Neuer Zeitplan soll Griechenland-Pleite verhindern
EU-Währungskommissar Olli Rehn.
Brüssel – Mit einem neuen Zeitplan wollen die EU und die Euro-Partner die drohende Staatspleite Griechenlands abwenden. Zunächst soll die Auszahlung der im Juli fälligen nächsten Hilfszahlung von 12 Milliarden Euro an Athen gesichert werden. Diesen Beschluss erwartet EU-Währungskommissar Olli Rehn vom Krisentreffen der Euro-Finanzminister am Sonntag und Montag in Luxemburg.
Ein neues Rettungspaket mit der von Deutschland geforderten, aber bisher noch heftig umstrittenen Beteiligung privater Geldgeber könnte später folgen. Erst am 11. Juli solle von den Ressortchefs über zusätzliche Griechenland-Hilfen entschieden werden: «Damit vermeiden wir das Szenario eines Zahlungsausfalls (default)…», sagte der Finne in Brüssel. Ein endgültiger Beschluss ist nach Angaben aus Verhandlungskreisen auch erst im September möglich – vor der nächsten Kredittranche an Athen. Für den von Berlin erhofften Kompromiss zur Beteiligung von Banken bestünde dann mehr Zeit.
USA über Engagement europäischer Banken besorgt
Mit Sorge beobachten die Amerikaner, was in Europa vor sich geht. Sie sei nicht nur über die Kreditwürdigkeit einiger Staaten besorgt und über das Engagement der Banken in diesem System, sagte die Chefin der staatlichen US-Einlagensicherung FDIC, Sheila Bair, in einem Redetext für eine Kongressanhörung in Washington. Europas Kreditinstitute entschieden überdies nach eigenem Gutdünken, wie viel Kapital sie für den Krisenfall vorhalten müssten, und die Vertreter wichtiger europäischer Regierungen liessen sie letztlich gewähren.
Sarkozy fordert Kompromiss auf EU-Ebene
Einen Tag vor seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel verlangte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy einen Kompromiss auf EU-Ebene. Nur auf diese Weise liesse sich die Stabilität des Euros gewährleisten, sagte er nach einem Bericht der französischen Nachrichtenagentur AFP in Paris. «Ich rufe alle dazu auf, Verantwortung und Kompromissbereitschaft zu zeigen», sagte Sarkozy. Er verstehe, dass jedes Land seine Interessen verteidige, aber letztlich komme es auf eine einheitliche Haltung an, fügte er hinzu. Frankreich hat sich bislang gegen eine Umschuldung unter Beteiligung privater Investoren ausgesprochen.
Entscheid über zweites Hilfspaket frühestens im Juli
Auf Basis von Eckpunkten für ein zweites Hilfspaket könnte die Anfang Juli fällige Hilfszahlung aus dem aktuellen Hilfsprogramm des Internationalem Währungsfonds (IWF) und der Euro-Partner an Athen ausgezahlt werden. Denn dann wäre hinreichend gesichert, dass das griechische Programm – wie vom IWF gefordert – für ein Jahr durchfinanziert sei. Ein endgültiger Beschluss über das zweite Hilfspaket für Athen könnte dann später fallen, hiess es in Berlin. Dies könnte bis zur Auszahlung der nächsten, im September anstehenden Hilfstranche aus dem laufenden 110-Milliarden-Euro-Rettungspaket der Fall sein. Nach Angaben von Rehn wird am Sonntag und Montag auch über das neue Programm debattiert, das einen Umfang von bis zu 120 Milliarden Euro haben könnte. Entschieden werden solle aber erst im Juli.
Beteiligung privater Geldgeber: Konsens zeichnet sich ab
Der Streit dreht sich um die Beteiligung privater Geldgeber an einem zweiten Hilfspaket. Nach Darstellung der Bundesregierung gibt es darüber grundsätzlich Konsens. Umstritten seien aber das Wie und die Details einer Privatbeteiligung. Berlin pocht darauf, dass sie substanziell, quantifizierbar, verlässlich und freiwillig ist. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte vorgeschlagen, private Geldgeber zu einem Zahlungsaufschub und zu einer Laufzeitverlängerung griechischer Staatsanleihen von sieben Jahren zu bewegen. Vor allem die Europäische Zentralbank (EZB), aber auch Frankreich hatten sich skeptisch zu diesem Vorstoss geäussert. In einem Überprüfungsbericht hatten EU-Kommission, EZB und IWF ein neues Hilfsprogramm gefordert, bevor die Kredittranche im Juli ausgezahlt wird. Darauf hatte vor allem der IWF gedrungen. Von einer allzu harten Linie rückte der Fonds offenbar ab. Der Sprecher Rehns sagte, es gebe in dieser Frage eine enge Abstimmung mit dem IWF.
Rehn ruft Griechenlands Parteien zu Einigkeit auf
Mit der Auszahlung der Juli-Tranche wäre Griechenland zunächst bis September abgesichert. Rehn sagte: «Ich rufe alle Entscheidungsträger in der EU, und insbesondere die Euro-Finanzminister am nächsten Sonntag auf, die verbleibenden Meinungsunterschiede zu überwinden und zu einer verantwortungsvollen Entscheidung an diesem kritischen Punkt zu kommen.» Rehn forderte zum wiederholten Mal die politischen Parteien in Griechenland auf, an einem Strang zu ziehen. «Es ist bedauerlich, dass die Bemühungen, eine nationale Einheit zu schmieden, gestern scheiterten.» Die Anstrengung, eine Pleite zu vermeiden, müsse die Sache aller politischen Kräfte sein. «Die nächsten Tage werden entscheidend sein für die Finanzstabilität und die wirtschaftliche Erholung in Griechenland und in Europa», erklärte Rehn. (awp/mc/ss/upd/ps)