Ökonomen warnen im Fall Griechenlands vor zu grossem Optimismus

Ökonomen warnen im Fall Griechenlands vor zu grossem Optimismus

Griechenlands Finanzminister Ioannis Stournaras.

Frankfurt / Athen – Nach der erfolgreichen Rückkehr Griechenlands an den Kapitalmarkt warnen Ökonomen vor zu grossem Optimismus. Zwar sei die erfolgreiche Anleiheemission Griechenlands «ein positives Zeichen, da es zeigt, dass an den Märkten Vertrauen in die Reformfähigkeit Griechenlands zurückkehrt», sagte Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise auf dpa-Anfrage. Aber Griechenland bleibe trotz beträchtlicher Fortschritte ein hoch verschuldetes Land, «das noch viele Hürden bis zur Bewältigung der Krise überwinden muss», betonte Heise. Auch Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem bremste zu optimistische Erwartungen.

Der Schuldenberg sei nach wie vor hoch, Griechenland profitiere noch von den niedrigen Zinsen der Hilfskredite der Euro-Partner, sagte Dijsselbloem am Rande der Tagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington. Ob Griechenland kein drittes Hilfsprogramm mehr benötige, könne derzeit noch nicht gesagt werden, Dazu sei es noch zu früh, dies werde man nach dem Sommer sehen.

Athen hatte am Donnerstag erstmals seit dem Hilferuf an die Euro-Partner 2010 wieder Geld von privaten Investoren einwerben können – mit drei Milliarden Euro sogar mehr als angepeilt.

Künftiger Kapitalbedarf kann nicht am Kapitalmarkt abgedeckt werden
«Es sollte auch nicht die Illusion aufkommen, dass Griechenland den zukünftigen Finanzierungsbedarf, der immer noch beträchtlich ist, am Kapitalmarkt abdecken kann», erklärte Allianz-Chefvolkswirt Heise. «Dazu sind die Zinsen, die dort gefordert werden, einfach zu hoch für den griechischen Staatshaushalt.» Griechenland mache bei der Sanierung seiner Staatsfinanzen auch deshalb Fortschritte, «weil die öffentlichen Gläubiger Griechenland mit Krediten zu extrem niedrigen Zinsen versorgt haben», befand Heise.

Die neue Staatsanleihe kommt Griechenland nach einem Bericht des «Spiegel» teuer zu stehen. Sie koste den griechischen Staat nach Berechnungen deutscher Regierungsexperten 105 Millionen Euro im Jahr mehr, als wenn er Mittel des europäischen Rettungsschirms ESM in Anspruch genommen hätte. Über die gesamte Laufzeit der Anleihe summierten sich die Mehrkosten auf deutlich über eine halbe Milliarde Euro. Denn auf die Anleihe muss Athen knapp 5 Prozent Zinsen zahlen, auf die ESM-Mittel nur rund 1,5 Prozent. An der Abhängigkeit von den internationalen Hilfsgeldern habe sich kaum etwas geändert: rund 80 Prozent der griechischen Staatsschulden liegen bei Europäischer Zentralbanke (EZB), IWF und Euro-Rettungsschirm. Ein Drittel der Anleihekäufer seien Hedgefonds gewesen.

«Eine Art Versicherung»
Auch Commerzbank -Chefvolkswirt Jörg Krämer bleibt skeptisch: «Die Renditen griechischer Staatsanleihen sind in den zurückliegenden Quartalen vor allem deshalb gesunken, weil die EZB im Sommer 2012 deutlich gemacht hatte, im Fall der Fälle Staatsanleihen der Krisenländer zu kaufen. Das ist eine Art Versicherung.» Die EZB hatte im Sommer 2012 versprochen, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Eurokrisenstaaten zu kaufen, um den Euro zu retten. Obwohl die Notenbank von diesem umstrittenen Programm bislang keinen Gebrauch machte, beruhigte allein die Ankündigung die Märkte.

«Die Rezession ist vorüber, die griechische Wirtschaft wächst wieder. Ausserdem hat Griechenland die Lohnexzesse der Boomjahre teilweise rückgängig gemacht», lobte Krämer. «Aber die Staatsverschuldung ist mit rund 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts viel zu hoch. Ausserdem sind die staatlichen Rahmenbedingungen für die Unternehmen so schlecht wie in vielen Entwicklungsländern.» Daten der Weltbank zufolge habe Griechenland auf diesem Gebiet seit Ausbruch der Staatsschuldenkrise kaum Fortschritte erzielt. (awp/mc/ps)

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