von Patrick Gunti
Moneycab.com: Die «Verschoben»-Banner bei den Hallenstadion-Events lichten sich langsam. Wie zuversichtlich sind Sie, dass die Konzerte von Pegasus, Peter Maffay oder Elton John diesen Herbst auch tatsächlich stattfinden?
Philipp Musshafen: Die Zuversicht stirbt zuletzt… Und ja, wir sind verhalten zuversichtlich, dass diese Events stattfinden werden. Es ist nun abhängig vom Verlauf der «Corona-Lage» und auch von den Verhandlungen zum Schutzschirm. Die Veranstalter müssen nun mit Hochdruck diese Konzerte planen und das kostet sie Geld. Daher ist der Schutzschirm so enorm wichtig, doch leider sieht es so aus, dass die Erarbeitung der konkreten Bedingungen dafür beim Kanton Zürich noch bis Ende August dauern wird.
Wie sieht die Buchungssituation für das kommende Jahr mit all den Nachholkonzerten aus? Wird es zu einer Art «Dichtestress» kommen?
Die Buchungslage sieht wirklich gut aus ab 2022. Es ist aber enorm wichtig, dass wir nun in eine «Normalisierungsphase» kommen, damit die Veranstalter und wir wieder eine Planungssicherheit haben. In den zwei Jahren «nach Corona» wird es ein ansprechendes Programm sein im Hallenstadion mit vielen tollen Events. Darauf freuen wir uns sehr!
«Es ist enorm wichtig, dass wir nun in eine «Normalisierungsphase» kommen, damit die Veranstalter und wir wieder eine Planungssicherheit haben.»
Philipp Musshafen, CEO Hallenstadion AG
Wie bereiten Sie sich mit Ihrem Team auf die Wiederaufnahme der Event-Tätigkeit vor?
Noch sind die meisten Mitarbeiter in den Kurzarbeit. Wir beschäftigen uns nun aber immer mehr mit diesem Thema und wollen für uns einen schrittweisen Prozess aufstellen, wie wir das Team wieder in den normalen Geschäftsalltag integrieren können.
Welche Herausforderungen stellen sich Ihnen bei Veranstaltungen mit Covid-Zertifikat und allenfalls PCR-Tests?
Die grösste Herausforderung wird sein, wie wir den Einlass in einer, wenigstens einigermassen annehmbaren Zeit für den Besucher umsetzen können. Es wird viel mehr Mitarbeiter brauchen, welche die Zertifikate (online und offline) überprüfen, die ID checken, Unklarheiten und Fragen beantworten etc. Das muss gut geplant sein. Im Moment gehen wir davon aus, dass bei den sogenannten «GGG» Events im Hallenstadion keine Auflagen wie Maskenpflicht und Abstandsregeln eingehalten werden müssen. Daher ist zur Zeit der Einlass die grösste Herausforderung.
«Im Moment gehen wir davon aus, dass bei den sogenannten «GGG» Events im Hallenstadion keine Auflagen wie Maskenpflicht und Abstandsregeln eingehalten werden müssen.»
Denken Sie daran, im vergangenen Jahr entworfene, aber kaum angewandte Hygiene- und Schutzkonzepte beizubehalten?
Sie meinen, wenn es keine Vorgaben vom Bund oder Kanton mehr geben sollte? Ich könnte mir vorstellen, dass es, in einer Übergangsphase zumindest, Empfehlungen an die Gäste geben kann. Also z.B. die Empfehlung eine Maske zu tragen, speziell in der Grippezeit. Auch Möglichkeiten zur Desinfektion der Hände machen sicher auch in Zukunft Sinn.
Was wird überwiegen – der Nachholbedarf der Menschen, die endlich wieder Konzerte oder Sportveranstaltungen besuchen wollen, oder die Zurückhaltung und Vorsicht bezüglich grosser Menschenmassen?
Ich glaube, das hängt ganz von der Entwicklung der Coronazahlen ab. Es wird sicher Leute geben, die weiter ängstlich sein und erst mal abwarten werden, wie sich alles entwickelt. Aber ich bin auch hier zuversichtlich, dass wir bald wieder eine normale Lage haben werden.
Welche Erwartungen haben Sie hinsichtlich Corporate-Events? Wann werden diese wieder in Gang kommen?
Wir haben nun vermehrt wieder Anfragen für grössere Firmenevents. Ich erwarte, dass vor allem das Weihnachtsgeschäft in diesem Bereich zunehmen wird. Sicher noch nicht so wie 2019, aber es könnte gegen Q4 mit Corporate Events so langsam wieder vorwärts gehen. Das hängt allerdings sehr von den Firmeninternen Richtlinien ab.
