Pensionskassen leiden unter Marktturbulenzen
Zürich – Die Kursstürze an den Aktienmärkten im August und der starke Franken zehren an den finanziellen Polstern der Pensionskassen. Der durchschnittliche Deckungsgrad der Kassen ist im August auf 95% gegenüber noch 99% per Ende 2010 zurückgegangen, wie am Mittwoch an einem Mediengespräch zum Thema Pensionskassen in Zürich zu erfahren war.
Die nach der Finanzkrise teilweise wieder aufgebauten Schwankungsreserven seien bereits wieder aufgebraucht, sagte Swisscanto-CEO Gérard Fischer vor den Medien. Es gebe damit wieder mehr Kassen, die eine knappe Überdeckung oder eine leichte Unterdeckung aufwiesen. Angesichts der Langfristigkeit der Anlagen sei aber auch Panik nicht angebracht: «Insgesamt ist das Bild nicht erfreulich, aber kaum dramatisch.»
Deckungsgrade von 100 resp. 88,9 Prozent
Gemäss den Daten des Complementa Risiko Check-ups wiesen die privatrechtlichen Einrichtungen per Ende August 2011 einen Deckungsgrad von genau 100% (Ende 2010: 104,6%) und die öffentlich-rechtlichen Institutionen einen solchen von 88,9% (Ende 2010: 92,4%) auf. Die Daten basieren auf Angaben von 16% der Schweizer Pensionskassen, die insgesamt 72% der gesamten Bilanzsumme repräsentieren, wie Jeannette Leuch von der Complementa erläuterte.
Durchschnittliche Rendite von 2,9 Prozent
Die von den Kassen erwirtschafteten Vermögenserträge präsentierten sich im Jahr 2010 verhältnismässig gut. So betrug die durchschnittliche Rendite 2,9%. Damit konnten die Kassen den Benchmark um 0,1% übertreffen. Die Rendite sei durch eine gute Vermögensbewirtschaftung sowie durch den hohen Umfang an Währungsabsicherung zustande gekommen, sagte Leuch.
Senkung des technisches Zinssatzes drängt sich auf
Angesichts der dauerhaft tiefen Anlagerenditen in der Schweiz dürfte sich für die Pensionskassen mittelfristig eine Senkung ihres technischen Zinssatzes aufdrängen, der die durchschnittliche erwartete Rendite auf dem Vermögen für die nächsten 20 Jahre repräsentiert, wie Othmar Simeon von der Swisscanto Gruppe in einem Referat ausführte. Derzeit liege der technische Zins bei rund 3,5%. Die in den letzten zehn Jahren erzielte durchschnittliche Rendite lag dagegen mit rund 2,6% klar unter diesem Wert.
Vom technischen Zins hängt auch der Deckungsgrad der Pensionskassen ab. Denn je höher die erwartete Verzinsung, desto tiefer ist das notwendige Deckungskapital respektive umso höher ist der Deckungsgrad. Eine Senkung des technischen Zinssatzes auf 1,5% entspräche etwa einer Reduktion des durchschnittlichen Deckungsgrads um 9%, sagte Simeon.
Anpassung des Systems notwendig
Die langfristig tiefen Zinsen, aber auch die steigende Lebenserwartung machen nach Ansicht von Swisscanto-CEO Fischer Anpassungen des Systems notwendig. So müssten der Umwandlungssatz und der Mindestzins «an die Realität angepasst» werden: «Je länger solche Anpassungen auf die lange Bank geschoben werden, desto grösser wird der Anpassungsbedarf in Zukunft sein.»
Das heutige System mit dem Aufbau von Schwankungsreserven führe aber zu massiven Umverteilungen zwischen verschiedenen Jahrgängen, sagte Fischer. Er regte deshalb ein System an, in welchem Neurentner ihren Anteil am Kapital in Abhängigkeit der Lebenserwartung erhielten. Der Preis dafür sei allerdings eine Rente, die in Abhängigkeit der tatsächlich erzielten Renditen schwanke. «Mit einer ersten Säule, welche den minimalen Standard sicherstellt, liesse sich für die meisten eine gewisse Variabilität der zweiten Säule verkraften.» (awp/mc/pg)