Innsbruck – Nach der Insolvenz-Serie bei der Signa Gruppe hat sich nun auch der Gründer der Immobilien- und Handelsgruppe selbst für zahlungsunfähig erklärt. René Benko habe am Landgericht Innsbruck Insolvenz angemeldet, bestätigte eine Gerichtssprecherin am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.
Ein Richter werde voraussichtlich in den kommenden Tagen über den Antrag des 46-jährigen Unternehmers entscheiden, sagte sie weiter. Zuvor hatte die «Kronen Zeitung» darüber berichtet.
Ohne Abitur zum Selfmade-Milliardär: So lautete die Kurzversion der Aufstiegsgeschichte des Immobilien- und Handelstycoons, bis Benko Anfang Dezember seinen Milliardärs-Status verlor. Der 1977 in Innsbruck geborene Benko begann schon als Teenager, Dachböden zu sanieren.
Er verliess das Wirtschaftsgymnasium ohne Abschluss und stieg in das Immobiliengeschäft ein. 2004 machte der damals 26-Jährige Schlagzeilen mit dem Ankauf eines Innsbrucker Kaufhauses, das danach vom britischen Stararchitekten David Chipperfield als Shopping-Center umgestaltet wurde.
Aufstieg mit prominenten Investoren
Benko gelang es, finanzkräftige Unterstützer an Bord zu holen – etwa Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne, Unternehmensberater Roland Berger oder Torsten Toeller, den Gründer der Fressnapf-Heimtiermärkte. «Das ist ganz einfach. Investoren sind daran interessiert, dass ihr Geld anständig verzinst wird», sagte der österreichische Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer, der für Signa Beratungs- und Aufsichtsfunktionen ausgeübt hat.
«Die Investoren haben immer gut verdient», sagte Gusenbauer dem Sender ORF. Benko wollte weit mehr als Immobilien entwickeln. «Signa soll eine europäische Industrie- und Beteiligungsholding im Familienbesitz sein. Ähnlich wie die Familienholdings der Agnellis, Oetkers oder Reimanns», sagte er 2018 dem österreichischen Magazin «Trend».
Die italienische Autobauer-Familie Agnelli (Stellantis), die Oetkers mit ihren Lebensmittel- und Getränkeunternehmen und die Getränke-Dynastie Reimann (Jacobs) sind nicht nur in ihren Kerngeschäften, sondern in mehreren Branchen aktiv. Wie die Agnellis setzte Benko auch auf Medien, wie die Oetkers setzte er auch auf Hotels.
Ausserdem investierte Benko in die Warenhausgruppe Galeria Karstadt Kaufhof und in den Online-Handel mit Sportartikeln. Heute ist die Galeria-Gruppe erneut insolvent, genauso wie die Sport-Sparte. Zu Benkos prestigeträchtigen Investitionen gehören auch das Elbtower-Projekt in Hamburg, das Luxuskaufhaus KaDeWe in Berlin und das Chrysler Building in New York. In der Schweiz ist Signa Mitinhaberin der Warenhausgruppe Globus.
Steigende Zinsen als Problem
Als Auslöser der Signa-Krise gelten die Zinsen, Energiepreise und Baukosten, die im Zuge des Ukraine-Krieges stark gestiegen sind. Es gab aber schon früher Anzeichen für Probleme. «Ich bin 2016 bei Signa als Aktionär ausgeschieden, weil die Zahlen, die mir vorgelegt wurden, nicht mit dem übereinstimmten, was uns Benko in den Sitzungen vorgetragen hat», erzählte der frühere Porsche-Chef Wendelin Wiedeking dem «Handelsblatt».
Zudem fehlte die Transparenz im kaum durchschaubaren Signa-Firmennetzwerk mit hunderten Teilgesellschaften. Benko hatte bis vor einigen Monaten als einer der reichsten Österreicher gegolten. Laut dem US-Magazin «Forbes» hatte Benkos Wert 2023 einen Höchststand von 6 Milliarden Dollar erreicht. Doch Anfang Dezember strich ihn «Forbes» angesichts der wachsenden Probleme von Signa aus seiner internationalen Milliardärs-Liste.
Wo ist Benkos Vermögen geblieben?
Nun hat Benko als Unternehmer Insolvenz beantragt. Im Unterschied zu einer Privatinsolvenz kann er deshalb ein Sanierungsverfahren durchlaufen, dass wie bei einer Firma abläuft. Die Republik Österreich hatte am Landgericht Innsbruck zuvor einen Insolvenzantrag gegen ihn eingebracht. Es ging unter anderem um einen noch nicht vollständig bezahlten Zuschuss, den Benko für die insolvente Holding der Signa-Gruppe angekündigt hatte.
«Ich halte das eigentlich für die spannendste Insolvenz in dem gesamten Signa-Komplex», sagte Gerhard Weinhofer von der Wirtschaftsauskunftei Creditreform in Wien. «Wo ist das Geld? Warum ist er illiquid?», so der Fachmann über die Vorgänge. (awp/mc/ps)