Genf – Ende 2017 waren Kryptowährungen in aller Munde und auf allen Bildschirmen präsent. Bitcoin, Ripple und Ethereum verzeichneten erstaunliche Wertentwicklungen und legten über das ganze Jahr um 1’400%, 36’000% bzw. 9’100% zu. Diese Zahlen verursachten Schwindelgefühle: Die Furcht, etwas zu verpassen, trieb die Nachfrage, die Kontoeröffnungen und das Handelsvolumen an. Es verging kein einziger Tag ohne Nachrichten zu diesem Thema. Alle wollten mit dabei sein, von professionellen Investoren bis zu Studenten. CNBC strahlte sogar eine spezielle „Krypto-Show“ aus und zeigte den Zuschauern Schritt für Schritt, wie sie Ripple kaufen konnten – die heisseste Kryptowährung Ende Dezember. Die Börsen wurden von Anträgen zur Eröffnung neuer Konten überschwemmt; die Anleger mussten lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Das Feld der Kryptowährungen ist jedoch mit zahlreichen Fallstricken gepflastert, die Anleger sorgfältig beachten sollten. Welche Nachteile und Probleme kommen auf die Anleger zu?
Nur wenige Produkte verfügbar
Die erste Hürde für jeden, der sich in Kryptowährungen zu engagieren will, ist die Wahl des Instruments. Ähnlich wie bei Gold haben Anleger die Wahl zwischen einem indirekten oder einem physischen Engagement. Ein indirektes Engagement kann durch den Kauf eines ETF oder Fonds erreicht werden, der ein Engagement in Kryptokursen bietet. Angesichts der hinter Kryptowährungen stehenden Ideen – Schutz der Privatsphäre, Absicherung und Dezentralisierung – ist es etwas widersprüchlich, einen ETF zu kaufen und ihn einer Depotbank zu überlassen. Dies ist der gleiche Grund, der Dauerpessimisten schon immer dazu trieb, Barrengold zu kaufen und es in speziellen Tresoreinrichtungen zu verwahren, statt Gold zu erwerben. Zu Beginn dieses Jahres ist es nicht so leicht, das richtige Finanzinstrument zu finden, um ein Engagement in diesem Bereich aufzubauen. Im Gegensatz zu den gängigeren Anlageklassen gibt es nur eine Handvoll von Produkten. Die meisten Fonds werden von Anfängerteams verwaltet , die kaum Erfahrung mit der Geldverwaltung haben. Zudem sind sie an Offshore- Standorten wie den Britischen Jungferninseln (BJI) und Cayman registriert. Im Zeitalter von UCITS und AIF scheint eine Anlage auf einer BJI für den Aufbau eines Kryptoengagements eine drastische Kehrtwende in Bezug auf Risiko- und Governance-Grundsätze!
Die Alternative zu einem ETF wäre die Eröffnung eines Kontos auf einer Plattform, die den Handel mit Kryptowährungen bietet. In den Medien haben Plattformen und Börsen nicht den besten Ruf, da sie als anfällig für Hackerangriffe und Betrug gelten. Erst vor kurzem wurde die japanische Plattform Coincheck um die stattliche Summe von 400 Mio. US-Dollar in Bitcoins und anderen Kryptowährungen beraubt. Bei den meisten Anlegern ist die Furcht, etwas zu verpassen, jedoch oft grösser als die Angst, alles zu verlieren. Dies trieb die Marktteilnehmer dazu, Konten auf Plattformen zu eröffnen, ohne ihre Seriosität und ihre Fähigkeit zur Abwehr von Hackerangriffen zu überprüfen. Darüber hinaus gibt es zwei Arten von Plattformen: Die einen bieten einen einfachen Geldtransfer von einem Kreditkarten- oder Bankkonto auf das Börsenkonto für den Kauf der vier wichtigsten Kryptowährungen: Bitcoin, Ethereum, Litecoin und Bitcoin Cash. Wer mit alternativen Kryptowährungen wie Iota, Ripple, Augur oder Faktor handeln möchte, muss ein Konto auf einer Plattform eröffnen, das nur in Kryptowährungen dotiert werden kann. Börsen für alternative Coins sind in der Regel etwas undurchsichtig und die Kontoeröffnung kann ein mühsamer Prozess sein.
