New York / Moskau – Die Ratingagentur Moody’s hat wegen nicht fristgemäss beglichener Schulden bei internationalen Investoren einen Zahlungsausfall Russlands festgestellt. Konkret gehe es um Zinszahlungen zweier Staatsanleihen, die auch nach Ablauf einer Verzugsfrist von 30 Tagen nicht bei Gläubigern angekommen seien, teilte das US-Unternehmen am Montag (Ortszeit) in New York mit.
Russlands letzter Zahlungsausfall bei Auslandsschulden liegt über Hundert Jahre zurück. Das letzte Mal, dass das Land seine Rechnungen bei internationalen Gläubigern nicht beglich, war 1918 nach der bolschewistischen Revolution. Die letzte Staatsinsolvenz Russlands erfolgte 1998 durch Geldnöte im Zuge fallender Ölpreise und der Asienkrise, sie betraf damals aber nur die Binnenschulden in Rubel.
Keine eigentliche Pleite
Um eine Pleite im eigentlichen Sinne handelt es sich diesmal nicht. Russlands Staatskassen sind gut gefüllt, doch wegen der westlichen Sanktionen aufgrund des Kriegs gegen die Ukraine hat der Kreml Probleme, Schulden im Ausland zu begleichen. Dass die Zahlungen Moskaus wegen Sanktionen blockiert würden, sei «nicht unser Problem», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag laut Agentur Interfax.
Am Dienstag dann zeigte sich Peskow verwundert darüber, dass die Agentur Moody’s die Finanzsituation seines Landes überhaupt kommentiere: «Wenn wir es richtig verstehen, haben sie es abgelehnt, unser Land zu bewerten. Bedeutet das jetzt, dass Moody’s den Bewertungsprozess wieder aufgenommen hat?», fragte er. «Die Agentur sollte uns das wahrscheinlich erklären.»
Die Feststellung einer Staatspleite ist normalerweise ein Fall für die Ratingagenturen. Die drei grossen Bonitätswächter, zu denen Moody’s zählt, werden von Staaten und Kreditgebern bezahlt, um die Kreditwürdigkeit von Schuldnern zu beurteilen. Im Falle Russlands sind sie aber eigentlich aussen vor, da Sanktionen der Europäischen Union es ihnen verbieten, die Finanzlage zu bewerten.
Angesichts der bekannten Probleme aufgrund der Sanktionen kommt der Zahlungsausfall wenig überraschend. An den Finanzmärkten galt das Risiko schon seit Monaten als fest einkalkuliert und überschaubar. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgieva, bezeichnete das Engagement internationaler Banken in Russland bereits im März als «definitiv nicht systemrelevant». (awp/mc/ps)