinssenkungen beginnen und damit das Wachstum in diesen Ländern beschleunigen. Der US-Leitzins hat bald seinen Höhepunkt erreicht und der US-Dollar befindet sich seit September 2022 auf Talfahrt. Der schwächere Dollar wird die Anleger nach unterbewerteten Anlagen mit Nachholpotenzial suchen lassen. Der Wendepunkt bei den Schwellenländeranleihen rückt daher immer näher.
Anleger können bereits heute von der sich abzeichnenden Erholung der Schwellenländer profitieren, indem sie in eine stark unterbewertete Anlageklasse mit begrenztem Abwärtspotenzial und soliden Fundamentaldaten investieren. (MainFirst/mc)