Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker.
Brüssel – Der neue Krisenfonds der Euro-Länder soll erheblich mehr an klamme Eurostaaten ausleihen können als der derzeitige Rettungsfonds EFSF. Geplant sei ein Umfang von 500 Milliarden Euro, sagte der Vorsitzende der Finanzminister des Eurogebiets, Jean-Claude Juncker, am Montagabend nach Beratungen in Brüssel.
Der neue Krisenmechanismus ESM soll von 2013 an dauerhaft eingerichtet werden, dafür wird auch der EU-Vertrag ergänzt. Der derzeitige Rettungsfonds hat zwar einen Umfang von 440 Milliarden Euro; es können wegen hoher Sicherheitsleistungen aber nur bis zu 250 Milliarden Euro an Eurostaaten in Finanzklemmen ausgeliehen werden.
Mit dem neuen Rettungsfonds für angeschlagene Euro-Länder wird Deutschland stärker belastet als bisher. Die Euro-Finanzminister verständigten sich darauf, den dauerhaften Krisenfonds von 2013 an mit 500 Milliarden Euro auszustatten. Damit könnte doppelt soviel Geld ausgeliehen werden wie zurzeit. «Natürlich wird insgesamt unser Beitrag noch ein Stück höher werden müssen», sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Dienstag nach Beratungen mit seinen Amtskollegen in Brüssel. Für den zeitlich begrenzten Rettungsfonds EFSF steht Berlin derzeit als grösstes Euroland mit Garantien von bis zu 148 Milliarden Euro gerade.
Äufnung des Fonds noch offen
Nach Auskunft mehrerer Ressortchefs ist bisher nicht entschieden, wie der neue Fonds verstärkt wird. Denkbar sind höhere Garantiesummen in Milliardenhöhe, aber auch Bareinzahlungen, um die nötigen Reserven bereitzustellen. Der neue Fonds für Wackelkandidaten wie Griechenland oder Portugal soll eine eigenständige Finanzinstitution sein. Der dauerhafte Fonds ist Teil eines Gesamtpakets zur Euro-Absicherung. Dies wollen die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel Ende März in Brüssel endgültig unter Dach und Fach bringen.
Luft für Kassenhüter
Die Kassenhüter haben bei ihren Reformen Luft, weil der Druck der Finanzmärkte auf Krisenstaaten etwas nachgelassen hat. Portugal muss aber für seine langfristigen Anleihen weiterhin hohe Risikoaufschläge an Investoren berappen. Die Vor-Vereinbarung für den dauerhaften Krisenmechanismus ist als ein Signal an die Märkte gemeint, dass die EU die Euro-Stabilisierung ernst nimmt. Österreichs Finanzminister Josef Pröll sagte, falls das Signal ankomme, sei «der Druck auch weg», beim zeitlich befristeten Rettungsfonds EFSF rasch zu handeln. Es war im Gespräch gewesen, diesen Fonds kurzfristig auszuweiten, damit möglicherweise Portugal oder Spanien unter den Schirm schlüpfen könnten.
Gesetzesvorschläge zur Stärkung des Stabilitätspakts
Die Ressortchefs debattierten über sechs Gesetzesvorschläge zur Stärkung des Euro-Stabilitätspakts und der europäischen Wirtschaftsaufsicht. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte: «Für mich ist das der Dreh- und Angelpunkt wirtschaftspolitischer Steuerung». Damit sollen Defizitsünder schneller und härter bestraft werden. Ein Vorstoss Deutschlands und Frankreichs zu einer europäischen Wirtschaftsregierung stiess bei der Konferenz insbesondere bei kleineren Ländern auf Widerstand. Pröll sprach ironisch von einer «Ideensammlung». Er fügte hinzu: «Es gab gestern den deutlichen Appell: Wenn man zu zweit vorangeht im Europa der 27, dann darf man die anderen nicht vergessen.» Eine Grundsatzeinigung zu den Gesetzen soll im März stehen. Der ungarische Finanzminister György Matolcsy, der die Verhandlungen leitete, berichtete über Fortschritte, es gebe aber noch offene Fragen. Dazu gehören bezifferte Vorgaben zum Abbau von staatlichen Schuldenbergen.
ESM soll EFSF ablösen
Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) soll von 2013 an den bisherigen Rettungsfonds EFSF ablösen. Dann soll die gesamte Summe zur Unterstützung finanziell angeschlagener Euro-Staaten bereitstehen. «Die 500 Milliarden sollen natürlich als 500 Milliarden zur Verfügung stehen und nicht als 250 Milliarden», sagte Schäuble. Der derzeitige Fonds EFSF hat zwar ein Volumen von 440 Milliarden Euro, wegen hoher Sicherheitsleistungen können aber nur bis zu 250 Milliarden Euro ausgezahlt werden. Bisher bekommt nur Irland Hilfen aus dem Fonds. Die Ressortchefs verhandelten ohne konkrete Ergebnisse über eine Reform der vor sechs Jahren eingeführten grenzüberschreitenden Zinsbesteuerung in Europa, die die Steuerflucht eindämmen soll. (awp/mc/ps)