Mathias Gantenbein, CEO Flughafen Bern, im Interview
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Gantenbein, 2008 haben Sie an der Universität Bern Ihre Doktorarbeit über die volkswirtschaftliche Bedeutung des Flughafens Bern geschrieben. Hätten Sie sich damals gedacht, eines Tages den Flughafen selber zu leiten?
Mathias Gantenbein: Geträumt ja, gedacht nein. Der Flughafen Bern hat mich nicht nur während des Studiums, sondern bereits vorher stark interessiert. Ich durfte in verschiedenen Betrieben tätig sein, welche stets einen Bezug zur Aviatik oder gar dem Flughafen Bern selber hatten. Natürlich habe ich während des Studiums mit einer leitenden Position am Flughafen Bern geliebäugelt, dass ich dann aber bereits nach relativ kurzer Zeit die Chance habe, hier als CEO tätig zu sein, ist schon eine tolle Herausforderung.
Nach gut eineinhalb Jahren im Amt – wie fällt Ihre Zwischenbilanz aus?
Ich sehe auf bewegte eineinhalb Jahre zurück, mit Änderungen im Flugangebot und Fortschritten bei wichtigen Infrastrukturprojekten, wie dem geplanten satellitengestützten Anflug aus südlicher Richtung oder der 4. Ausbauetappe. Zudem haben wir die Pistensanierung erfolgreich in Angriff genommen, eine erste Etappe zur Erneuerung der Pistenrandbefeuerung erfolgte im 2016. In einem zweiten Schritt geht es nun um die eigentliche Sanierung des Belags. Alles in allem ziehe ich eine positive Zwischenbilanz, bin mir aber bewusst, dass weiterhin grosse Herausforderungen anstehen, die es zu meistern gilt.
Wie steht es heute mit der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Flughafens?
Der Flughafen Bern gehört seit über 80 Jahren zum wirtschaftlichen Grundangebot des Kantons Bern und des Schweizer Mittellandes. Die Wertschöpfung, welche der Regionalflughafen generiert, beträgt rund 174 Mio. Franken im Jahr. Mit allen Partnerbetrieben werden über 1000 Vollzeitstellen geschaffen, zudem dient der Flughafen als Standortfaktor für die Region.
Im vergangenen Jahr verzeichnete der Flughafen Bern etwas weniger Passagiere und auch die Zahl der Flugbewegungen ging um 1000 auf rund 50’000 zurück. Wie stark beunruhigt Sie dieser Rückgang?
Als Unternehmen leben wir zum grossen Teil von den Passagieren und Flugbewegungen. Es ist in unserem eigenen Interesse, dass die Flüge ab Bern gut ausgelastet sind und wir versuchen zusammen mit unseren Partnern die Reisefreudigen der Region für das Fliegen ab Bern zu gewinnen. So haben wir bereits im letzten Jahr vermehrte Verkaufsaktivitäten unternommen und neue Märkte bearbeitet. Gerade die Westschweiz steht vermehrt im Fokus. Der Rückgang der Passagierzahlen im letzten Jahr hat mit einer leichten Reduktion der Frequenzen zu tun. Nun kommt vermehrt grösseres Fluggerät zum Einsatz. Die Vorzeichen für eine erfolgreiche Sommersaison stehen gut.
«Die Wertschöpfung, welche der Regionalflughafen Bern generiert, beträgt rund 174 Mio. Franken im Jahr.»
Mathias Gantenbein, CEO Flughafen Bern
Wie war die Entwicklung im Bereich der Business-Flüge?
Die Entwicklung im Bereich der Business Aviation war im letzten Jahr mit einem zweistelligen Wachstum sehr erfreulich. Es gab vereinzelt sehr starke Monate. Für das laufende Jahr ist die Zwischenbilanz etwas durchzogen, das zweite Quartal ist eher schwach gestartet – doch bei diesem volatilen Geschäft ist noch Vieles möglich.
Während im Winter auf dem Flughafen eher wenig los ist, ist der Sommer-Flugplan reich befrachtet. SkyWork Airlines alleine fliegt 18 Destinationen an. Von welcher Passagierzahl gehen Sie im laufenden Jahr aus?
Wir durften in den vergangenen Jahren zwischen 180‘000 und 200‘000 Passagiere pro Jahr begrüssen. Für das laufende Jahr gehen wir von einem ähnlichen Passagieraufkommen aus. Dabei dürfte der Rückgang der Flugverbindungen durch den Einsatz grösseren Fluggeräts weitgehend wettgemacht werden. Ich bin zuversichtlich, dass sich das Ziel erreichen lässt.
Inwiefern können Sie auf den Flugbetrieb überhaupt Einfluss nehmen? Wenn eine Airline eine Verbindung streicht, können Sie ja wenig dagegen tun.
Die Fluggesellschaften bestimmen das Flugangebot. Wir können mit Vorzugskonditionen oder Unterstützungsleistungen versuchen, positiv einzuwirken. Märkte und Rahmenbedingungen können sich verändern, manchmal erfreulich, manchmal weniger erfreulich. Als Konsequenz davon werden Destinationen oder Frequenzen auf- oder abgebaut, das gehört zum Geschäft. Als kleiner Flughafen bekommen wir dies natürlich jeweils unmittelbar zu spüren.
SkyWork ist die wichtigste Airline auf dem Platz Bern. Wie stark beunruhigen Sie die Pläne von SkyWork bezüglich der Einflottung grösserer Maschinen, die wohl aber nicht Bern-Belp zum Einsatz kommen würden?