Verwahrung als Coins, Wallets oder ausserhalb
Die Verwahrung von Coins ist ein reales Problem, mit dem grosse Anleger konfrontiert sind. Angesichts der notorisch geringen Zuverlässigkeit der Börsen müssen Anleger, die bedeutende Mengen von Coins angesammelt haben, eine sicherere Lösung suchen – ähnlich einem Tresor in einer Bank. Die Verwahrung kann in etwa in drei verschiedene Risikoklassen eingeteilt werden. Das risikoreichste Verwahrungssystem besteht darin, die Coins auf der Börse zu lassen. In diesem Fall befinden sich die Coins technisch im Besitz der Börse und sind nur über die Börse zugänglich. Ist die Plattform ausser Betrieb, ist kein Zugriff möglich. Das zweite Verwahrungssystem wird als Wallets bezeichnet. Wallets sind Anwendungen, die dafür geschaffen wurden, private Schlüssel zu verwahren. Damit werden die Coins ausserhalb der Börse aufbewahrt, bleiben aber im Netz und sind nach wie vor möglichen Angriffen ausgesetzt. Das sicherste Verwahrungssystem wird als „kalte Lagerung“ bezeichnet. Effektiv bedeutet das „vom Netzwerk getrennt“. Die einfachste Form der kalten Lagerung ist ein Stück Papier mit dem privaten Schlüssel. Komplexere Systeme für die kalte Lagerung beinhalten vom Internet getrennte Festplatten, die in physischen Tresoren verwahrt werden. Obwohl die kalte Lagerung als sicherste Form der Verwahrung gilt, ist sie auch die Form, welche die Liquidität des Anlegers am stärksten beeinträchtigt, da der private Schlüssel zu den Coins vom Netzwerk getrennt ist. Für Anleger, die einen schnellen Zugriff auf ihre Kryptowährung benötigen, ist die kalte Lagerung nicht der beste Kompromiss.
Die steuerliche Behandlung von Kryptowährungen ist ebenfalls ein Thema, das noch gelöst werden muss. Für Privatanleger, die ein paar Tausend halten, ist das natürlich kein grosses Problem, aber anderen Marktteilnehmern kann ein anderes Schicksal blühen. Denken Sie sich den Fall eines Schürfers, der grosse Mengen von Coins geschürft hat. Um sie zu monetisieren, müssen Kryptowährungen gegen Fiatgeld wie Euro und US-Dollar getauscht und anschliessend auf einem Bankkonto deponiert werden. Das steuerliche Problem ergibt sich mit der Offenlegung, dass dieses Bankkonto besteht. Ist das Guthaben auf dem Konto das Ergebnis von Arbeit, sodass es als Einkommen behandelt und entsprechend besteuert werden soll? Oder ist es ein Vermögen und mit dem entsprechenden Satz zu besteuern? Dies bleibt eine offene Frage. Es steht aber ausser Zweifel, dass sich die Steuerbehörden bald mit diesem Thema befassen werden.
Teil einer technologischen Innovation
Die erwähnte Liste ist keineswegs erschöpfend. So könnte man zum Beispiel die geringe Ausführungsqualität an einigen Börsen, die Dauer bis zur Bestätigung einer Transaktion in der Blockchain in Zeiten der Überlastung und die hohen Transaktionsgebühren in der Bitcoin-Blockchain hinzufügen. Kryptowährungen sind jedoch der sichtbarste Teil einer technologischen Innovation, welche die Art und Weise der Geschäftstätigkeit in einigen Bereichen verändern dürfte. ICO (Initial Coin Offering) und Tokenisierung können den Zugang neuer Unternehmen, die Finanzmittel benötigen, zu Wagniskapital revolutionieren. Die Blockchain dürfte eine Reihe von Branchen umkrempeln – auch Finanzdienstleistungen. Zugegeben, Kryptowährungen sind volatil, eine Reihe von ICO sind reiner Schwindel und der Handel mit Kryptowährungen ist mit Fallstricken gepfl astert. Letztlich sind Kryptowährungen aber ein Ausdruck der tektonischen Verschiebung bei der Art und Weise, wie Geschäfte abgewickelt werden. Folglich kommt es zu kleineren Erdbeben … (REYL/mc/ps)