Moody’s senkt Portugal-Anleihen auf «Ramsch»

Pedro Passos Coelho

Pedro Passos Coelho, portugiesischer Ministerpräsident.

London – Nach Griechenland steht jetzt auch Portugals Kreditwürdigkeit auf Ramschniveau. Die Ratingagentur Moody’s reduzierte die Note des Landes am Dienstagabend gleich um vier Stufen von «Baa1» auf «Ba2». Es drohen weitere Herabstufungen, da der Ausblick «negativ» bleibt.

Begründet wurde die Herabstufung vor allem mit der geplanten Beteiligung privater Gläubiger an der Griechenlandhilfe. Ab der Note «Ba1» spricht Moody’s von «substanziellen Kreditrisiken». Die Reaktionen an den Anleihen- und Devisenmärkten fielen stark aus. Bei Standard & Poor’s und Fitch wird Portugal noch jeweils mit «BBB-» bewertet. Dies ist die letzte Note vor Ramsch-Niveau. Die Ratingagentur begründete die Herabstufung vor allem mit der geplanten Beteiligung privater Investoren an der Griechenlandhilfe. Moody’s hält es für wahrscheinlich, dass auch Portugal wie Griechenland ein zweites Hilfspaket braucht. Die dann drohende Beteiligung privater Investoren könnte aktuelle und potenzielle Anleger verschrecken.

Moody’s bezweifelt Erreichen der Haushaltsziele
Nach dem mit der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) ausgehandelten Programm soll Portugal bereits im Jahr 2013 wieder an die Anleihe-Märkte zurückkehren. Derzeit finanziert sich Portugal über den europäischen Rettungsmechanismus (EFSF). Das Volumen der Hilfe beläuft sich auf 78 Milliarden Euro. Moody’s bezweifelt, dass Portugal seine Ziele bei der Defizitsenkung wie geplant erreichen kann. Das Haushaltsdefizit soll von 9,1 Prozent im vergangenen Jahr auf 3,0 Prozent im Jahr 2013 sinken. Moody’s ist sich unsicher, ob Portugal die geplanten Einsparungen erzielen kann und die Steuereinnahmen wie geplant steigert.

Stabile Regierung als positiver Aspekt
Zudem könnte das Wirtschaftswachstum schwächer als erwartet ausfallen und das Bankensystem zusätzliche Unterstützung benötigen, heisst es weiter in der Begründung. Positiv erwähnt Moody’s lediglich, dass das Land nach den Wahlen eine stabile Regierung habe, die hinter dem Spar- und Reformpaket steht. Das portugiesische Finanzministerium kritisierte die Herabstufung. Moody’s ignoriere die kürzlich beschlossene zusätzliche Einkommensteuer. Zudem gebe es im Land einen breiten Konsens bei der Umsetzung des Spar- und Reformprogramms.

Mitte-Rechtsregierung plant weitergehende Reformen
Portugal hat seit einem Monat eine neue Mitte-Rechtsregierung. Sie will mit ihren Reformmassnahmen noch über das bisher beschlossene Programm hinausgehen. Die Devisenexperten der Commerzbank stimmen der Einschätzung von Moody’s grundsätzlich zu. «Es ist jetzt schon absehbar: Das Hickhack um weitere Hilfen, welches wir gerade im Fall Griechenlands erleben, könnte uns nächstes Jahr im Fall Portugals drohen», heisst es in einem Kommentar. «Die Schuldenkrise der Peripherieländer dürfte uns noch lange, lange beschäftigen.»

Herabstufung Portugals «systematisch»
Klaus Stabel, Finanzmarktexperte bei der Wertpapierhandelsbank ICF Kursmakler, stellt hingegen die Objektivität von Moody’s in Frage. «Dass Portugal sofort herabgestuft wird, nachdem sich die Lage in Griechenland nach der Bewilligung neuer Gelder entspannt hab, kann kaum ein Zufall sein. Die zeitliche Abfolge macht nachdenklich.» Portugal sei zuletzt «systematisch» herabgestuft worden. Zudem hat Moody’s unter seinen Aktionären Finanzmarktakteure wie die Anlagegesellschaft Berkshire Hathaway der US-Börsenlegende Warren Buffett. Eine unabhängige Bewertung von Finanzmarktrisiken dürfte so kaum möglich sein. Ein Gegengewicht in Europa würde daher laut Stabel durchaus Sinn machen.

EU-Kommission bedauert Entscheidung von Moody’s
Auch die EU-Kommission protestierte gegen die Aktion von Moody’s. «Das ist eine unglückselige Episode und wirft Fragen über das Verhalten der Ratingagenturen und deren Weitblick auf», sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn am Mittwoch in Brüssel. Die Kommission bedauere die Entscheidung von Moody’s. Die Rendite zehnjähriger portugiesischer Staatsanleihen erreichte am Mittwoch mit 11,590 Prozent einen Rekordstand seit der Euro-Einführung. Dies war ein Anstieg um 1,10 Prozentpunkte zum Vortag. Auch die zehnjährigen Anleihen Irlands stiegen deutlich an und kletterten um 0,61 Prozentpunkte auf 11,681 Prozent. Irland erhält wie Portugal Hilfe aus dem Rettungsmechanismus EFSF. Aber auch in Italien und Spanien stiegen die Risikoaufschläge.

Euro weiter unter Druck
Der Eurokurs geriet im Vormittagshandel weiter unter Druck. Im Tief fiel der Euro bis 1,4313 Dollar. «Die Entscheidung ist ein erneutes Störfeuer für den Euro», sagte Rainer Sartoris Devisenexperte beim Bankhaus HSBC Trinkaus. Eine nachhaltige Belastung für den Euro erwartet er allerdings nicht. Portugal hat sich trotzdem erfolgreich am Geldmarkt refinanziert. Bei einer rückläufigen Nachfrage legte die zu zahlende Rendite zu, wie aus Zahlen der nationalen Schuldenagentur hervorgeht. Insgesamt nahm Portugal mit einem dreimonatigen Papier 848 Millionen Euro auf. Die Papiere gelten allerdings als wenig riskant, da Portugal über diesen Zeitraum über den EFSF abgesichert ist. (awp/mc/ps/upd/ss)

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