Überhaupt nicht. Der Flughafen Bern ist erfreut, Heimatflughafen von SkyWork Airlines sein zu dürfen. Die Fluggesellschaft plant mit grösserem Fluggerät auch anderswo zu wachsen und dürfte damit noch mehr Präsenz im Schweizer Markt erhalten. Dies kommt letztlich allen zu Gute, auch uns in Bern. Und sollte sich der Einsatz eines grösseren Flugzeugs auch ab Bern rechnen, so hätte die Fluggesellschaft dieses bereits zur Verfügung.
Der Flughafen Bern lebt von seiner Übersichtlichkeit, kurzen Check-in-Zeiten, preisgünstigen Parkplätzen. Gerade die kurze Verweildauer auf dem Flughafen beeinträchtigt aber auch Einnahmequellen in der Gastronomie oder beim Shopping (Duty-Free). Was für Pläne verfolgen Sie im Commercial-Bereich?
Ja, hier wird der Vorteil etwas zum Nachteil. Der Flughafen Bern wird gerade wegen dieser kurzen Verweildauer sehr geschätzt. Passagiere loben das rasche und effiziente Einchecken und Einsteigen. Für Linienflüge reichen 20 Minuten aus, bei Charterflügen 45 Minuten. In dieser Zeit geniessen Passagiere praktisch freie Sicht auf den Tarmac oder verpflegen sich kurz im kürzlich erneuerten Bistro. Ein weiterer Ausbau der Gastronomie ist nicht vorgesehen, auch im Duty-Free-Bereich sehen wir derzeit leider keine nennenswerte Ausweitung des bestehenden Angebots. Das ist gewissermassen der Preis für unser «klein aber fein».
«Skywork Airlines plant mit grösserem Fluggerät auch anderswo zu wachsen und dürfte damit noch mehr Präsenz im Schweizer Markt erhalten. Dies kommt letztlich allen zu Gute, auch uns in Bern.»
Einsprachen von Umweltverbänden blockieren weiter die Realisierung der 4. Ausbauetappe. Was bedeutet das für den Flughafen?
Es gilt allgemein festzuhalten, dass infrastrukturelle Veränderungen an Flughäfen aufgrund der Verfahren heute einen Zeitbedarf von mindestens fünf bis acht Jahren aufweisen. Dies in einer Branche, die sehr dynamisch ist und kurzfristige Lösungen erfordert. So erfreulich es ist, dass das Bundesverwaltungsgericht kürzlich in unserem Sinne geurteilt hat, so gerne hätten wir uns die Zeit, das Geld und das viele Papier gespart. Die Realisierung der Ausbaupläne verzögert sich mit dem Weiterzug ans Bundesgericht erneut, die geplante Entflechtung der Sparten kann nicht vorangetrieben werden.
Die 4. Ausbauetappe sieht eine teilweise Verlagerung des Flughafenbetriebs in den Süden des Areals vor. Was sind die Ziele und die Vorteile des Vorhabens?
Mit der 4. Ausbauetappe kann eine bessere Entflechtung der unterschiedlichen Verkehrsarten vorgenommen werden. So soll der Linien- und Charterverkehr zusammen mit der Business Aviation in einem Bereich, die Kleinaviatik vorwiegend in einem anderen Bereich stattfinden. Mit dem Neubau von Hangars soll zudem Raum für unternehmerische Entwicklung aviatischer Betriebe entstehen und Arbeitsplätze wie Wertschöpfung geschaffen werden.
Letzte Frage: Vor über 25 Jahren hat die Berner Band «Patent Ochsner» den Song «Bälpmoos» veröffentlicht, mit der berühmten Textzeile «Bälpmoos – schpick mi furt vo hie». Wohin lassen Sie sich ab Bern-Belp am liebsten, oder am häufigsten «schpicken»?
Ein toller Song. Ich lasse mich wenn immer möglich geschäftlich oder privat mit meiner Familie ab Bern in die Ferne „spicken“. Das letzte Mal ging es nach München, zuvor nach Mallorca an den Strand. Die Möglichkeiten sind zahlreich, es bestehen 24 Direktverbindungen sowie zahlreiche Umsteigeverbindungen mit SkyWork Airlines und KLM über Amsterdam. Wer weiss, vielleicht fliege ich ja bald von Bern via Amsterdam nach New York – die Ferienpläne sind noch nicht gemacht!
Herr Gantenbein, herzlichen Dank für das Interview.
Zur Person:
Mathias Gantenbein ist seit Ende 2015 als CEO der Flughafen Bern AG tätig. Zuvor leitete er die Reisestelle des Bundes, die Spezialfinanzierung Luftverkehr beim Bundesamt für Zivilluftfahrt sowie ein Team im Bereich der Flugzeugfinanzierungen bei einer Grossbank. Während dem Studium bekleidete er diverse Funktionen bei einer Regionalfluggesellschaft und gründete während der Schulzeit ein kleines Reisebüro. Er ist verheiratet und Vater zweier Kinder.
Flughafen Bern
Die Flughafen Bern AG ist die Betriebsgesellschaft des im Jahr 1929 eröffneten Berner Flughafens. Er ist heute der viertgrösste internationale Flughafen der Schweiz. Die Flughafen Bern AG beschäftigt 83 Vollzeitangestellte. Über 180‘000 Passagiere wählten im Jahr 2016 den Flughafen Bern als Ankunfts- und Abflugflughafen. Während des Sommerflugplans 2017 werden ab Bern mehr als 20 Destinationen direkt bedient. Die Anbindung mit internationalen Flügen unterstützt die lokale Wirtschaft und ermöglicht sowohl Unternehmen, als auch der Bevölkerung im Grossraum Bern, im Mittelland und in der Westschweiz Auslandreisen mit angenehmen Anfahrtswegen und kostengünstigem Parkieren.
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