Zürich – Die Schweizer Pensionskassen weisen im Jahr 2023 bisher eine positiv Bilanz aus. Eine Studie des Pensionskassenberaters Complementa deutet nach dem historisch schwachen Vorjahr auf eine deutliche Verbesserung hin. Gleichzeitig bleibt die Situation aber herausfordernd.
«Insbesondere durch die Erholung der Aktienmärkte steht im 2023 bisher wieder eine positive Rendite zu Buche», sagte Ueli Sutter von Complementa am Dienstag an einer Videokonferenz. Konkret verbuchten die Kapitalanlagen der Pensionskassen bis Ende August bisher eine Rendite von 3,7 Prozent.
Dies steht in starkem Kontrast zum Vorjahr: Im 2022 lag die durchschnittliche Rendite mit -9,0 Prozent so klar im Minus wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Angesichts des Ukraine-Kriegs und einem starken Anstieg von Inflation und Zinsen hätten die Vorsorgeeinrichtungen in den beiden wichtigsten Anlageklassen Aktien und Obligationen hohe Verluste erlitten, so Sutter.
Überdeckung dank Reserven
Dem Experten zufolge verdeutlichte das schwache Abschneiden an den Börsen die Notwendigkeit des Reserveaufbaus der letzten Jahre. Denn der durchschnittliche Deckungsgrad lag trotz des Rückgangs um 11,3 Prozentpunkten Ende 2022 mit 105,1 Prozent noch immer im positiven Bereich. Ohne die davor angelegten Reserven wäre es zu einer Unterdeckung gekommen, warnte Sutter.
Für das laufenden Jahr schätzt Complementa bis Ende August den Deckungsgrad mit 106,5 Prozent wieder etwas höher ein. Auch der Anteil von Kassen in Unterdeckung sank laut der Complementa-Studie in den ersten acht Monaten auf 4,5 Prozent. Im Vorjahr waren es noch 8,8 Prozent gewesen.
Renditeperspektive über Sollrendite
Gemäss den Complementa-Schätzungen müssen Pensionskassen aktuell eine Rendite von mindestens 1,9 Prozent erwirtschaften, um den Deckungsgrad konstant zu halten. Angesichts des heutigen Anlagemix dürfen die Vorsorgeeinrichtungen allerdings mit einer Rendite rechnen, die komfortabel über diesem Zielwert liegt, wie Andreas Rothacher von Complementa sagte.
Der Pensionskassenberater geht nämlich von einer Renditeperspektive von 3,3 Prozent aus. Gleichzeitig gibt Rothacher zu bedenken, dass bei einem längerfristig hohen Zinsniveau und einer erhöhten Inflation auch ein Anstieg der Sollrendite nicht auszuschliessen ist. Zudem gelte es nach den Rückschlägen in den Vorjahren wieder Reserven aufzubauen.
Immobilien-Anteil deutlich gestiegen
Die schwache Performance der Aktienmärkte im letzten Jahr führte zudem zu einer deutlichen Verschiebung im Anlagemix. So wurden 2022 bei den Immobilien mit einem Anteil von 24 Prozent ein neuer Höchststand gemessen. Mit der Erholung der Aktienmärkte dürfte der Immobilien-Anteil nun allerdings wieder von selber sinken.
Angesichts des sich verändernden Zinsumfelds rücken zudem Obligation wieder stärker ins Blickfeld der Pensionskassen. In den letzten Jahren hatte der Obligationen-Anteil aufgrund des tiefen Zinsniveaus stetig abgenommen. Nun könnte sich dies mit den wieder steigenden Zinsen aber wieder ändern. (awp/mc/ps)