2020 war für das Hallenstadion ein «annus horribilis». Der Umsatz brach gegenüber 2019 um 74% ein, der Verlust betrug über 2,5 Mio. Franken. Welche staatlichen Unterstützungen hat die Hallenstadion AG erhalten?
«Das Hallenstadion ist zwar nötig, damit grosse Kulturevents überhaupt stattfinden können, fällt aber bei den konkreten Unterstützungsmassnahmen leider und bis zu einem gewissen Grad auch unverständlich stets durch die Maschen.»
Wir haben von der Kurzarbeit und dem Entgegenkommen vieler unserer privaten Vertragspartner profitieren können. Dazu sind wir mit der Stadt und dem Kanton Zürich in Verhandlungen für moderate, langfristig ausgelegte Entlastungsmassnahmen, wie z.B. Senkungen des Baurechts- und Darlehenszins. Dies war deshalb unumgänglich, weil wir aufgrund der städtischen und kantonalen Beteiligung an der AG Hallenstadion keine Härtefallentschädigungen beantragen können. Leider bekommen wir auch aus dem Kulturfonds und aus dem Schutzschirm keine direkte Unterstützung. Das Hallenstadion ist zwar nötig, damit grosse Kulturevents überhaupt stattfinden können, fällt aber bei den konkreten Unterstützungsmassnahmen leider und bis zu einem gewissen Grad auch unverständlich stets durch die Maschen.
Lässt sich abschätzen, wie grosse der finanzielle Schaden im laufenden Jahr sein wird?
Das hängt von den Entwicklungen im Q3 und Q4 ab. Der Schaden ist aber enorm und wird so oder so grösser sein wie 2020. Den Löwenanteil davon müssen wir aus unserem Eigenkapital decken.
Die ZSC Lions bestreiten ab September – wenn alles klappt vor Zuschauern – ihre letzte Saison im Hallenstadion, ehe sie in ihre eigene Arena umziehen. Das bedeutet einen grossen Einschnitt. Welche Chancen bieten sich Ihnen gleichzeitig mit dem Auszug?
Das ist natürlich eine weitere strategische Herausforderung, welche auch schon ohne Corona sehr gross gewesen wäre. Nun kommt das alles zusammen. Wir verlieren mit diesem Auszug einiges an Umsatz und Besuchern, aber haben auch Chancen für die Zukunft. Wir sind so viel flexibler in unserem Datenkalender, haben in der starken Eventzeit mehr Daten für unsere Veranstalter zur Verfügung und können dann auch mehrtägige Eventformate im Winterhalbjahr durchführen. Das war bislang nur sehr schwer möglich, da ja etwa alle drei Tage ein Hockeyspiel war.
Letzte Frage: Welche Lehren ziehen Sie sich nach über einem Jahr aus der Pandemie? Einerseits für Ihr Unternehmen, andererseits für sich persönlich?
Es ist für ein Unternehmen enorm wichtig, dass es im Normalbetrieb gewisse Polster im Eigenkapitalbereich und den Reserven schaffen kann, also dass ein Anteil an «flüssigen Mitteln» vorhanden ist um eine solche Krise zu überstehen. Das hatte das Hallenstadion, dank meinem Vorgänger und dem Verwaltungsrat, zum Glück gehabt. Diese Reserven haben uns über die ersten Monate gebracht. Dazu konnten wir in den ersten Monaten von einer Pandemieversicherung profitieren. Diese gibt es logischerweise so nun nicht mehr. Wir mussten auch zur Kenntnis nehmen, dass die Geschwindigkeit gewisser politischer Prozesse nicht krisentauglich ist. Wir haben aber extrem viel gelernt in Sachen Teamführung, Homeoffice, Kommunikation mit Politik und den Medien, den Mitarbeitern, den Partnern und den Behörden, das werden wir nicht vergessen und das können wir für die Zukunft sicher weiter nutzen. Für mich persönlich, wissen Sie, ich habe im Januar 2020 diese Stelle angenommen und bin nach einer kurzen Einarbeitungsphase in diesen Krisenmodus gekommen. Es hat mich gelehrt, dass eben nicht alles immer planbar ist, dass man flexibel sein muss, noch flexibler wie sonst, und dass trotz allem die Zuversicht nicht abhanden kommt.
Herr Musshafen, herzlichen Dank für das Interview.