Neu Delhi – In Indien ist am Samstag die grösste Steuerreform seit der Unabhängigkeit im Jahr 1947 in Kraft getreten. Die neue einheitliche Mehrwertsteuer GST ersetzt unterschiedliche Steuern und Steuersätze in den 29 indischen Bundesstaaten.
Damit entsteht auf dem Subkontinent mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern ein riesiger Binnenmarkt. Premierminister Narendra Modi will mit der Steuerreform zudem den Handel erleichtern und die Wirtschaft modernisieren.
In einer Sondersitzung des Parlaments um Mitternacht versprach Modi den Indern «eine gute und einfache Steuer». Mit der neuen einheitlichen Steuer für Waren und Dienstleistungen werde «der Traum von einem Indien wahr».
Das «einfache und transparente System» bekämpfe auch Schwarzgeld und Korruption. Die neue Mehrwertsteuersteuer fördere «Ehrlichkeit und Menschen, die ehrliche Geschäfte machen», sagte Modi.
Mehr als zehn Jahre lang hatten die Regierung in Neu Delhi und die Bundesstaaten über die Vereinheitlichung der Steuersätze verhandelt. Das bisherige System war undurchsichtig, teilweise bestanden von Bundesstaat zu Bundesstaat erhebliche Unterschiede. Lastwagen mussten oft stundenlang an den Grenzen warten und bei der Wareneinfuhr die regional geltenden Steuersätze nachbezahlen.
Anlaufschwierigkeiten
Modi räumte am Samstag jedoch auch Anlaufschwierigkeiten bei der Einführung der neuen Steuer ein ein: Der Bundesstaat Jammu und Kaschmir hat sich dem neuen System bisher verweigert.
Viele Geschäftsleute kritisieren die Reform als zu kompliziert, Unternehmervereinigungen riefen schon im Vorfeld zu Streiks und Protesten auf. Aus Protest boykottierte auch die oppositionelle Kongresspartei die Feierstunde im Parlament.
Viele Unternehmen klagen zudem über Unsicherheiten und Probleme: Kleinunternehmer, die oft keine Computer haben, können die neuen elektronischen Steuererklärungen nicht einreichen. Viele Händler wissen zudem noch nicht, welche Steuerklassen für ihre Waren gelten.
Mit der Neuregelung sollte ursprünglich ein einziger Mehrwertsteuersatz für das gesamte Land geschaffen werden. Doch während der jahrelangen Verhandlungen wurden die Pläne verwässert. Nun gibt es für unterschiedliche Produkte verschiedene Mehrwertsteuersätze zwischen fünf und 28 Prozent. (awp/mc/ps)