RBS-CEO Stephen Hester.
London – Bei der grösstenteils verstaatlichten britische Grossbank Royal Bank of Scotland (RBS) stehen einem Bericht zufolge weitere 10.000 Stellen auf der Kippe. Die Bank stehe kurz davor, das Investmentbanking radikal zurechtzustutzen, schrieb die «Financial Times» (FT/Donnerstagausgabe) unter Berufung mit der Angelegenheit vertraute Personen. Vor allem das Geschäft mit Aktien solle stark zurückgefahren oder sogar ganz eingestellt werden. Insgesamt soll das Geschäftsvolumen im Investmentbanking so gut wie halbiert werden. Zuletzt arbeiteten in dem Bereich rund 19.000 Menschen.
RBS-Chef Stephen Hester hatte bereits im Sommer angekündigt, mit hohem Risiko behaftete Geschäfte zurückfahren zu wollen. Damals war in Berichten über einen Abbau von rund 2.000 Stellen spekuliert worden. Hester sei zu dem Schluss gekommen, dass die Investmentbank letztendlich nichts als Ärger und Verluste bringe, schrieb nun die «FT». Er sei über die Jahre zunehmend zynisch im Bezug auf das Investmentbanking geworden. Jetzt soll damit Schluss sein. Hester nimmt für den Abbau der Stellen Einmalkosten von bis zu zwei Milliarden Pfund in Kauf.
Mit ABN Amro-Übernahme verhoben
Die RBS, die sich mit der Übernahme der niederländischen Bank ABN Amro verhoben hat, schlittert seit 2008 von einer Krise in die nächste. Die Führungsspitze hatte bereits mehrmals den Rotstift angesetzt und dabei zahlreiche Stellen abgebaut sowie zahlreiche Sparten verkauft. Ende September 2011 beschäftigte die Bank nur noch 150.000 Menschen und damit fast 50.000 weniger als noch vor drei Jahren. Mit einem neuerlichen massiven Stellenabbau würde die RBS vielen Konkurrenten folgen, die wegen der Schuldenkrise in der Eurozone und den Problemen der Branche weltweit derzeit insgesamt mehrere Zehntausende von Stellen streichen.
83 Prozent der Bank gehören dem Staat
Doch die RBS nimmt unter den vielen Sorgenkindern der Branche noch einmal eine besondere Rolle ein. Der einstige Stolz des Londoner Finanzplatzes häufte zwischen 2008 und 2010 Verluste von rund 29 Milliarden Pfund an. Im Jahr 2008 stellte die Bank dabei einen traurigen Rekord auf. Mit einem Minus von 24 Milliarden Pfund wies sie den höchsten Verlust eines Unternehmens in der Geschichte Grossbritanniens aus und musste in der Folge von der britischen Regierung gerettet werden. Zuletzt gehörten 83 Prozent der Bank dem Staat. Zudem sichert die Regierung Risiken der von der Bank gehaltenen Wertpapiere ab.
Im Strudel der Euro-Schuldenkrise
Nachdem sich die Bank Ende 2010 und Anfang 2011 stabilisiert hatte, geriet sie Mitte des Jahres voll in den Strudel der Schuldenkrise in der Eurozone und den Folgen für das Investmentbanking. Im dritten Quartal konnte sich die RBS nur durch einen Griff in die Trickkiste der Bilanzierung ins Plus retten. (awp/mc/ps)