Bern – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) bekräftigt ihre Geldpolitik, wie sie seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses gilt, und bleibt unverändert expansiv. Sie passt allerdings die Wortwahl zum Franken an. Diesen bezeichnet sie nun als «hoch bewertet» statt «deutlich überbewertet». Analysten messen diesem Schritt keine allzu hohe Bedeutung zu.
Die grosse Überraschung ist ausgeblieben. Konkret bestätigten die obersten Währungshüter nach der neusten Lagebeurteilung ihre Negativzinspolitik. Sie beliessen den Zins auf SNB-Sichteinlagen bei -0,75% sowie das Zielband für den Dreimonats-Libor bei -1,25% bis -0,25%. Gleichzeitig sei die SNB bei Bedarf weiterhin am Devisenmarkt aktiv, wobei die gesamte Währungssituation berücksichtigt werde, hiess es am Donnerstag.
«Die Inflation ist immer noch sehr tief, die Produktionskapazitäten sind nicht voll ausgelastet und die Zinsdifferenz zu Anlagen im Ausland sind immer noch sehr gering», begründete SNB-Präsident Thomas Jordan den Entscheid gegenüber dem Schweizer Fernsehen. «Wir müssen mit unserer Geldpolitik weiterfahren», folgerte er.
Ein solcher Entscheid war im Vorfeld erwartet worden. Ökonomen hatten auf die Situation in der Eurozone verwiesen: Solange die EZB die Zinsen nicht anhebe, könne dies die SNB auch nicht tun. Denn bei einem solchen autonomen Schritt würden die Schweizer Nationalbanker eine starke Aufwertung des Frankens zum Euro riskieren. Es sei aus diesem Grund gut möglich, dass ein erster Zinsschritt nicht vor Ende 2019 erfolge, kommentierten nun die Experten von Capital Economics.
Situation bleibt fragil
Eine kleine Überraschung gab es nach der Lagebeurteilung gleichwohl. So schwächte die SNB ihre Wortwahl mit Blick auf die Wechselkurse ab. Der Schweizer Franken sei «weiterhin hoch bewertet», so die Notenbanker. Zuletzt war stets von einem «deutlich überbewerteten» Franken die Rede gewesen. Die Wechselkursentwicklung habe zu einem «gewissen Abbau der deutlichen Überbewertung des Frankens» beigetragen, hiess es.
Seit der letzten Lagebeurteilung von Mitte Juni hat sich der Franken gegenüber dem Euro tatsächlich abgeschwächt. Notierte der EUR/CHF-Kurs damals bei knapp 1,09, steht er aktuell bei gut 1,15. Zum Dollar hingegen gewann der Franken seit Mitte Juni etwas an Wert. «Wir haben eine sehr fragile Situation am Devisenmarkt», betonte Jordan allerdings. «Wir müssen jetzt auch einmal abwarten, wie nachhaltig diese Entwicklung ist.»
Ökonomen wollten die neue Wortwahl denn auch nicht überbewerten. Die jüngste Devisenmarktentwicklung sei auf eine Euro-Stärke und nicht etwa auf eine Franken-Schwäche zurückzuführen, schrieben die Ökonomen der VP Bank. Die Brexit-Verhandlungen, die Demonstrationen in Frankreich gegen die Arbeitsmarktreformen und die italienischen Parlamentswahlen im Frühjahr 2018 mahnten zur Vorsicht. «SNB-Präsident Thomas Jordan sollte sich nicht zu sehr in Sicherheit wiegen», so der Kommentar weiter. Die vorsichtige Wortwahl lasse erahnen, dass er sich dessen bewusst sei.
Am Devisenmarkt bewirkte die abgeschwächte Wortwahl keine Stärkung des Frankens. Im Gegenteil legte der Kurs des Euro im Hoch bis auf 1,1531 CHF zu, nachdem er zuvor bei 1,1440 CHF gelegen hatte.
Tiefere BIP-Prognose
Bezüglich Konjunkturentwicklung ist die SNB nun etwas zurückhaltender und erwartet für 2017 neu ein Wachstum des realen Bruttoinlandprodukte (BIP) von «knapp 1,0%» nach zuletzt prognostizierten «rund 1,5%». Begründet wird dies mit der «schwachen BIP-Dynamik» Ende 2016 und Anfang 2017. Die Schweizer Wirtschaft befinde sich jedoch weiterhin auf einem moderaten Erholungskurs, so die SNB weiter.
Die Inflationsprognosen wurden gegenüber Juni hingegen nur leicht angepasst, was mit der Wechselkursentwicklung begründet wurde. Für 2017 und 2018 wird die Inflation jetzt bei je +0,4% (bisher: je +0,3%) gesehen, für 2019 bei +1,1% (bisher: +1,0%). (awp/mc/pg)