Prozess gegen drei ASE-Verantwortliche hat begonnen – Deliktsumme 170 Mio CHF

Gericht, Urteil

Eiken AG – Das Bezirksgericht Laufenburg AG rollt seit Montag den riesigen Anlagebetrug rund um die ASE Investment im Kanton Aargau auf. Es geht um eine Deliktsumme von 170 Mio CHF. Der Auftakt gab Einblick ins Handeln des Hauptangeklagten: Er wusste Zuckerbrot und Peitsche zu nutzen.

In einem nüchternen Instruktionssaal des kantonalen Zivilschutz-Ausbildungszentrums in Eiken im Fricktal begann der Marathonprozess. Das Bezirksgericht Laufenburg tagte in fünfköpfiger Besetzung. Zwei Vertreter der Staatsanwaltschaft waren dabei und ein Dutzend Anwälte.

Den ersten Prozesstag verfolgten mehr als ein Dutzend angereiste Zuschauer. Die meisten sind wohl Geschädigte. Der Prozess gegen drei Angeklagte dauert voraussichtlich sieben Tage.

Der Hauptangeklagte ist ein 50-jähriger Schweizer. Der ehemalige Geschäftsführer muss sich wegen gewerbsmässigen Betrugs, qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung sowie wegen mehrfacher Urkundenfälschung vor dem Bezirksgericht verantworten.

Der weitgehend geständige Mann befindet sich seit seiner Verhaftung im Frühling 2012 ohne Unterbruch in Haft. Er trat im Februar 2015 den vorzeitigen Strafvollzug an.

Zwischen aggressiv und kumpelhaft
Das Bezirksgericht spielte als erstes verschiedene Telefongespräche zwischen dem Geschäftsführer und Mitarbeitern der Basler Kantonalbank (BKB) ab.

Die BKB war die Depositenbank der Anklagegelder. Die Kunden der ASE überwiesen ihr Geld auf ein BKB-Depot. Die ASE hatte die Vollmacht über die Konten – und konnte daher den Kunden manipulierte Auszüge mit satten Gewinnen zustellen.

Der Geschäftsführer führte jeweils ein aggressives und arrogantes Gespräch. Er machte der Bank Vorwürfe. Sie führe seine Aufträge nicht aus. Mehrfach fluchte er – und drohte den Mitarbeitern, den Bankenchef zu informieren.

Zuckerbrot und Peitsche
In einem der weiteren, abgespielten Telefongesprächen mit einem BKB-Mitarbeiter gab er sich wieder als umgänglichen, jovialen Kollegen, der alles im Griff hat. «Ich schaue schon, dass alles richtig kommt», sagte er. Der Geschäftsführer soll sich zwischen 2006 und 2012 bis zu 10 Mio CHF als Entschädigung ausbezahlt haben.

Ein Finanzberater sagte als Zeuge aus, dass alle Kontoauszüge seiner Kunden korrekt und pünktlich gewesen seien. Die ASE habe die Gelder rechtzeitig zurückbezahlt. Die Zusammenarbeit sei zunächst «zuverlässig, präzis und schnell gewesen».

Doch das lief nicht lange so: Er und seine Kunden verloren letztlich alles. Seine Existenz kam unter die Räder. Er habe heulende Männer und Rentner mit Totalverlust am Telefon gehabt. Der Zeuge sprach den Hauptangeklagten direkt an und machte ihm Vorwürfe.

Dicke Anklageschrift
Die Anklageschrift umfasst 192 Seiten, mit Anhängen sogar 592 Seiten. Die Akten füllen insgesamt 448 Bundesordner. Die Staatsanwaltschaft ermittelte 2500 Geschädigte. Davon haben sich 639 als Privatkläger am Strafverfahren konstituiert. Der grösste Teil der Deliktsumme von 170 Mio CHF dürfte für die Anleger verloren sein.

Die ASE Investment mit Büroräumlichkeiten in Frick war von 2006 bis 2012 eine externe Vermögensverwalterin und bot ihren Kunden Devisenhandel in unterschiedlichen Produkten an. Anleger wurden mit Renditeversprechen von bis zu 18% angelockt.

Zwei weitere Angeklagte
Vor Gericht stehen zwei weitere Männer, die jedoch die Anschuldigungen zurückweisen. Der 43-jährige Präsident des Verwaltungsrats der ASE ist wegen qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung und Misswirtschaft angeklagt.

Ein ehemaliger, 53-jähriger ASE-Kundenbetreuer bei der Basler Kantonalbank (BKB) muss sich wegen des Vorwurfs der Gehilfenschaft zu gewerbsmässigen Betrugs verantworten. (awp/mc/upd/ps)

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