Zürich – Die Private-Banking-Industrie in der Schweiz befindet sich im Umbruch. Zwar können die Schweizer Institute nach wie vor auf ihre traditionellen Alleinstellungsmerkmale wie Sicherheit, Stabilität, Vertrauen und Tradition setzen. Auch ist es den Banken gelungen, den aussergewöhnlichen Boomzyklus der Wirtschaft in den letzten Jahren für sich zu nutzen. Dennoch hat sich die Ertragssituation im Schweizer Private Banking deutlich zugespitzt. So hat die Kombination aus konstant fallenden Bruttomargen und einem «teuren» Wachstum der Kundenvermögen, das mit gleichlaufenden Kostensteigerungen einhergeht, inzwischen zu einer im Durchschnitt kritischen Profitabilität der Institute geführt. Dies ist das zentrale Ergebnis der aktuell veröffentlichten Schweizer Private Banking Study von zeb.
Die Strategie- und Managementberatung, spezialisiert auf die Beratung von Unternehmen der Financial-Services-Industrie, hat in den letzten Monaten den Private-Banking-Sektor in der Schweiz intensiv untersucht und analysiert, welche Herausforderungen sich für die Zukunft ergeben und wie Banken diesen gegensteuern können.
Brutto- und Ergebnismargen sinken weiter
Wie die Studie im Einzelnen ergab, sind die Assets under Management (AuM) im Schweizer Private Banking trotz Konsolidierung in den vergangenen fünf Jahren um rund 3.2 % pro Jahr gewachsen, wovon allerdings nur wenige Institute überproportional profitieren konnten. Beim untersuchten Bankensample von 24 Instituten sind rund 70 % des gesteigerten Kundenvermögens der letzten Jahre auf M&A oder Marktperformance zurückzuführen. Das eigentliche Net New Money, also die reine Vertriebsleistung der Banken, fiel vergleichsweise gering aus.
Die Profitabilität der Privatbanken geriet damit stark unter Druck. Mittlerweile ist die Bruttomarge im Schweizer Private-Banking-Markt auf rund 82 bps gesunken. Ein Grund hierfür war das weitere Abschmelzen bzw. vollständige Auflösen des „Offshore-Premiums“. Auch konnten trotz steigender AuM kaum Skaleneffekte realisiert werden, was in einer proportional mitwachsenden Kostenbasis resultierte. Insgesamt wiesen die untersuchten Institute eine durchschnittliche Ergebnismarge von rund 20 bps auf – aus Sicht von zeb ein kritischer Wert. Eine Abhängigkeit des Margenverfalls von der Grösse der Institute konnte die Studie nicht belegen.
Betrachtet man die strukturelle Marktentwicklung, zeigt sich, dass die Konsolidierung der Schweizer Private-Banking-Industrie weiter anhält: So ist die Zahl Privatbanken im Zehnjahresvergleich um 30 % Prozent von 186 auf 130 Institute geschrumpft. 39 der 56 geschlossenen Banken sind der Bankengruppe der „ausländisch beherrschten“ Institute zuzurechnen.
Ausblick – Weiter wie bisher ist keine Lösung
zeb hat im Rahmen einer Szenariorechnung analysiert, wie „wetterfest“ die aktuellen Geschäftsmodelle im Schweizer Private Banking sind. Basierend auf einem Sample von 24 Banken, die ca. 40 % der AuM des gesamten Markts repräsentieren, wurde der Einfluss von drei potenziell realistisch erwartbaren Zukunftsszenarien auf die Ergebnissituation der Banken abgeschätzt. Die Studienautoren legten dabei eine statische Fortschreibung der PB-Aktivitäten ohne sofortiges Gegensteuern durch gezielte Massnahmen zugrunde.
Szenarioannahmen für Simulation bis 2021:
- Szenario 0 – „Fortschreibung der aktuellen Entwicklung“: Weitere Steigerung von AuM (+6.3 % p. a.) und Kostensteigerungen fast im Gleichschritt (+5 % p. a.). Gleichzeitig weiteres Absinken der Bruttomargen auf 76 bps im Jahre 2021.
- Szenario 1 – „Positives Szenario“: Steigerung der AuM (+5 % p. a.) vor allem getrieben durch Vertriebsleistungen und dadurch geringere Kostensteigerung (+2 % p. a.), Stabilisierung der Bruttomarge auf aktuellem Niveau.
- Szenario 2 – „Negatives Szenario“: Einbruch der AuM (-2 % p. a.), eingeschränkte Möglichkeiten zum Kostensparen (+-0 %) und weiteres Absinken der Bruttomargen auf 75 bps bis 2021.
Bei allen drei Szenarien wurde ein negativer Einmaleffekt von 2 bps auf die Ergebnismarge aufgrund FIDLEG/MiFID II berücksichtigt. Die Resultate der Simulationen zeigen, dass die Ergebnismarge bei Fortschreibung der aktuellen Entwicklung (Szenario 0) im Jahre 2021 im Durchschnitt bei 17 bps läge. Damit wären fünf Banken nicht mehr profitabel, weitere 15 Banken lägen unter dem kritischen Wert von 20 bps. Diese Rechnung verdeutlicht, dass ein Festhalten an aktuellen Geschäfts- und Organisationsmodellen keine nachhaltige Lösung für die Zukunft sein kann. Im „positiv“ gerechneten Szenario 1 lägen zwar mehr als die Hälfte der Ergebnisse im „gesunden“ Bereich. Dennoch würden auch hier zwei Institute unprofitabel arbeiten. Bei Zugrundelegung des Negativszenarios würde kein Institut im „gesunden“ Bereich verbleiben. Rund die Hälfte der Samplebanken wäre in einer Krisensituation unprofitabel, die andere Hälfte läge im kritischen Bereich.
Heinz Rubin, geschäftsführender Partner zeb: «Die diesjährige Studie verdeutlicht, dass trotz insgesamt freundlicher wirtschaftlicher Rahmenbedingungen die Ergebnisse der Banken auf einer zerbrechlichen Basis stehen. Ohne Einleiten wirkungsvoller Gegenmassnahmen wird sich der Konsolidierungsprozess im Private Banking in der Schweiz unvermindert fortsetzen. Manager vieler Banken sind gefordert, ihre Visionen für das Private Banking in der Schweiz neu zu skizzieren und darauf ausgerichtet das Business- und Operating Modell anzupassen. Ein ‘Weiter wie bisher’ ist für die meisten Private-Banking-Anbieter keine Option.»
Axel Sarnitz, Partner und Leiter der Practice Group Private Banking bei zeb: «Schweizer Banken besitzen gute Voraussetzungen, um sich international im Private Banking zu behaupten – der Standort Schweiz ist und bleibt für Privatanleger attraktiv. Das heisst jedoch nicht, dass alles so bleiben kann wie bisher. Aus unserer Sicht werden 2021 vor allem jene Institute erfolgreich sein, denen es gelingt, ihre Vertriebsleistung über einen tatsächlichen Mehrwert für Kunden zu steigern. Digitalisierung und Innovationsfähigkeit sind dabei wichtige Voraussetzungen, um dieses Ziel zu erreichen.» (zeb/mc)