Presse: Royal Bank of Scotland soll Kunden aus Eigeninteresse ruiniert haben

London – Die in der Finanzkrise notverstaatlichte Royal Bank of Scotland gerät erneut ins Zwielicht. Das mit Steuermilliarden gerettete Institut habe nach seinem eigenen Beinahe-Kollaps zahlreiche kleine und mittelständische Kunden absichtlich in den Ruin getrieben, um sich deren Vermögen billig anzueignen, berichteten die britische Rundfunkanstalt BBC und das Internetportal Buzzfeed am Montag unter Berufung auf ihnen zugespielte interne Dokumente.

Die Bank räumte am Montag ein, «einige» ihrer Kunden im Stich gelassen zu haben. «Nach der Finanzkrise haben wir nicht immer unsere hohen Standards erfüllt.» Der Konzern betonte aber, kein Unternehmen aus eigenen Geschäftsinteressen absichtlich in die Pleite geschickt zu haben. Dennoch verloren RBS-Aktien am Montag bis zum frühen Nachmittag fast zwei Prozent an Wert und waren damit schwächster Banktitel in Europa.

Den Berichten der beiden Recherchepartner zufolge soll die Bank rund 16’000 Firmen nach der Finanzkrise in ihre interne Abwicklungssparte geschoben haben. Nach aussen hin verkaufte die Bank die Arbeit der Sparte auch als Intensivstation für angeschlagene Unternehmen, denen sie mit einer Umschuldung wieder auf die Beine helfen wolle. Dabei sollen aber auch Firmen in die Sparte geschoben worden sein, die nie eine Kreditrate zu spät gezahlt haben. Dafür habe schon gereicht, dass diese Unternehmen mit einem Wechsel zur Konkurrenz geliebäugelt oder der Bank Fehler vorgeworfen hätten.

Boni für Drangsalierungen
Den Berichten zufolge sollen RBS-Banker sogar Boni bekommen haben, wenn sie den betroffenen Firmen teure Umschuldungsprogramme oder hohe Zusatzgebühren aufzwängten. Zudem soll die bankeigene Immobiliensparte über derart in die Insolvenz geratene Firmen informiert worden sein. Die Sparte habe diese Informationen zu ihrem eigenen Vorteil genutzt, um den zu Notverkäufen gedrängten Kunden dann billig Grundstücke abzukaufen.

RBS erklärte nun, ihren Kunden nie Vermögen unter Marktwert abgekauft zu haben. Sie verwies in einer Stellungnahme darauf, dass zwischen 2008 und 2013 zahlreiche ihrer Firmenkunden wegen der schwierigen Wirtschaftslage in Schwierigkeiten geraten seien und bei der Bank deshalb Kredite über mehr als zwei Milliarden Pfund ausgefallen seien. Seitdem habe die RBS einen Kulturwandel durchlaufen und sei nun eine «ganz andere Institution» geworden.

Die Royal Bank of Scotland hatte vor der Finanzkrise im Investmentbanking ein ganz grosses Rad gedreht. Dann musste sie vom britischen Steuerzahler mit mehr als 45 Milliarden Pfund gerettet werden. Damit wollte die Regierung auch verhindern, dass die Bank als wichtiger Partner der britischen Wirtschaft ausfällt. Von den Folgen der Krise hat sich die Bank bis heute nicht erholt und schreibt immer noch rote Zahlen. Der britische Staat ist weiter mit 73 Prozent an der RBS beteiligt. (awp/mc/ps)

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