Personalkarussell bei der US-Notenbank

Personalkarussell bei der US-Notenbank
Stanley Fischer tritt als stellvertretender Vorsitzender der Fed ab.

Washington – Bei der US-Notenbank Fed zeichnet sich ein Personalkarussell im obersten Führungszirkel ab. Vize-Chef Stanley Fischer hat überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Unterdessen hat Gary Cohn, der bisherige Lieblingskandidat von US-Präsident Donald Trump für den künftigen Fed-Chefposten, offenbar an Chancen verloren. Auch wegen der offenen Personalfragen steht nach vier Leitzinsanhebungen seit der Zinswende Ende 2015 der weitere geldpolitische Kurs in den Sternen.

Die Chancen von Trumps Wirtschaftsberater Gary Cohn, neuer US-Notenbankchef zu werden, sind offenbar geschrumpft. Eine Nominierung Cohns sei unwahrscheinlich geworden, berichtete das Wall Street Journal in der Nacht auf Donnerstag auf seiner Internetseite. Das Blatt beruft sich auf mehrere Personen, die mit der «Denkweise» von Trump vertraut seien. Cohn galt bislang als Top-Anwärter auf die Position der aktuellen Notenbankchefin Janet Yellen, deren Amtszeit im Februar 2018 ausläuft.

Trump lässt Kritik nicht auf sich sitzen
Trumps Umdenken sei vor allem der Kritik Cohns an der fehlenden Distanzierung des US-Präsidenten von den Ausschreitungen rechter Gewalttäter in Charlottesville geschuldet, berichtet die Zeitung. Eine Absage an Cohn könnte die Chancen Yellens auf eine zweite Amtszeit erhöhen. Es kursieren aber auch andere Namen als mögliche Nachfolger Yellens, darunter der bekannte Ökonomieprofessor John Taylor.

Trump-Kritiker tritt ab
Unterdessen räumt die Nummer zwei im Fed-Führungszirkel überraschend den Posten. Der stellvertretende Vorsitzende Stanley Fischer werde um den 13. Oktober herum seinen Posten verlassen, heisst es in einer am Mittwoch veröffentlichten Fed-Mitteilung. In einem Brief an US-Präsident Donald Trump erklärte der 73-Jährige seinen Rücktritt mit persönlichen Gründen. Zu einem möglichen Nachfolger wurden keine Angaben gemacht.

Fischer war seit Mai 2014 Mitglied der Fed und war vom damaligen Präsidenten Barack Obama ernannt worden. Zuvor war er Chef der israelischen Notenbank. Eigentlich hätte die Amtszeit von Fischer erst im Juni 2018 geendet. Der vorzeitige Rücktritt gibt Trump nun noch mehr Spielraum bei der Neubesetzung des Fed-Führungszirkels.

Künftiger Kurs unklar
Wie der US-Präsident diesen Spielraum nutzen wird, könnte den künftigen Kurs der Fed erheblich beeinflussen. Inhaltliche Differenzen gegenüber Trump haben sowohl Fischer als auch Yellen vor allem beim Thema Bankenregulierung. Trump will die in Reaktion auf die Finanzkrise verschärften Regeln wieder lockern. Die Notenbanker sind dagegen.

Nachdem Trump im zurückliegenden Wahlkampf Yellen auch für ihre lockere Geldpolitik harsch angegriffen hatte, sagte er zuletzt allerdings, dass er Niedrigzinsen möge. Kein Wunder: Halten sie doch die Konjunktur auf Trab und schwächen tendenziell den Dollar, den Trump für viel zu überbewertet hält.

Diese Woche hatte es von US-Notenbankern Signale gegen baldige weitere Zinsanhebungen gegeben. Die bisherigen Erhöhungen könnten der Wirtschaft bereits geschadet haben, sagte Fed-Mitglied Neel Kashkari. «Warum erhöhen wir also die Zinsen?» Auch seine Kollegin Lael Brainard mahnte zur Vorsicht.

Fed-Mitglied Robert Kaplan sagte dagegen, er könne sich dieses Jahr eine weitere Zinsanhebung vorstellen. Dies hänge jedoch von der Inflationsentwicklung ab. Laut dem am Mittwoch veröffentlichten Fed-Konjunkturbericht bleibt die US-Wirtschaft zwar weiter auf Wachstumskurs. Die Löhne steigen aber nur langsam. (awp/mc/pg)

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