Ökonomen bewerten Euro-Gipfel verhalten

Ökonomen bewerten Euro-Gipfel verhalten

Rettungsschirm faktisch auf 440 Mrd Euro ausgedehnt.

Frankfurt am Main – Die Ergebnisse des Euro-Gipfels vom vergangenen Freitag sind bei Ökonomen auf verhaltenes Echo gestossen. Kritisiert wird vor allem, dass sich die Währungsunion ein gutes Stück in Richtung einer Haftungs- oder Transferunion angenähert hat.

An den europäischen Anleihemärkten sorgten die Beschlüsse unterdessen für starke Reaktionen. Die Risikoaufschläge für Staatsanleihen finanzschwacher Länder gingen kräftig zurück.

Rettungsschirm: Volumen auf 440 Mrd Euro ausgedehnt
Am Freitag hatten die Staats- und Regierungschefs des Euroraums in Brüssel weitreichende Entscheidungen für die künftige Ausgestaltung des Währungsraum getroffen. Neben einem Wettbewerbspakt wurde beschlossen, das faktische Volumen des Rettungsschirm für finanzschwache Euro-Länder auf 440 Milliarden Euro anzuheben. Zudem sollen die Zinszahlungen von angeschlagenen Ländern, die den Rettungsfonds in Anspruch nehmen, niedriger als bislang ausfallen. Auch der Zins für bereits gewährte Rettungskredite für Griechenland soll verringert und die Laufzeit der Kredite verlängert werden. Darüber hinaus soll der Rettungsfonds (ESFS bzw. ESM) Staatsanleihen am Primärmarkt kaufen dürfen.

«Haftungsunion»
Die Commerzbank sieht in den Beschlüssen einen weiteren Schritt in Richtung einer Transferunion. Dies gelte insbesondere für die Entscheidung, die Zinsen für Hilfskredite niedriger anzusetzen. «Die Zinsen werden subventioniert, damit Länder wie Griechenland und Irland ihre Schuldenlast tragen können», heisst es in einer Studie. Eine Umschuldung in diesen Ländern stehe weiterhin nicht auf der Tagesordnung. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) kritisiert in erster Linie den geplanten Staatsanleihenkauf durch den Rettungsfonds. «Diese Massnahme wurde zuvor in der Öffentlichkeit nicht diskutiert und kommt materiell der Einführung von Euro-Bonds mit gesamtschuldnerischer Haftung sehr nahe», heisst es in einer Studie. Insgesamt habe sich der Euroraum mit den neuen Entscheidungen einer «Haftungsunion» angenähert. Dies erkläre auch die Marktreaktion an den europäischen Rentenmärkten.

Märkte reagieren stark
An den Anleihemärkten waren die Risikoaufschläge für Staatstitel finanzschwacher Euro-Länder stark rückläufig. Kräftig gaben die Renditen vor allem in Griechenland, Irland und Portugal nach. Aber auch in Spanien und Italien sanken die Zinsen für Staatstitel deutlich. In Deutschland, das als wirtschaftsstärkstes Land einen Grossteil künftiger Hilfskredite schultern müsste, legten die Renditen indes deutlich zu. (awp/mc/ps)

Europäische Zentralbank (EZB)

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