Neuer Weltbank-Chef warnt vor globaler Rezession
Jim Yong Kim, neuer Weltbank-Chef. (Copyright: Dartmouth College)
Washington / Madrid – Die Euro-Schuldenkrise könnte sich nach Ansicht der Weltbank zu einer tiefen weltweiten Rezession ausweiten. Bei seinem ersten grossen Auftritt warnte der neue Weltbankchef Jim Yong Kim – wie auch der IWF – eindringlich vor den Gefahren, die von den Turbulenzen in der Eurozone ausgehen. Sein Appell: Die Europäer müssten endlich entschlossen handeln.
Begleitet von massiven Protesten beschloss das spanische Parlament am Donnerstag ein bis zu 65 Milliarden Euro schweres Sparpaket. Dennoch werden dem Euro-Krisenland bei der Schuldenaufnahme weiter hohe Zinsen abverlangt. Selbst die geplanten Finanzhilfen für den angeschlagenen Bankensektor zeigen bislang keine Wirkung. Nach der Bundestagsentscheidung wollten die Euro-Finanzminister an diesem Freitag das Hilfspaket für die spanischen Banken bewilligen.
Eurokrise könnte Weltwirtschaft in Rezession stürzen
Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) forderten die EU-Staaten erneut auf, die Krise in den Griff zu bekommen. Weltbank-Chef Kim warnte, selbst wenn es gelingen sollte, das Schuldenproblem in der Eurozone einzudämmen, könne es zu einem Wachstumseinbruch in den meisten Regionen der Welt um bis zu 1,5 Prozent führen. Eine grosse Krise in Europa könnte sogar zu einem Wirtschaftseinbruch in den Entwicklungsländern um vier oder mehr Prozent führen und dadurch eine weltweite Rezession auslösen.
«Um es ganz krass zu sagen, was gegenwärtig in Europa geschieht, wirkt sich auch auf den Fischer im Senegal und den Softwareprogrammierer in Indien aus», warnte Kim. «Deshalb ist es dringend notwendig, dass die europäischen Staaten alles Notwendige unternehmen, um die Stabilität wieder herzustellen.» Der Amerikaner war Anfang Juli als Präsident der internationalen Finanzeinrichtung in Washington angetreten.
IWF: Teufelskreis schwacher Banken und knapper Kassen
Zuvor hatte bereits der IWF gewarnt, dass es der Eurozone nach wie vor an «grundlegenden Werkzeugen» fehle, um den Teufelskreis von schwachen Banken und knappen öffentlichen Kassen zu durchbrechen. Um für Krisen frühzeitig gewappnet zu sein, will der IWF künftig die Finanzpolitik seiner Mitgliedsländer schärfer überwachen. Angesichts der starken Vernetzung «ist es entscheidend, eine effektive Überwachung zu haben, um Risiken früh erkennen zu können und rechtzeitig Ratschläge zu geben», erklärte IWF-Chefin Christine Lagarde.
Spaniens wankende Banken sollen noch in diesem Monat die erste Finanzspritze von 30 Milliarden Euro erhalten. Die Euro-Finanzminister wollen an diesem Freitag bei einer Telefonkonferenz endgültig das Hilfsprogramm für den Bankensektor billigen. Die Eurogruppe hatte pauschal bis zu 100 Milliarden Euro zugesagt – wie hoch der genaue Betrag ausfällt, ist noch offen. Zuerst muss eine genaue Überprüfung abgewartet werden.
Spanien: Keine Entspannung an den Finanzmärkten
Das spanische Parlament beschloss am Donnerstag ein bis zu 65 Milliarden Euro schweres Sparpaket der Regierung. Die Opposition stimmte geschlossen dagegen. Das Sparpaket ist bereits das vierte innerhalb eines halben Jahres. Es enthält unter anderem eine kräftige Anhebung der Mehrwertsteuer, eine Kürzung des Arbeitslosengeldes und die Abschaffung des Weihnachtsgeldes für Staatsbedienstete. Die Gewerkschaften hatten zu Demonstrationen in ganz Spanien aufgerufen, um am Tag der Entscheidung gegen die Sparpolitik zu protestieren.
Keine Entspannung ist für Spanien auf den Finanzmärkten in Sicht. Madrid gelang es am Donnerstag nur zu deutlich höheren Zinsen, Staatsanleihen mit Laufzeiten von zwei, fünf und sieben Jahren zu platzieren. Die zu zahlenden Renditen bewegten sich dabei zwischen 5,2 und 6,7 Prozent. So hohe Zinsen müssen im Währungsraum nur sehr wenige Staaten zahlen. Am Vortag kletterte die Rendite der richtungsweisenden 10-jährigen Anleihen sogar auf fast 7 Prozent, eine derart hohe Verzinsung ist nach Ansicht von Experten auf Dauer nicht zu stemmen. (awp/mc/ps)