Privatbanken von Frankenstärke betroffen
Boris Collardi, VAV-Präsident und CEO der Privatbank Julius Bär. (Bild: Julius Bär)
Bern – Die Auswirkungen des SNB-Entscheids zur Aufhebung des Euro-Mindestkurses machen auch den Schweizer Vermögensverwaltern zu schaffen. Das Private Banking weise schliesslich alle Merkmale einer «klassischen Exportindustrie» auf, sagte der Präsident der Vereinigung Schweizerischer Asset Manager und Vermögensverwalter VAV, Boris Collardi, am Donnerstag an einem Mediengespräch in Bern.
Die Kosten-Ertrags-Struktur der Branche sei «sehr ähnlich wie jene typischer Exporteure in der Maschinen-, Uhren- oder Tourismusindustrie», betonte der VAV-Präsident und CEO der Privatbank Julius Bär. Die Mehrheit der Private Banking-Kunden sei im Ausland ansässig und werde aus der Schweiz betreut. Die «schockartige Frankenaufwertung» nach dem SNB-Entscheid habe das Geschäft empfindlich getroffen: «Von Mitte Januar bis Ende 2015 konnte ein Kontraktionseffekt um rund 6% sowohl bei den verwalteten Vermögen als auch bei den damit verbundenen Bruttoerträgen beobachtet werden.»
Dazu komme der Effekt der Negativzinsen, von dem «etliche Privatbanken» betroffen sind. Diesen Effekt wollte Collardi allerdings nicht beziffern. Der Betroffenheitsgrad hänge stark vom «Geschäftsmodell, vom Diversifikationsgrad der Kundendepots mit Fremdwährungen sowie vom Einsatzmass im Kreditgeschäft» ab.
Zugang zum EU-Absatzmarkt
Die Vermögensverwaltungsbranche fordert laut den Ausführung Collardis von der Politik nun vor allem einen ungehinderten Marktzugang zu den wichtigsten Absatzmärkten – vor allem zum wichtigsten Handelspartner EU. Insgesamt habe die Branche 2014 grenzüberschreitende Vermögen von rund 2,4 Bio CHF verwaltet – von diesen wiederum rund 40% aus Westeuropa. «Ein wirtschaftspolitischer Alleingang gegenüber der EU ist deshalb für die Schweiz keine Option.»
Sorgen bereite nicht zuletzt die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative – denn von einem Wegfall der Personenfreizügigkeit wäre die Branche «unmittelbar und massiv betroffen», so Collardi. «Starre Regeln beziehungsweise Kontingente sind sicherlich nicht der richtige Ansatz.» Zudem solle der Volkswille so umgesetzt werden, dass er das bilaterale Beziehungsgeflecht mit der EU nicht gefährde.
Bei den Verhandlungen um den Marktzugang der Schweizer Finanzinstitute im Ausland seien zudem möglichst bilateral mit strategisch wichtigen EU-Ländern Abkommen zu schliessen, die einen gesonderten Marktzugang erlaubten. «Mit Deutschland war kürzlich ein Abschluss möglich.» Bei der Schweizer Gesetzgebung wünsche sich die Branche eine Finanzregulierung möglichst äquivalent zu den Richtlinien der EU – unerwünscht sei allerdings ein weitergehender «Swiss Finish».
Plädoyer für Schweizer «Steueramnestie»
Bezüglich der Bankgeheimnis-Initiative des SVP-Nationalrats und Bankiers Thomas Matter geben sich die Vermögensverwalter neutral – dies im Gegensatz zur ablehnenden Haltung der Schweizerischen Bankiervereinigung (Swissbanking). Das Ergebnis der Matter-Initiative werde auf jeden Fall richtungsweisend für das Steuersystem sein, habe der Bundesrat doch die Reform der Verrechnungssteuer und des Steuerstrafrechts im Vorfeld der Abstimmung zurückgestellt, sagte der Präsident der Vereinigung der Schweizerischen Privatbanken (VSPB), Yves Mirabaud. «Unser Sektor wird mit beiden möglichen Ausgängen zurechtkommen.»
Mirabaud sprach sich beim Übergang in eine «neue» und steuertransparentere Welt gleichzeitig für eine «Steueramnestie» in der Schweiz aus. Es sei gerechtfertigt, den Steuerzahlern «eine einfache und attraktive Möglichkeit zur Bereinigung ihrer Situation zu bieten, wie es unsere Nachbarländer getan haben», sagte der Genfer Bankier. So könnte etwa die Verjährungsfrist während eines bestimmten Zeitraums auf weniger als 10 Jahre verkürzt werden.
Branchenkonsolidierung dürfte weitergehen
Fortsetzen dürfte sich derweil die Konsolidierung in der Branche, nachdem rund 80% der Kategorie II-Banken den Steuerstreit mit den USA bereinigt hätten, sagte Collardi auf eine entsprechende Frage. Er betonte allerdings, dass sich zwar die Zahl der Privatbanken in den letzten Jahren vermindert habe, nicht aber die Summe der in der Schweiz verwalteten Vermögen – zudem sei die Zahl der Mitarbeitenden in der Branche stabil geblieben. (awp/mc/pg)
Vereinigung Schweizerischer Asset Manager und Vermögensverwalter VAV