Reto Gurtner, CEO und VRP der Weissen Arena, im Interview
von Robert Jakob
Moneycab.com: Herr Gurtner, zum ersten Mal schreibt die Weisse Arena rote Zahlen. Die Gründe sind klar: Klimawandel und starker Franken. Wäre die Einführung des „Flimserdollar“ eine Lösung?
Reto Gurtner: Sie meinen in Analogie zum Gränchendollar, mit dem die Touristen in der Walliser Berggemeinde zahlen können? Nein, das ist sicherlich für die Weisse Arena nicht der richtige Weg. Wir setzen nicht auf Rabattaktionen, sondern auf den direkten Kontakt zum Kunden: Wir wollen uns noch besser mit unseren Kunden vernetzen, um Ihnen unsere „Value Propositions“ zu machen.
Wie soll denn das vor sich gehen?
Wir haben beispielsweise eine App entwickelt, mit der wir direkt zum Kunden gelangen, und ihm Vorschläge unterbreiten. Damit kann er in Echtzeit Lifttickets lösen, Informationen abrufen oder seine tägliche Performance am Berg einsehen, und wir können direkt mit ihm kommunizieren. Diese Dienstleistung werden wir stark ausbauen.
Entspricht dies denn einem Bedürfnis?
Sicher. Bergbahnen kennen Ihre Kunden meistens gar nicht richtig, und das macht mich traurig. Durch die direkte Verbindung via Smartphone bringen wir unsere Vorschläge besser zur Geltung. Wir werden übrigens dafür eine eigene neue Firma gründen.
Kundenbindung ist sicher das A und O, auch oder gerade am Berg, wo ja die Konkurrenz gross ist. Die Zentralschweiz punktet bei den ausländischen Gästen mit der Nähe zum Flughafen. Die Weisse Arena bietet Shuttledienste an. Planen Sie neue Dienstleistungen, wie damals der Shuttledienst von Friedrichshaven aus?
Das hatten wir eingeführt, weil es schwierig ist, innerhalb der Schweiz eine Konzession als Transportunternehmen zu bekommen. Für uns ist es natürlich auch interessant, Kunden am Flughafen Zürich abzuholen. Wir bieten an, Leute per Shuttle oder Limousine von Zürich nach Laax zu fahren, je nach Finanzkraft und Wunsch des Kunden. Das ist sicher Teil unserer voll integrierten Kundenstrategie.
Leiden Ihre chinesischen Gäste unter dem mittlerweile überraschend schwachen Yuan?
Eigentlich nicht. Unsere chinesischen Gäste gehören der oberen Mittelschicht an. 0,8 Prozent der Chinesen sind mittlerweile Dollarmillionäre. Wenn es uns gelingt, nur ein Prozent dieser Klientel anzusprechen, können Sie sich das Potenzial vorstellen. China hat für uns einen extrem hohen Stellenwert.
«0,8 Prozent der Chinesen sind mittlerweile Dollarmillionäre. Wenn es uns gelingt, nur ein Prozent dieser Klientel anzusprechen, können Sie sich das Potenzial vorstellen.»
Reto Gurtner, CEO und VRP der Weissen Arena
Fahren die denn so gerne Ski? Ich habe gar nicht so viele auf den Pisten gesehen…
Ich war gerade in China. Die Weisse Arena hat ja mit dem chinesischen Resort Genting Secret Garden eine Partnerschaft, und im Jahr 2022 finden die olympischen Winterspiele in Peking statt. Der chinesische Sportminister, der in Genting einen Vortrag über die Zukunft des Skisports in China hielt, rechnet bis dahin mit 300 Millionen Wintersportlern. Das ist sicherlich etwas übertrieben. Ich denke er meinte 300 Millionen Besucher. Aber das Potenzial ist gleichwohl riesig. Wir bieten dieser Klientel einen Rundumservice. Wir holen sie direkt vom Flughafen Zürich, der ja auch nur anderthalb Stunden entfernt ist, auf die Skipiste. Und zwischendrin bringen wir sie wieder zum Shopping nach Zürich zurück. Denn dieses Erlebnis können wir nicht in Graubünden anbieten.
Wo sitzen ausser in China, weitere Umsatzbringer?
Im ganzen asiatischen Raum.
Und in der Schweiz?
Skifahren ist ein Massengeschäft geworden. Der starke Schweizer Franken hat uns da noch zusätzlich unter Druck gesetzt, und um den Kuchen in Form von Skitickets konkurrieren auch die ausländischen Stationen und werben Schweizer Kunden ab. Das Skifahren allein genügt deshalb nicht mehr. Dieser Sport konkurriert ausserdem sehr stark mit den vielen anderen Sportarten, die in den Alpen zur Auswahl stehen. In Laax pflegen wir darum sehr stark den Freestyle-Bereich. Das Durchschnittsalter unserer Wintersportler liegt bei 38, in anderen Destinationen bei 50 plus. Wir wollen den Sexappeal des Wintersports zurückgewinnen. Dazu gehört auch die Pflege des Community-Gedankens, des Dabeiseins und Mitmachens.
