Bern/St.Gallen – Der von der Post erbrachte Grundversorgungsauftrag beim Zahlungsverkehr sollte laut Raiffeisen-Chef Heinz Huber öffentlich ausgeschrieben werden. Raiffeisen hätte Interesse, sich darum zu bewerben.
«Die Voraussetzungen brächten wir mit. Raiffeisen hat das grösste Bankstellen-Netz, sie ist physisch an über 800 Standorten vertreten», sagte Huber in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit den «CH Media»-Zeitungen. Laut Medienberichten bestand das Poststellennetz Ende März 2023 noch aus 772 Filialen. Auch bei den Bancomaten habe Raiffeisen das grösste Netz der Schweiz.
Eine Stärkung der Postfinance durch die Politik sei nicht wünschenswert, so Huber. «Die Konkurrenz funktioniert bereits hervorragend. Wir brauchen kein weiteres staatliches Institut, das Kredite vergibt.»
Regulierung mit Augenmass
Raiffeisen spürt den Untergang der Credit Suisse und ihre Notübernahme durch die UBS. «Wir hatten im Oktober 2022 und im März 2023 Geldzuflüsse von CS-Kundinnen und -Kunden», sagte Huber. Aber insgesamt hielten sich die Auswirkungen im Rahmen. Und: «Unsere Stelleninserate werden sicher besser beachtet als auch schon.»
Nun setzt sich auch die Politik mit den Geschehnissen auseinander. Huber fordert, dass diese erst den Ursachen des CS-Niedergangs auf den Grund geht, bevor sie reguliert. Und: Sie solle den unterschiedlichen Geschäftsmodellen Rechnung tragen.
Raiffeisen sei primär im Inland tätig, habe kein Investmentbanking und keinen extensiven Eigenhandel. Die Risiken seien also beschränkt. «Da macht es keinen Sinn, regulatorisch alle Banken über denselben Leisten zu schlagen», sagte Huber.
Sparzinsen lassen auf sich warten
Huber wehrt sich gegen den Vorwurf, die Kunden würden bei den Sparzinsen nur wenig von der Leitzinserhöhung durch die SNB spüren. Diese Sätze würden verzögert reagieren.
Denn Raiffeisen habe sehr viel Geld in den Festhypotheken, die noch zu sehr tiefen Zinsen liefen. «Da macht es betriebswirtschaftlich keinen Sinn, die Sparzinsen sofort anzuheben, wenn die Nationalbank die Zinsen erhöht.»
Die Häuser- und Wohnungspreise waren in der Schweiz bisher unbeeindruckt vom Zinsanstieg. Mit einer gewissen Verzögerung könnte sich das aber ändern, denkt Huber. «Wir gehen nicht von sinkenden Immobilienpreisen aus, aber davon, dass sich der Anstieg verlangsamt», sagte er. (awp/mc/pg)