Milliardenfusion unter US-Börsen: Rohstoffbörse kauft NYSE
NYSE Euronext an der Wall Street in New York.
New York – Knapp ein Jahr nach der geplatzten Börsenhochzeit von Frankfurt und New York will die Rohstoffbörse IntercontinentalExchange (ICE) den US-Börsenbetreiber NYSE Euronext für rund 8,2 Milliarden US-Dollar übernehmen. Die Verwaltungsräte beider Unternehmen hätten die Offerte von 33,12 US-Dollar je Aktie einstimmig angenommen, teilten ICE und NYSE Euronext am Donnerstag gemeinsam mit. Das wäre ein Aufschlag von knapp 38 Prozent im Vergleich zum Schlusskurs der Aktie am Vortag. Vorbörslich sprang die NYSE Euronext-Aktie um mehr als ein Drittel nach oben.
Die Aktionäre der NYSE Euronext sollen Geld und Aktien von ICE erhalten. Bezahlt werden soll der Zukauf mit einer Kombination aus Barmitteln und bestehenden Krediten. Wenn alles glatt geht, soll die Übernahme im ersten Halbjahr 2013 unter Dach und Fach sein. Im Anschluss erwägt ICE einen Börsengang für den europäischen Teil der NYSE Euronext. Jedoch, nur wenn die Marktbedingungen und die Wettbewerbshüter es zulassen.
ICE kommt nun statt der Deutschen Börse zum Zug
Aus dem Zusammenschluss sollen sich ab dem zweiten Jahr Synergien von 450 Millionen Dollar ergeben. Die Marke NYSE Euronext werde erhalten bleiben. Künftig werde es zwei Hauptverwaltungen geben, eine in Atlanta und eine in New York. Der NYSE-Euronext-Chef Duncan Niederauer soll weiterhin Chef der Sparte bleiben und neben dem ICE Vorstandschef Jeffrey Sprecher Präsident des Unternehmens werden.
Stimmen die Wettbewerbsbehörden und Aktionäre zu, käme ICE bei NYSE Euronext im zweiten Anlauf zum Zug. Im Mai vergangenen Jahres hatte ICE – damals zusammen mit der Technologiebörse Nasdaq – durch eine Gegenofferte für Störfeuer bei den Fusionsplänen der Deutschen Börse gesorgt. Die beiden US-Betreiber hatten damals mehr als elf Milliarden US-Dollar geboten. Letztlich scheiterte die Megafusion der Börsen von Frankfurt und New York im Februar dieses Jahres aber am Veto der Brüsseler Wettbewerbshüter.
Fusion sorgt für Fantasie
Eine Übernahme von NYSE Euronext ermöglicht ICE den Zugang zum Terminmarkt. Immerhin betreibt NYSE Euronext auch die Terminbörse Liffe in London. Die NYSE Euronext unterhält, gemessen am Wert der Notierungen, in den USA, Frankreich und den Niederlanden die grössten Börsen. Eine Fusion mit der zweitgrössten Terminbörse unterstreicht laut Beobachtern sowohl die wachsende Bedeutung von Derivaten als auch den abnehmenden Einfluss der seit 220 Jahren bestehenden NYSE.
Analysten äusserten sich zuversichtlich über ein Zusammengehen der beiden US-Marktplatzbetreiber. «Diese Transaktion dürfte deutlich einfacher sein als einige der früheren Pläne wie etwa der Zusammenschluss zwischen NYSE und Nasdaq», kommentierte etwa ein Experte. Analyst Frank Schneider von Alpha Wertpapierhandel sieht in einem Zusammenschluss ein Signal: «Eine mögliche Fusion zwischen NYSE und ICE dürfte die Fantasie für weitere Konsolidierung im Börsensektor neu entfachen.» (awp/mc/ps)