Bern – Postfinance ist nicht verpflichtet, für den russischen Investor Viktor Vekselberg ein Konto zu eröffnen. Das hat das bernische Handlesgericht entschieden und eine Klage Vekselbergs gegen das Schweizer Finanzinstitut abgewiesen.
Postfinance entstünde ein unverhältnismässiger Aufwand, wenn das Finanzinstitut für Vekselberg ein Konto führen müsste: Das schreibt das Gericht in seinem am Donnerstag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage zugestellten Urteil.
Wegen dieses unverhältnismässigen Aufwands sei es angebracht, Postfinance eine Ausnahme vom gesetzlichen Auftrag zu gewähren, eine Grundversorgung mit Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs sicherzustellen. Dieser Auftrag findet sich im eidgenössischen Postgesetz und der dazugehörigen Verordnung.
Vekselberg kann das Urteil des bernischen Handelsgerichts noch ans Bundesgericht weiterziehen.
Zuerst eröffnet, dann geschlossen
Mit Verweis auf den Grundversorgungsauftrag hatte Vekselberg im Februar des vergangenen Jahres eine Klage gegen Postfinance eingereicht. Wie aus dem Urteil hervorgeht, entsprach Postfinance im Oktober 2018 zuerst einer Bitte Vekselbergs um Eröffnung eines Kontos, schloss das Konto aber zwei Monate später wieder.
Postfinance begründete dies mit der Aussage, die Geschäftsstrategie passe nicht zu Vekselbergs Profil respektive Postfinance sehe sich ausserstande, alle Sorgfaltspflichten einzuhalten.
Hintergrund ist, dass die USA im April April 2018 Sanktionen gegen sieben Russen verhängten, darunter den in Zug wohnhaften Vekselberg. Washington wirft ihnen vor, sich an einer autoritären und gegen den Westen gerichteten Politik des Kremls zu bereichern.
Nach den Sanktionen reduzierte Vekselberg seine Beteiligung an Schweizer Industriekonzernen, damit diese den US-Sanktionen entgehen.
Mitte September dieses Jahres trafen sich die Anwälte Vekselbergs und von Postfinance vor dem bernischen Handelsgericht. Anlässlich dieser Hauptverhandlung versuchte das Gericht erfolglos, die Parteien zu einer Einigung zu bewegen.
Vekselbergs Anwalt sagte damals vor Gericht, Postfinance sei rechtlich verpflichtet, jeder Person mit Wohnsitz in der Schweiz ein Konto zur Verfügung zu stellen. Der Investor brauche ein Konto, um hier seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und beispielsweise Steuern zu bezahlen.
Die Anwältin von Postfinance verwies insbesondere auf einen Passus in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), der besagt, dass das Institut Kunden unter bestimmten Bedingungen ausschliessen kann. Dies dann, wenn nationale oder internationale Bestimmungen der Erbringung der Dienstleistungen widersprechen oder wenn schwerwiegende Rechts- und Reputationsschäden drohen.
Reputationsschaden droht nicht
Wie aus dem Urteil des Berner Handelsgerichts hervorgeht, hält dieses die Gefahr von schweren Rechts- oder Reputationsschäden für Postfinance im Fall einer Geschäftsbeziehung mit Vekselberg nicht für gegeben. Das Gericht glaubt auch nicht, dass Postfinance Sekundärsanktionen durch die US-Behörden drohen würden.
Aufgrund von Zeugenaussagen Mitte September schliesst das Gericht aber auf einen «mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unverhältnismässigen Aufwand» für Postfinance. Deshalb sei das Institut bezüglich Vekselberg von seinem Grundauftrag befreit. Ein Artikel in der Postverordnung stütze die Ausnahmebestimmung in den Postfinance-AGB.
Postfinance begrüsste am Donnerstag in einer Stellungnahme das Urteil. «Damit wir alle gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben einhalten können, ist es für uns wichtig, dass wir in begründeten Fällen trotz Grundversorgungsauftrag die Eröffnung und die Weiterführung eines Zahlungsverkehrskontos ablehnen können», schreibt das Institut. (awp/mc/ps)