Widerstandskraft des europäischen Bankensystems erneut auf dem Prüfstand.
Düsseldorf – Beim neuen Stresstest für Banken kommt einem Zeitungsbericht zufolge auch die Refinanzierung der Institute auf den Prüfstand. Erstmals werde die Europäischen Bankenaufsicht (EBA) die Auswirkungen steigender Zinsen auf die Refinanzierung der Geldhäuser überprüfen.
Dies berichtet das «Handelsblatt» (HB/Dienstagausgabe) unter Berufung auf Informationen der EBA an die Banken. Bankvorstände in ganz Europa seien vom EBA-Chef Andrea Enria für Freitag zu einer Telefon-Konferenz eingeladen worden, um Details zum Stresstest zu diskutieren. Mit dem Stresstest wollen die Aufseher überprüfen, wie gross die Widerstandskraft des europäischen Bankensystems und der einzelnen Kreditinstitute gegen externe Schocks ist. Es ist der zweite Anlauf, nachdem ein erster Stresstest im vergangenen Sommer nicht für das nötige Vertrauen am Markt gesorgt hat.
Zwei volkswirtschaftliche Szenarien
Die EBA will mit Hilfe des Tests der Zeitung zufolge zwei volkswirtschaftliche Szenarien durchspielen. Unter anderem werde ein Rückgang der Wirtschaftsleistung in der Eurozone im laufenden Jahr von 0,5 Prozent simuliert. Zudem werde in diesem Szenario ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2012 um 0,2 Prozent und ein Einbruch am Immobilienmarkt angenommen. Für die Banken habe dieses Szenario negative Auswirkungen auf ihre Wertpapierbestände im Handelsbuch, hiess es weiter. Dies sei auf das kurzfristige Halten der Papiere abgestellt, und auf die Mittelbeschaffung an den Kapitalmärkten. Unterstellt werde von der EBA im Krisenszenario für das erste Quartal 2011 ein durchschnittlicher Anstieg der langfristigen Renditen bei Staatsanleihen im Euro-Raum um 75 Basispunkte und um 66 Basispunkte in der gesamten EU.
Unterschiedlich hohe Hair-Cuts
Dabei würden die Aufseher unterschiedlich hohe Bewertungsabschläge (Hair-Cuts) unterstellen, um die Bewertung einzelner Staatsanleihen abzubilden. Die Aktienkurse in Europa würden im Krisenszenario um 15 Prozent fallen, hiess es weiter. Auch würden wachsende Spannungen am Geldmarkt angenommen, die zu einem Anstieg der Zinsen für kurzfristige Ausleihungen der Banken untereinander um 125 Basispunkte führe. Das Bankbuch, in dem die Kreditinstitute den Grossteil ihrer Anlagen bis zur Endfälligkeit halten, werde auch dieses Mal nicht mit den verschärften Massstäben geprüft, hiess es weiter. Im zweiten Bankenstress-Test sollen 88 europäische Institute getestet werden. Im ersten Test waren es 91. Mit den getesteten Banken seien der EBA zufolge rund 65 Prozent des Bankensystems abgedeckt. (awp/mc/ps)