Meme Stocks: So funktioniert das Aktien-Phänomen hinter GameStop & Co
Bern – Der Begriff »Meme« ist spätestens seit dem Zeitalter der Smartphones vermutlich allen jungen Menschen bestens bekannt. Dass der Ausdruck, der normalerweise für lustige Bilder aus dem Internet steht, mittlerweile aber auch an der Börse Anwendung findet, wissen wohl noch die wenigsten. Meme Stocks sind Aktien, die sich im Internet viral verbreitet haben und so die Aufmerksamkeit von Anlegern generierten. Hintergrund ist aber nicht etwa die Leistung des Unternehmens, sondern der in den sozialen Foren wie Reddit generierte Hype rund um die Aktie. Der Zyklus solcher Meme Stocks verläuft dabei zumeist ähnlich.
Vor einigen Jahren war es noch undenkbar, sich ganz einfach von zuhause aus, ohne Gebühren und zu jeder Zeit, Aktien zu kaufen. Durch Anbieter wie den US-Broker Robinhood, der als Vorreiter für den provisionsfreien Handel gilt und noch dieses Jahr selbst an die Börse strebt, ist es heute grundsätzlich der gesamten Bevölkerung möglich, in Aktien zu investieren. Weil sich die Anleger heute ausserdem in Online Communities wie Reddit oder Twitter austauschen, sind die sogenannten Meme Stocks entstanden. Andrey Wolfsbein, Schweiz-Sprecher bei der Investmentgesellschaft Freedom Finance, definiert: »Meme Stocks sind Aktien, die in letzter Zeit einen Anstieg der Handelsaktivität erfahren haben, der vor allem durch Social Media Plattformen ausgelöst wird. « Häufig unterstützt die Community Aktien, die für sogenannte short seller interessant sind, die auf einen fallenden Kurs spekulieren. »Durch die Käufe durch die Community werden die short seller gezwungen, ihre Short-Position zu schliessen, also ihre Aktien zurückzukaufen«, erklärt Wolfsbein. Dadurch steige die Aktie folglich weiter an.
GameStop-Aktie als Paradebeispiel
Erstmals tauchte der Begriff Meme Stocks im Online-Diskussionsforum Reddit auf, wo ein sogenannter Subreddit mit dem Namen »WallStreetBets« unter Händlern sehr beliebt ist. Der vermutlich bekannteste Meme Stock ist die GameStop-Aktie, die im Jänner 2021 grosse Wellen schlug, als ihr Kurs sich innerhalb weniger Tage vervielfachte. »Nutzer hatten sich damals auf dem Subreddit WallStreetBets zusammengetan und begannen, GameStop-Aktien zu kaufen, nachdem sie erfuhren, dass ein Hedgefonds die Aktie geshortet hatte«, weiss Wolfsbein. Die Nutzer kritisierten die Hedgefonds und Finanzinstitute dafür, damals regelmässig angeschlagene Unternehmen leerverkauft, also geshortet, zu haben. Durch den zahlreichen Aktienkauf der Community waren die Leerverkäufer gezwungen, ihre Aktien rückzukaufen und es kam zu einem Short Squeeze. Weil einige Broker anschliessend zwischenzeitlich den Kauf von GameStop-Aktien unterbunden hatten, den Verkauf allerdings weiterhin zuliessen, wurde der Kursanstieg gebremst. Dies half möglicherweise den Leerverkäufern dabei, ihre Positionen auszugleichen und sorgte für massenhafte Kritik von den Anlegern.
Zyklus von Meme Stocks
Grundsätzlich ähnelt die Entstehung und der Ablauf bei Meme Stocks meist dem Fall von GameStop. Anfangs, während der frühen Implementierungsphase, stellen einige Anleger fest, dass eine bestimmte Aktie unterbewertet ist und beginnen diese in grossen Mengen zu kaufen, wodurch der Kurs langsam steigt. In der mittleren Phase erregt der steigende Kurs Aufmerksamkeit, immer mehr Menschen steigen ein und der Kurs schiesst in die Höhe. Dann folgt die sogenannte FOMO-Phase (FOMO = fear of missing out): »Zu dieser Zeit verbreitet sich die Aktie bereits in sämtlichen sozialen Medien und Online-Foren. Aufgrund der Angst, etwas zu verpassen, steigen immer mehr Anleger ein«, beschreibt Wolfsbein. Die letzte Phase wird auch als Gewinnmitnahme-Phase bezeichnet: die Käufe erreichen ihren Höhepunkt und die frühen Anleger verkaufen mit grossem Gewinn. Da die Menschen Angst vor Verlusten haben, entwickelt sich eine Kettenreaktion, die eine Reihe an Panikverkäufen auslöst – der Kurs stürzt ab. Nach einem Kurssturz kann der Zyklus dann nach einigen Monaten auch wieder in die entgegengesetzte Richtung verlaufen.
Hohe Volatilität
Momentan sind Meme Stocks noch sehr stark auf den US-amerikanischen Markt konzentriert. »In den USA macht der Anteil der Kleinanleger mehr als 30% des Handelsvolumens aus, wohingegen in Europa der Anteil in Europa nur etwa 5% beträgt«, erklärt Wolfsbein einen der Gründe dafür. Zudem seien die Handelsbeschränkungen in Europa viel strenger, weswegen es für Kleinanleger schwieriger wird, sich zusammenzuschliessen und gegen Leerverkäufer vorzugehen. Wolfsbein betont ausserdem die Gefahr von Meme Stocks: »Man sollte sich bewusst sein, dass es sich bei Meme Stocks nur um Spekulationen handelt und dass die Aktien sehr volatil sind. Die hohe Erwartungshaltung kommt ausschliesslich durch den Hype zustande, ohne fundamentalen Hintergrund.« Die Kurse können eben auch sehr schnell fallen – oder steigen. (Freedom Finance/mc)