St. Gallen – Das Anlagejahr 2022 dürfte bei den Vorsorgeeinrichtungen durchschnittliche Negativrenditen zwischen 11 und 12 Prozent hinterlassen. Neben den finanziellen Themen sind 2023 auch wieder neue bzw. geänderte gesetzliche Bestimmungen zu beachten. Der Artikel gibt ein Update zur BVG-Reform 21 sowie eine Zusammenfassung wichtiger Neuerungen.
BVG-Reform 21
Schwerpunkt der BVG-Reform 21 ist nach wie vor Angestellte mit tiefen Löhnen oder Teilzeitpensen besser zu stellen.
Nachdem der Nationalrat die Vorlage als Erstrat am 8. Dezember 2021 beraten hat, hat der Ständerat die Reform in der Wintersession 2022 behandelt. Anfang Februar ist nun die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats in der Differenzbereinigung zur BVG-Reform in den zentralen Punkten den Beschlüssen des Ständerats gefolgt:
- Senkung der Eintrittsschwelle um einen Fünftel
- Sparbeginn verbleibt bei 25 Jahren
- Reduktion des Koordinationsabzugs auf die Hälfte
- Kompensationsmassnahmen für die Senkung des Umwandlungssatzes gemäss Konzept des Ständerats
Das Geschäft kann nun wieder in der Frühjahressession des Nationalrats behandelt werden.
Neues Datenschutzgesetz ab 1. September 2023
Um den veränderten technologischen und gesellschaftlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen, werden per 1. September 2023 das neue Datenschutzgesetz (DSG) und die Ausführungsbestimmungen in Kraft gesetzt. Ab dann gelten Vorsorgeeinrichtungen, die im obligatorischen Bereich gemäss Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge tätig sind, als «Bundesorgane» und haben strengere Vorschriften zu beachten. Eine Verletzung dieser Pflichten kann mit gegen die handelnden Personen gerichteten strafrechtlichen Sanktionen verbunden sein.
Bundesorgane müssen künftig:
- einen Datenschutzberater ernennen,
- ein Verzeichnis über die Bearbeitungstätigkeiten erstellen/führen und dieses beim Eidg. Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) einreichen,
- ein Konzept zur Aufbewahrung bzw. Löschung von Daten erstellen sowie technische und organisatorische Massnahmen zur Sicherstellung der Datensicherheit vorweisen können,
- Auftragsarbeiten vertraglich regeln,
- sicherstellen, dass die Vertragspartner den Datenschutz sowie eine angemessene Datensicherheit gewährleisten,
- Verletzungen der Datensicherheit melden,
- eine Datenschutzerklärung einführen,
- bis CHF 250’000 Busse für die Verletzung von Pflichten zahlen.
Offenlegung von Vergütungen
Per 1. Januar 2023 ist das neue Aktienrecht in Kraft getreten, dessen Änderungen auch Auswirkung auf Stiftungen haben. Gemäss Art. 84b ZGB muss der Stiftungsrat der Aufsichtsbehörde jährlich den Gesamtbetrag der ihm und der allfälligen Geschäftsleitung direkt oder indirekt ausgerichteten Vergütungen (im Sinne von Artikel 734a Abs. 2 OR) gesondert bekannt geben. Erstmals müssen die Vergütungen aus dem Jahr 2023 offengelegt werden. Die Art und Weise der Offenlegung wurde nicht geregelt. Sie ist nicht Bestandteil der Jahresrechnung. Wir empfehlen, diese Vergütungen im Zusammenhang mit der jährlichen Berichterstattung der Aufsichtsbehörde schriftlich zu melden. Es ist keine detaillierte Offenlegung notwendig, die Meldung des Gesamtbetrags genügt.
Erweiterte Stimmpflicht
Im Zusammenhang mit dem neuen Aktienrecht wurde auch die Stimmpflicht bei börsenkotierten schweizerischen Aktiengesellschaften in Artikel 71a/b BVG neu geregelt. Für folgende Anträge gilt eine Stimmpflicht:
- Wahl der Mitglieder des Verwaltungsrats, des Präsidenten des Verwaltungsrats, der Mitglieder des Vergütungsausschusses und des unabhängigen Stimmrechtsvertreters
- Statutenbestimmungen im Vergütungsbereich (Art. 626 Abs. 2 OR und Art. 732–735d OR)
Entspricht es dem Interesse der Versicherten, kann sich die Vorsorgeeinrichtung der Stimme enthalten. Die Grundsätze der Interessenwahrung sind in einem Reglement festzuhalten. Diesbezüglich ist die bisherige Regelung, die üblicherweise im Anlagereglement festgehalten ist, zu überprüfen und allenfalls anzupassen.
Die Vorsorgeeinrichtung hat in einem jährlichen Bericht offenzulegen, wie sie der Stimmpflicht nachgekommen ist. Dabei ist die Stimmenthaltung detailliert offenzulegen. Dasselbe gilt, wenn den Anträgen des Verwaltungsrats nicht gefolgt wurde.
AHV-Reform: Auswirkung auf Pensionskassen
Am 25. September 2022 hat die Schweizer Stimmbevölkerung die beiden Vorlagen zur AHV-Reform angenommen. Die wesentlichen Anpassungen sind:
- Referenzalter für Frauen neu bei 65 Jahren
- Flexibles Rentenalter von 63 bis 70 Jahren
- Rentenvorbezug/-aufschub bei 20 bis 80 Prozent in max. drei Schritten
Die Bestimmungen haben auch einen Einfluss auf die Pensionskassen. Neben dem Vorsorgereglement ist auch zu prüfen, wie sich diese auf die technische Buchhaltung, den Versicherungsausweis, allfällig weitere Dokumente sowie auf die internen Prozesse auswirken.
Fazit
Neben den finanziellen Themen müssen sich die Verantwortlichen einer Pensionskasse 2023 auch mit gesetzlichen Neuerungen auseinandersetzen. Die Reglemente sind auf Aktualität zu überprüfen. Insbesondere das neue Datenschutzgesetz, das bereits ab 1. September 2023 (ohne Übergangsfrist) gültig sein wird, wird für die eine oder andere Einrichtung einen nicht zu unterschätzenden Sondereffort bedeuten. Die praktische Umsetzung dürfte noch Fragen aufwerfen. Bei der AHV-Reform ist zu beachten, dass neben der Anpassung des Vorsorgereglements auch technische Anpassungen der PK-Software notwendig werden. (OBT/mc/ps)
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