Eine von vielen Baustellen der Privatbanken: Aufhebung des steuerlichen Bankgeheimnisses.
Bern – Die Schweizer Privatbanken stehen derzeit vor vielen Baustellen. Da sind das US-Steuerprogramm und die Aufhebung des steuerlichen Bankgeheimnisses. Auch mit dem am Mittwoch gefallenen «Nicht-Entscheid» der EU bezüglich des Marktzugangs für Drittstaaten zeigen sie sich nur bedingt zufrieden.
«Der gestrige Entschluss der EU ist weniger negativ ausgefallen als wir befürchten mussten», sagte Christoph Gloor, Präsident der Vereinigung Schweizerischer Privatbanken, an einer Medienkonferenz des Verbandes am Donnerstag in Bern. Allerdings sei man nach wie vor weit von einem zufriedenstellenden Zustand entfernt, sagte er. Der Entscheid der EU vom Mittwoch zu deren Finanzmarktrichtlinien (MiFID II) betrifft den Zugang von Drittstaaten – zu welchen auch die Schweiz gehört – zum EU-Markt.
Die Unterhändler der EU-Mitgliedstaaten und des EU-Parlaments beschlossen, auf die Einführung einer EU-weit geltenden Regelung zu verzichten und den Marktzugang für Finanzdienstleister in der Kompetenz der einzelnen Mitgliedstaaten zu belassen. Ursprünglich war diskutiert worden, einen «Filialzwang» einzuführen. Das hätte bedeutet, dass Schweizer Banken in jedem EU-Land, in dem sie Privatkunden betreuen, eine Zweigniederlassung hätten installieren müssen. Auch eine zweite weniger weit gehende einheitliche Lösung stand zur Diskussion.
Diskriminierung befürchtet
Die Schweizer Finanzdienstleister hatten befürchtet, beim grenzüberschreitenden Privatkundengeschäft diskriminiert zu werden, sofern eine dieser beiden Varianten angenommen worden wäre. Dass die Privatbanken trotz Ablehnung dieser beiden Vorschläge nach wie vor nicht zufrieden sind, begründete Verbandspräsident Gloor mit den gegenwärtig sehr unterschiedlichen Regelungen der EU-Länder über den Marktzugang. «Einen französischen Kunden dürfen wir beispielsweise nicht am Telefon beraten», erklärte Gloor. Er müsse für jedes Gespräch extra in die Schweiz anreisen.
Die Frage des Marktzugangs sei wesentlich, sagte Gloor. «Wenn unser Land dieses Dossier vernachlässigt und von der Idee ausgeht, dass die Schweizer Banken ihre europäischen Kunden weiterhin problemlos von Zürich, Genf Basel oder Lugano aus bedienen können, ist das eine Illusion», sagte Gloor.
«Weit gefasste Rechtsauslegung»
Eine weitere Herausforderung der Branche stellt das US-Steuerprogramm dar, das auch beim Privatbanken-Verband naturgemäss wenig Gefallen fand. «Mir ist kein Fall bekannt, in dem eine Schweizer Bank bei der Betreuung von US-Kunden Schweizer Recht gebrochen hätte», sagte Gloor gleich nach der Begrüssung. Vielmehr habe man es mit einer sehr weit gefassten extraterritorialen Rechtsauslegung zu tun.
Dennoch bezeichnete er die Möglichkeit zur Vergangenheitsbewältigung als positiven Aspekt des Programms. Als negative Punkte nannte er die Bussen, die sehr hoch ausfallen könnten, sowie die Starrheit des Programms. Ein negativer Punkt sei zudem der Aufwand, der das Programm den Banken der Kategorie 2 verursache.
Dagegen dürfte der am Mittwoch bekanntgegebene Rücktritt von Finma-Chef Patrick Raaflaub bei den Banken eher ein Grund zur Freude sein. Darauf angesprochen, reagiert Gloor unbestimmt und dennoch unmissverständlich: «Von einer Aufsichtsbehörde erwarten wir Regulierungen mit Augenmass. Sie soll die Wettbewerbsfähigkeit nicht aus den Augen verlieren und sich dem Dialog mit den Beaufsichtigten nicht verweigern», sagte Gloor. (awp/mc/ps)