Von Robert Jakob
Es wird eng. Begonnen habe ich die neue Wirtschaftskolumne vor knapp einem Jahr mit einer Hochrechnung: Die Strafzollorgien dürften das weltweite Wirtschaftswachstum um rund ein Prozent einbremsen. So ist es genau gekommen. Damals geisterten in Schweizer Wirtschaftspostillen optimistische Artikel von amerikanischen Asset Managern herum, welche die Wirkung der Strafzölle auf die Konjunktur verharmlosten.
Gross ist jetzt die Ernüchterung. Allerdings nur in den Auftragsbüchern der Firmen und nicht bei den Börsianern. Denn im Vergleich zu den schlechten Einkaufsmanagerdaten machen die meisten Investmentbanker und Vermögensverwalter weiter tapfer in Optimismus. Tatsächlich schlagen sich die Börsen verhältnismässig wacker. Zwar brachte der Mai eine deutliche Korrektur. So verlor der breite, US-amerikanische S&P500-Index 8,7%. Auch der Euro Stoxx 50 lag mit 6,3% ordentlich im Minus. Stahl, Automotive, Hightech und Banken waren die grossen Verlierer. Aber angesichts der vielen Probleme hätte man Kurse erwartet, die doch um einiges deutlicher als 10 bis 15 Prozent von den einstigen Höchstständen nach unten abtauchen. Kursunterstützend wirken weiterhin die rekordtiefen Zinsen.
Wie lange noch?
Die heisse Jahreszeit dürfte nicht durch kühle Gelassenheit an den Börsen auffallen. Zu heiss ist die Mischung aus Italiensorgen, Brexitdauerchaos, Hüh- und Hot im Handelskrieg, und dann sind da auch noch die Hobbykrieger in Trumps zweiter Reihe, die dem Politmimen an der Staatsspitze am liebsten die Bombardierung des Irans einreden wollen. Als wäre das alles nicht schon toxisch genug, kommt jetzt eine erneute Grosswarnung von der Zinsfront hinzu. Die Zinsen für langfristige Anleihen sind deutlich unter die Zinsen für kurzfristige Gelder gesunken. Die Zinsstruktur ist also invers. So etwas entsteht entweder wenn die Notenbank die kurzfristigen Zinsen durch Zinserhöhungen in die Höhe treibt oder wenn Anleger ihr Kapital vermehrt in langfristige Zinspapiere stecken und damit deren Renditen drücken. weil sie eine langdauernde Konjunkturschwäche befürchten. Letztgenanntes ist heuer der Grund und deutlicher als im März. Vor Kurzem noch lag der Zinssatz für 10jährige amerikanische Staatsschuldverschreibungen klar über 3 Prozent. Innert kürzester Zeit ist er um einen Drittel abgesackt. Das führte dazu, dass einjährige Staatsanleihen mit 2,3 Prozent im Moment deutlich mehr abwerfen als die 10jährigen mit 2,1 Prozent pro Jahr. Wer für rund 20 Prozent Zins 10 Jahre in den US-Dollar geht, mag selbst dran schuld sein, wenn er Geld verliert, aber die grösste Gefahr für den Anleger ist eine Rezession in den USA. Der Standard&Poor’s 500-Index hat seine Doppelspitzenformation im vergangenen Monat nachhaltig nach unten verlassen. Das ist genau wie die inverse Zinsstruktur ein grell aufleuchtendes Warnsignal.
Schon schreiben amerikanische Banker und Finanzjournalisten bis hin zur Financial Times, dass diesmal die inverse Zinsstruktur kein Rezessionsindikator ist. Ein zwingender Zusammenhang ist auch nicht wie ein Naturgesetz in Stein gemeisselt. Aber wie heisst es doch so schön im prall gefüllten FAQ-Zettelkasten der Börsensprüche:
F: Welches ist die teuerste Börsenweisheit?
A: Diesmal ist alles anders.
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