Notenbanken grosser Schwellenländer stemmen sich gegen Währungsverfall

Notenbanken grosser Schwellenländer stemmen sich gegen Währungsverfall

(Foto: Maria Adelaide Silva – Fotolia.com)

Brasilia – Die Notenbanken grosser Schwellenländer gehen zunehmend gegen die ausgeprägte Schwäche ihrer Währungen vor. Die Zentralbank der grössten lateinamerikanischen Volkswirtschaft Brasilien erhöhte ihren Leitzins am Donnerstag um 0,5 Punkte auf 9,0 Prozent. Es ist bereits die vierte Zinserhöhung in diesem Jahr. Die Zentralbank der drittgrössten asiatischen Volkswirtschaft Indien kündigte an, den staatlichen Ölimporteuren Devisentauschgeschäfte (Swaps) in US-Dollar anzubieten, um deren Dollar-Nachfrage zu befriedigen. Und die indonesische Notenbank erhöhte am Donnerstag ihren Leitzins in einer ausserplanmässigen Sitzung von 6,5 auf 7,0 Prozent.

Viele Notenbanken aufstrebender Länder befinden sich derzeit in der Zwickmühle: Zur Stützung ihrer Landeswährungen, die seit Wochen unter Druck stehen, müssten sie eigentlich Zinserhöhungen vornehmen, um damit ausländische Anleger anzulocken. Zudem leiden viele Schwellenländer unter einer hohen Inflation, was ebenfalls für eine straffere Geldpolitik spricht. Höhere Leitzinsen verteuern jedoch Unternehmens- und Verbraucherkredite und stellen so eine Belastung für die ohnehin schwache Konjunktur dar.

Brasilien: Zusätzliche Zinserhöhungen möglich
Trotz wirtschaftlicher Abkühlung stellte die brasilianische Notenbank am Donnerstag sogar zusätzliche Zinserhöhungen in Aussicht. Sie begründete den Kurs mit der hohen Inflation im Land. Bereits in der vergangenen Woche hatte die Zentralbank zusätzliche Devisentauschgeschäfte und Kreditlinien in Dollar aufgelegt, um dem Verfall des Real Einhalt zu gebieten. Die Währung Brasiliens zählt zu den schwächsten Währungen im laufenden Jahr.

Mögliche geldpolitische Wende in den USA belastet indische Rupie
Noch schlechter steht es um die indische Rupie, die seit Jahresbeginn zum Dollar um mehr als zwanzig Prozent abgewertet hat. Grösster Belastungsfaktor ist die für dieses Jahr erwartete geldpolitische Wende in den USA, die nicht nur in Indien zu einem massiven Kapitalabfluss geführt hat. Jüngst wurde die Lage durch die sich zuspitzende Syrien-Krise verschärft. Für Länder wie Indien, die stark auf Güterimporte wie insbesondere Energie angewiesen sind, stellt eine schwache Währung eine starke Belastung dar. Deswegen greift die indische Notenbank nun den staatlichen Ölunternehmen mit Dollar-Tauschgeschäften unter die Arme.

Indonesien leidet unter hoher Inflation und konjunktureller Abkühlung
Die grösste Überraschung hielt am Donnerstag die Notenbank Indonesiens parat. Nach einer Notsitzung erhöhte sie ihren Leitzins zum dritten Mal in diesem Jahr. Auch Indonesien leidet unter einer hohen Inflation sowie konjunktureller Abkühlung und einer schwachen Landeswährung. Gegenwärtig liegt die indonesische Rupiah zum Dollar auf dem tiefsten Stand seit vier Jahren. Eine schwache Währung heizt die Inflation über teurere Importe zusätzlich an.

Massive Wechselkursschwankungen
Wie stark die Währungen grosser Schwellenländer Südostasiens derzeit einem Spielball der Finanzmärkte gleichen, zeigte sich in den letzten zwei Tagen: Nach massiven Verlusten der indischen Rupie am Mittwoch gab es am Donnerstag starke Kursgewinne. Am frühen Nachmittag stieg die Rupie zum amerikanischen Dollar um knapp 3,4 Prozent auf 66,6 Rupien je Dollar. Das war der stärkste Tagesgewinn seit über 25 Jahren. Ganz anders hatte sich die Lage noch zur Wochenmitte dargestellt, als die indische Währung zum Dollar so stark einbrach wie seit zwanzig Jahren nicht mehr. Auch die indonesische Rupiah legte am Donnerstag zu. (awp/mc/pg)

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