München – Für die Versicherungsbranche waren die Waldbrände in Kalifornien im vergangenen Jahr einer Studie zufolge die schwersten Feuer aller Zeiten. Der weltgrösste Rückversicherer Munich Re bezifferte den gesamtwirtschaftlichen Schaden am Dienstag auf 24 Milliarden US-Dollar, ein Vielfaches der bei Feuern üblichen Summe. Davon waren 18 Milliarden Dollar versichert. Die Klimaforscher der Munich Re sehen darin ein Indiz für den Klimawandel.
Weltweit lagen die Schäden durch Naturkatastrophen der Studie zufolge 2018 bei 160 Milliarden Dollar und damit über dem inflationsbereinigten Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre, der bei 140 Milliarden Dollar lag. Mit 80 Milliarden Dollar war etwa die Hälfte der Schäden versichert. Diese Summe liegt etwa doppelt so hoch wie im Schnitt der vergangenen 30 Jahre, aber deutlich niedriger als im bisherigen Rekordjahr 2017.
Gesamtwirtschaftliche Schäden 2017 bei 350 Mrd USD
Da musste die Versicherungsbranche mit 140 Milliarden Dollar für Naturkatastrophen-Schäden geradestehen – vor allem wegen drei schwerer Hurrikane in den USA und der Karibik. Die gesamtwirtschaftlichen Schäden hatten sich 2017 sogar auf 350 Milliarden Dollar summiert.
Diesmal richteten neben Hurrikan «Michael» in den USA vor allem die Feuer in Kalifornien überraschend hohe Schäden an. «Diese Waldbrände waren ein neuer Schadenrekord, auch mit knapp 100 Todesopfern ein trauriger humanitärer Höchststand», sagte Ernst Rauch, Chef der Klimaforschungsabteilung, der Deutschen Presse-Agentur. Davor habe es in dem US-Bundesstaat bereits 2017 Rekordschäden durch Waldbrände gegeben. «Es gibt bei Naturkatastrophen immer wieder Ausreisser, aber zwei Jahre hintereinander ein Vielfaches der üblichen Schadensumme, das ist besonders auffällig.»
Die Schäden seien unter anderem deswegen so hoch, weil die Besiedlung der kalifornischen Bergregion weiterhin zunehme. «Aber das ist nicht die einzige Erklärung, es gibt meteorologische Auffälligkeiten.» Kalifornien zähle zu den Regionen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten überdurchschnittlich erwärmt hätten. «Nicht die Zahl der Brände hat zugenommen, sondern die betroffene Fläche. Es brennt mehr und schneller ab.»
Feuchtere Winter – trockenere Sommer
Ein ähnliches Muster ist nach Rauchs Worten in vielen Regionen der Welt zu beobachten, auch in Deutschland. «Die Winter sind insgesamt feuchter geworden und die Sommer trockener.» Deutschland sei 2018 mehr als zwei Grad wärmer gewesen als im langjährigen Durchschnitt. «In Deutschland nähern wir uns gewissermassen in einzelnen Jahren schon dem Zwei-Grad-Wert an, auf den die globale Erwärmung gemäss des Abkommens von Paris begrenzt werden soll», sagte der Geowissenschaftler.
Auch in Europa verursachten Dürre und Waldbrände 2018 hohe Schäden von 3,9 Milliarden Dollar, wovon aber nur ein kleiner Teil versichert war. «Europa und Nordamerika können sich an den Klimawandel relativ gut anpassen, aber 90 Prozent der Weltbevölkerung wohnen ausserhalb dieser beiden Regionen», sagte Rauch.
Die Wirbelsturmsaison 2018 war laut Munich Re ebenfalls ungewöhnlich – es gab über den Ozeanen der Nordhalbkugel mehr Stürme als üblich. Insgesamt verursachten Wirbelstürme weltweit Gesamtschäden von 56 Milliarden Dollar. Zurückgegangen ist jedoch die Zahl der Todesopfer: Im Schnitt kommen jährlich mehr als 50 000 Menschen ums Leben, im vergangenen Jahr waren es 10 400.
Verstärkte Anpassung an extreme Wetterereignisse
«Um den langfristig zu beobachtenden Trend höherer Schäden aus Naturkatastrophen global abzudämpfen, muss die Anpassungsfähigkeit an extreme Wetterereignisse zunehmen», sagte Rauch. «Das können beispielsweise Bauvorschriften sein oder eine vorausschauende Landnutzung. Es macht einfach keinen Sinn, in ausgewiesene Überschwemmungsgebiete hinein zu bauen. In Kalifornien müsste mit scharfem Auge darauf geschaut werden, wo gesiedelt wird.»
Die Munich Re dokumentiert seit den siebziger Jahren Naturkatastrophen weltweit, da dies für die Versicherungsbranche von Bedeutung ist. Denn die Unternehmen kalkulieren ihre Beitragssätze auf Grundlage der Daten der Vergangenheit. Die Expertise der Münchner Fachleute ist auf vielen internationalen Tagungen gefragt. (awp/mc/ps)