Ist diese jüngere Klientel denn sehr zahlungskräftig?
Es sind ja nicht nur die Jungen, sondern gerade die Eltern, die bezahlen. Meist kommt die ganze Familie. Skifahren ist kein Einzelsport, sondern Familienangelegenheit. Das Zukunftmodell des Tourismus ist hybride, ein Gemisch. Das gilt übrigens auch für die Hotellerie.
Wie meinen sie das?
Beispielsweise bei der Übernachtung. Der Kunde hat die Wahl, den Hotelservice in unseren Resorts in Anspruch zu nehmen. Er kann aber auch im eigenen Appartement sich selbst seine Mahlzeiten zubereiten. Es sollen ihm alle Optionen auf seine individuelle Freiheit zur Verfügung stehen.
«Bei den Gemeinden wurde gebaut was das Zeug hält, bevor die Lex Weber in Kraft trat. Das Überangebot lastet jetzt auf dem Markt.»
Ist der Ausbau der Wellnessinfrastruktur ein Königsweg – Stichwort Langzeitgäste?
Wellness ist nicht unsere Kernkompetenz, sondern Zusatzangebot. Wenn Vater und Kinder auf der Skipiste brettern, aber die Mutter heute keine Lust hat, macht es durchaus Sinn, dass sie am Pool liegt und sich ausruht oder sich massieren lässt.
Die Weisse Arena generiert auch Erträge aus Wohnungsverkauf. In wieweit funkt Ihnen da das Zweitwohnungsgesetz dazwischen?
Rein betriebswirtschaftlich hat es uns eher geholfen. Wir haben nur noch drei, vier möblierte Wohnungen im rocksresort zu verkaufen. Das „Buy to use and let“-Konzept , also ein Appartement, das nicht selbst für die Ferien genutzt wird, zu vermieten, kommt bei den Käufern an. Bei den Gemeinden wurde allerdings gebaut was das Zeug hält, bevor die Lex Weber in Kraft trat. Das Überangebot lastet jetzt auf dem Markt.
Sie kritisieren stark die zunehmende Bürokratie. Wo macht sich diese am Berg bemerkbar?
Ich wollte beispielsweise ein Guggenheim-Museum am Berg realisieren. Ein Museum ausserhalb der Bauzone zu realisieren, scheint aber in der Schweiz ein Ding der Unmöglichkeit. Mit den heutigen strengen Auflagen wäre der Bau unserer ehrwürdigen Grandhotels heutzutage nicht mehr möglich.
Wagen Sie eine Prognose für die Wintersaison?
Ich bin optimistisch. Was in der letzen Saison passiert ist, dass an Weihnachten und Neujahr kein Schnee liegt, wird sich diese Saison nicht wiederholen. Damals fehlten uns gleich zu Beginn der Saison dreieinhalb Millionen Umsatz. So etwas kann man nicht mehr aufholen.
Zur Person:
Reto Gurtner studierte Betriebswirtschaft und Jura in Kalifornien, St. Gallen und Bern. Er übernahm die Bergbahnen Crap Sogn Gion in Laax von seinem Vater und fusionierte sie 1996 mit den Bergbahnen Flims zur Weissen Arena Gruppe. Seitdem ist er auch Präsident des Verwaltungsrats. Reto Gurtner ist der Architekt der Weissen Arena Gruppe. Weitere Tätigkeiten und Interessenbindungen sind: Präsident des Verwaltungsrats Gurtner Holding AG, Gurtner AG Montenaro Fleischwaren, Gurtner AG und Mitgliedschaften in folgenden Verwaltungsräten: Finanz Infra AG, Golf Sagogn Schluein AG. Reto Gurtner ist auch Mitglied des Vorstands Graubünden Ferien und von hotelleriesuisse Graubünden.
Zum Unternehmen:
Die Weisse Arena Gruppe mit Sitz in Laax im Kanton Graubünden ist ein integriertes Dienstleistungsunternehmen in der Tourismus- und Freizeitbranche und versteht sich als Anbieter alpiner Freizeiterlebnisse. Zur Unternehmensgruppe gehören ein Bergbahnunternehmen, Hotel- und Gastronomiebetriebe, die Vermietung und der Verkauf von Sportausrüstung, eine Ski- und Snowboardschule, die Freestyle Academy, Europas erste Freestyle-Indoor-Halle, Bikevermietung und -guiding sowie eine Managementgesellschaft. Sie zeichnet auch für die Vermarktung der Destination Flims Laax Falera verantwortlich. Die Destination trägt das Gütesiegel „Familien willkommen“ vom Schweizer Tourismusverband. Die Unternehmensgruppe erwirtschaftet einen Nettoumsatz von knapp unter 90 Millionen Franken.
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