Interview mit Eliane Albisser, Head of Product, Contovista
Was ist der aktuelle Stand der Umsetzung von Multibanking in der Schweiz?
Das Thema nimmt in der Schweiz im Rahmen der bLink-Plattform nun weiter Fahrt auf. Für die ersten Unternehmen, die auf dieser Basis Multibanking für Retail-Kund:innen anbieten wollen, ist die Produktionsaufnahme im November 2024 geplant. Diese «Friends & Family»-Phase betrifft sowohl Service User als auch Service Provider. Im Anschluss werden die Banken individuell mit ihrer Multibanking Markteinführung starten. Es ist zu erwarten, dass es Anfang 2025 losgehen wird.
Einige Finanzinstitute führen zurzeit auch noch Evaluations-Prozesse von Multibanking im Zusammenhang mit einem generellen neuen Ansatz für das Digital-Banking durch, oder sie befinden sich noch in der Ausschreibungsphase.
Was sind die Learnings und Herausforderungen in diesem Kontext?
Einige schweizerische Banken sind weiterhin verhalten, was die Umsetzung von Multibanking für Privatkund:innen angeht. Positiv ist, dass aktuell aber eine verstärkte Dynamik spürbar ist. Wenn der Markteintritt stattfindet und erste Angebote verfügbar sind, wird sich dieser Trend voraussichtlich noch deutlich beschleunigen. Bei vielen Kund:innen besteht jedenfalls Offenheit für solche Angebote. Und der potenzielle Markt ist gross: In der Schweiz haben über 70 % der Bankkund:innen mehrere Bankbeziehungen. Es herrschen allerdings auch hohe Ansprüche, etwa an die Qualität der User Experience.
Was ist der USP der Umsetzung mit Contovista, was macht die Multibanking-Lösung besonders?
Das Besondere an unserem Ansatz: Wir kombinieren Multibanking mit Value-Added-Services. Damit transformieren wir das Kundenerlebnis in einem vernetzten Banking-Ökosystem. Konkret bedeutet das: Mit dem Start von Multibanking wird im ersten Schritt für User:innen die Kontoaggregation verfügbar sein. Sie haben dadurch in ihrem Digital-Banking einen zentralen Zugriff auf Konten auch bei Fremdbanken. Die Bankkund:innen können mit unserem Multibanking ausserdem zukunftsweisende Features nutzen, etwa Tools für Budgets, Steuerabzüge oder einen Abo-Überblick – und das mit allen verbundenen Konten.
Finanzinstitute können sich mit Multibanking von Contovista auf eine sehr schnelle Implementierung verlassen. Man kann von einer Time-to-Market von drei bis vier Monaten ausgehen. Multibanking für Geschäftskund:innen bieten wir schon seit 2018 an. Wir haben dadurch bereits viel Erfahrung mit Multibanking gesammelt. Nun stehen wir auch mit Value-Added-Services für Retail-Multibanking bereit.
Die Lösungen von Contovista haben eine Reihe von Vorteilen. Sie lassen sich nahtlos in bestehende Digital-Banking Lösungen integrieren, was entscheidend für eine gute Akzeptanz durch die Endkund:innen ist. Ebenso wichtig ist die User Experience, die für uns absolute Priorität hat. Schliesslich stellt sie einen Haupttreiber für die Präferenzbildung der Kund:innen dar. Personalisierung, datengetriebene Interaktionen und Mehrwert-Features schaffen Anreize für ein höheres User Engagement – wir sprechen hier von möglichen Steigerungen um 70 % laut unseren Erfahrungen im Bereich der Geschäftskund:innen – und generieren damit mehr Kundenbindung und Umsatzchancen.
Was hebt Multibanking mit bLink gegenüber anderen Multibanking-Lösungen hervor?
Dank der API-basierten bLink-Plattform ist das Verknüpfen neuer Bankverbinden ohne Medienbrüche umsetzbar, völlig digital und ohne Papierunterlagen. Im Vergleich mit früheren Lösungen erlaubt das ein x-fach schnelleres Onboarding von Kund:innen. Auch das Onboarding neuer Drittbanken und anderer Anbieter verläuft mit bLink reibungslos und zügig, ohne dass dafür ein neuer Release nötig wäre. Die umfassenden Multibanking-Optionen und damit der Mehrwert für Endkund:innen und Banken stehen mit bLink sofort zur Verfügung.
Die Plattform ist zudem dank zentraler Governance und einheitlichen Standards extrem sicher. bLink hat im letzten Jahr viele neue Ökosystem-Partner und Banken gewonnen. Es herrscht wirklich eine positive Dynamik im Ökosystem, durch den Plattform-Effekt wird die Angebotsvielfalt auch weiter steigen.
Wagen wir einen Ausblick: Wo steht Open Finance in der Schweiz aus deiner Sicht in fünf Jahren? Wie geht es jetzt weiter?
Der komfortable Konto-Überblick dank Multibanking ist nur der erste Schritt in die Welt der Open Finance. In den kommenden Jahren werden weitere Features wie kontoübergreifende Überweisungen selbstverständlich. Zukünftig können Bankkund:innen über ihr Digital-Banking auch Versicherungen abschliessen oder ihre Altersvorsorge managen. Und nicht nur das: Zunehmend werden auch Angebote ausgerollt, die über reine Finanz-Themen hinausgehen. Dann können Nutzer:innen auch Reisen, Kinotickets oder Leihfahrzeuge direkt in ihrem Digital-Banking buchen – das ist dann das sogenannte “Beyond Banking”.
Viele zukunftsweisende Features sind schon konkret in Planung und weit in der Entwicklung vorangeschritten. Durch die API-basierte Bereitstellung werden solche Innovationen laufend bei den Banken integriert. So arbeiten wir bei Contovista darauf hin, dass neben den Vermögenswerten auch die Steuerabzüge automatisch in die Steuerplattform importiert werden können. Ausserdem könnten Nutzer:innen beispielsweise bald in der Lage sein, in Echtzeit zu ermitteln, ob ein Kredit für ihre Wunschimmobilie möglich ist. Die Einschätzung basiert auf Immobiliendaten sowie auf Informationen über Einkommens-, Vorsorge- und Vermögenssituation. Durch den nahtlosen, datengetriebenen Kreditabwicklungsprozess kann die Bank dann innerhalb kürzester Zeit eine Finanzierung gewähren.
Auch das Management von vorhandenen Darlehen wird deutlich verbessert. Wenn für eine anstehende Zins- und Amortisationszahlung nicht genügend Mittel auf einem bestimmten Bankkonto verfügbar sind, dann werden Kund:innen im Digital-Banking darüber automatisch benachrichtigt. Die App initiiert daraufhin je nach Kundenwunsch automatisch eine Überweisung vom hinterlegten Bankkonto einer anderen Bank, um die Zahlung durchzuführen.
Für Bankkund:innen ist der Mehrwert von Multibanking und Open Finance offensichtlich: Mit einem einzigen Login können sie so gut wie sämtliche Finanzgeschäfte erledigen – und noch viel mehr. Und für die Bank ist der Nutzen ebenso klar: Sie profiliert sich als Hauptbank, die nahe an den Kund:innen relevante persönliche Unterstützung bietet. Dadurch verteidigt sie die Kundenschnittstelle gegenüber Wettbewerbern, auch aus dem Bereich der Neobanken oder anderer neuer Anbieter. Das heisst: Die Bank generiert neue Umsatzpotenziale, setzt Wachstumsimpulse und sichert langfristig Ertragssteigerungen – auf der Basis zukunftsweisender Digitaltechnologie.